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Håkan Dahlström / flickr / CC BY 2.0

Country Reports

Folketingwahlen in Dänemark bringen Politikwechsel

by Mikko von Bremen, Elisabeth Bauer

Sozialdemokraten gewinnen dänische Parlamentswahl mit umstrittenem Spagat

Am 5. Juni 2019 hat Dänemark am Tag des Grundgesetzes ein neues Parlament (Folketing) gewählt. Klarer Sieger wurden die Sozialdemokraten mit der Parteivorsitzenden und Spitzenkandidatin Mette Frederiksen, die somit als jüngste Regierungschefin in die Geschichte Dänemarks eingehen kann. Insgesamt kam der so genannte „Rote Block“ auf eine Mehrheit von 52,2 Prozent. Der bürgerlich-liberale „Blaue Block“ kam hingegen auf 47,6 Prozent.

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Wahlergebnis deutet Politikwechsel an

Der größte Verlierer der diesjährigen Parlamentswahlen in Dänemark ist die Dänische Volkspartei (DPP) mit einem Verlust von 12,4 % der Wählerstimmen. Damit ist klar, dass die bisherige Mitte-Rechts-Regierung von Premierminister Lars Løkke Rasmussen nicht weiter regieren wird. Als Favorit ins Rennen gegangen, erhielten die dänischen Sozialdemokraten mit 25,9 % die meisten Wählerstimmen und halten damit in Zukunft 48 Sitze im Parlament. Im Vergleich zu 2015 fiel das Ergebnis der SD unwesentlich schlechter aus, trotz Verlust von 0,4 % profitiert die Partei von der massiven Schwäche der DPP und erhält einen zusätzlichen Parlamentssitz. Die bisher regierende konservativ-liberale Venstre konnte ihr Ergebnis von 2015 (19,5 %, 34 Sitze) weiter steigern und landet auf Platz zwei mit 23,4 % und 43 Sitzen. Wie bereits erwähnt musste die Dänische Volkspartei die größten Verluste hinnehmen und liegt nunmehr auf Platz drei mit 8,7 % und 16 Sitzen (2015: 21,1 %, 37 Sitze). Als größter Wahlgewinner gilt die Sozial-Liberale Partei (SL), welche einen Zugewinn von 4 % und acht zusätzlichen Sitzen im Vergleich zu 2015 erreichen konnte (2019: 8,6 %, 16 Sitze). Ebenfalls zulegen konnte die Sozialistische Volkspartei – mit 7,7 % (2015: 4,2 %) kommt sie damit auf 14 Sitze, was einem Zuwachs von 7 Sitzen entspricht. Verluste von 0,9 % und einem Sitz musste hingegen die Rot-Grün-Allianz hinnehmen. Sie kommt nunmehr auf 6,9 % und belegt zukünftig 13 Sitze im Parlament. Die Konservative Volkspartei gehört ebenfalls zu den großen Wahlsiegern. Mit einem Plus von 3,2 % kommt sie im Endergebnis auf 6,6 % und verdoppelt ihre Mandate auf 12 Parlamentssitze.

Lage vor den Wahlen

Schon früh deutete sich ein politischer Wechsel in Dänemark an. Die bisherige von Lars Løkke Rasmussen geführte Mitte-Rechts-Regierung hatte in den letzten Jahren zwar eine stabile Finanzpolitik durchgesetzt, wodurch Dänemark heute wirtschaftlich vergleichsweise gut dasteht. Allerdings kam die durchweg positive Bilanz im Wahlkampf nicht zum Tragen. Hinzu kam, dass mit der Wahlzulassung der islam- und einwanderungsfeindlichen Parteien Stram Kurs und die Nye Borgerlige die gemäßigten bürgerlichen Parteien von Venstre, Liberaler Allianz und Konservativer Volkspartei eine Zusammenarbeit mit jenen Parteien strikt ablehnten. Zusammen konnten sie jedoch auch keine mehrheitsfähige Koalition bilden, womit das Gesamtprofil des bürgerlich-liberalen Blauen Blocks unscharf blieb. Wohl auch deswegen versuchte Rasmussen kurz vor der Wahl eine Koalition seiner liberalen Venstre mit den Sozialdemokraten vorzuschlagen, die aber umgehend von den Sozialdemokraten abgelehnt wurde. Ein weiterer nicht unerheblicher Faktor waren die inzwischen vielen kleinen rechten Parteien, welche an der Zwei-Prozent-Hürde scheiterten und dem rechten Lager damit weitere Stimmen kosteten.

