Verdrängte Erinnerungen – Estland während der sowjetischen Besatzung
Présentations & compte-rendus
„Wo Grenzen in Europa wieder einseitig in Frage gestellt werden, gilt es, eine historische Erinnerung an totalitäre Systeme zu erhalten.“ Mit diesen Worten begrüßte Dr. Wolfgang Maier, stellv. Leiter der Europäischen und Internationalen Zusammenarbeit der Konrad-Adenauer-Stiftung die gut 200 Gäste. „Denn wir würden nicht nur eigene Erinnerungen verdrängen, sondern die ganzer Nationen“, sagte die estnische Botschafterin, Dr. Kaja Tael, bei ihrem Grußwort. Imbi Pajus Buch sei daher ein ebenso beeindruckendes wie auch notwendiges Werk, konstatierte der Moderator dieses Abends, Prof. Dr. Peter Hanenberg, im Vorfeld und las einige prägnante Textabschnitte aus dem Buch vor.
Paju erzählt in ihrem Buch die Geschichte ihrer Mutter und von deren Schwester, nachdem beide in ein Arbeitslager der Sowjets deportiert wurden. „Es soll ein Buch sein, das der Geschichte etwas Menschliches gibt. Viele schmerzhafte Erzählungen meiner Familie über die Erfahrungen mit der Besatzungsmacht seien verschwiegen worden. Anders hätte man es vermutlich nicht verkraftet.“, erzählt Paju. „Ich wünsche mir, dass mit der Erinnerung an die Besatzung Estlands ein Kapitel der estnischen Geschichte geschlossen wird, und ein anderes, helleres, geöffnet werden kann.“, so Paju weiter.
Auch möchte sie an das Land Estland selbst erinnern. Viele Menschen erzählten ihr, dass sie Estland vergessen hatten und es als Teil Russlands sahen. Das sei verständlich, so Paju, da kleinere Staaten sich meist an den großen Staaten orientieren würden. Es brauche daher endlich den Mut, dass kleine Länder den größeren Paroli bieten.
Ihr Buch handelt auch von der Liebe zur Mutter, zum Land, zur Menschheit. Viele estnische Eltern hielten während der Besatzung die Erinnerung an die erste Estnische Republik aufrecht, in der das Land selbstständig war. „Wenige in Estland konnten sich mit dem sowjetischen System identifizieren, weil sie eine andere, freiere Erfahrung im Vorfeld gemacht hatten“, sagte Eerik-Niiles Kross. Dadurch seien eine Kultur des Widerstands und auch die Befreiung von den Sowjets leichter gewesen. Zwar gebe es immer noch eine Art nationales Trauma bei der Erinnerung an die Okkupation durch Hitler, da viele Esten sich fragen würden, warum sie trotz der Erfahrung aus der Selbstständigkeit auf die Propaganda reingefallen sind. Die junge Generation der Esten hätte dies aber nicht geerbt, so Kross. Für ihn steht fest: „Die Estnische Republik ist etwas, das ewig hält.“
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