Sozialdemokraten mit umstrittenem Spagat

Der Wahlkampf in Dänemark wurde maßgeblich von der mehrheitlichen Forderung der Bevölkerung nach einer schärferen Einwanderungspolitik und einer konsequenteren Klimapolitik geprägt. Steuer- und Finanzpolitik waren zweitrangig, da bei diesen Themen bei Umfragen wenige Konfliktlinien zu erkennen waren. Bemerkenswert ist, dass die Sozialdemokraten mit Frederiksen diese Stimmung früh aufgreifen konnten und verstanden, den Spagat zwischen linker Sozialpolitik und strenger Asyl- und Einwanderungspolitik zu vollziehen. Denn Frederiksen strebte offen eine Minderheitsregierung an, die es ihr erlaubt, bei sozial- und klimapolitischen Fragen mit dem linken Roten Block, aber bei Asyl- und Einwanderungspolitik wiederum mit den bürgerlich-liberalen Parteien zusammenzuarbeiten. Der Kurs bei der Einwanderungspolitik führte zu heftiger Kritik aus dem Roten Block, aber auch die Dänische Volkspartei warf den Sozialdemokraten vor, ihre Politik zur Einwanderung „abgekupfert“ zu haben. Dennoch gelang es Frederiksen und ihrer Partei nicht nur die Mehrheit der Bevölkerung zu überzeugen, sondern gleichzeitig dem liberalen-konservativen Parteienspektrum das Gegenprofil im Wahlkampf zu nehmen.

Konservative mit positivem Wahlkampf

Die Konservative Volkspartei vermittelte im Wahlkampf in Abgrenzung zu den radikalen rechten Parteien eine gemäßigte Haltung. Unter dem Motto „für Dich und für Dänemark“ warben die Konservativen mit dem Parteivorsitzenden Søren Pape Poulsen für eine offene und konsensorientierte Politik. Besonders bei klimapolitischen Fragen konnte sich die Partei profilieren, da sie hier einen gemäßigten Ton im Verhältnis zu der Linksradikalen (Enhedslisten – De rød-grønne) Einheitsliste – Die Rot-Grünen einnahm. Bereits vor den Wahlen deuteten alle Umfragen darauf hin, dass die Konservative ihr schwaches Wahlergebnis von 2015 deutlich nach oben korrigieren wird. Das Ergebnis von 6,6 % war trotzdem besser als selbst positive Prognosen vorausgesagt hatten. Die größte Herausforderung für die Konservativen ist es daher auch, wie sie die positive Entwicklung der Partei über die kommende Legislaturperiode aufrechthalten kann. Denn trotz doppelter Anzahl an Sitzen im Parlament, bleibt der Einfluss relativ gering. Entscheidend wird daher sein, ob und wie sie sich bei möglichen Mehrheitsfindungen der künftig Sozialdemokratischen Regierung im Parlament positionieren wird und wie die anderen Mitte-Rechts-Parteien darauf reagieren. Daher geht es insbesondere darum ein klares Parteiprofil zu etablieren.

Zusammenfassung

Bei den Wahlen zum Dänischen Folketing haben die Sozialdemokraten erwartungsgemäß einen klaren Sieg errungen. Die geschickte, wenn auch sehr umstrittene, Strategie der Partei mit linker Sozialpolitik und strenger Asyl- und Einwanderungspolitik zu werben, hat die Stimmung in der Bevölkerung am besten auffangen können. Die Bestrebung Frederiksens einer Minderheitsregierung mit flexibler blockübergreifender Zusammenarbeit im Parlament und die Wahlzulassung kleiner radikaler rechter Parteien haben die bisher traditionellen Parteiblöcke in Frage gestellt. Die bürgerlich-liberalen Parteien setzten sich zwar klar von den radikalen ab, konnten aber insgesamt kein starkes Gegenprofil zu den Sozialdemokraten aufstellen.

Dänemark hat sich mit dieser Parlamentswahl insgesamt für einen Politikwechsel Richtung links entschieden. Es bleibt jedoch abzuwarten, wie eine Minderheitsregierung der Sozialdemokraten imstande ist, die nötigen Mehrheiten für ihre Politik im Parlament zu finden. Der „Blaue Block“ ist nach dieser Wahl geschwächt und zudem gespalten. Es wird eine ganze Weile dauern bis er wieder eine stabile und mehrheitsfähige Alternative darstellen kann. Spannend bleibt abzuwarten, wie die Konservativen ihren positiven Trend für die kommenden Jahre mitnehmen können.

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Gabriele Baumann

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Head of the KAS Office Nordic countries

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