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Klimareport 2017: Europäische Union

von Kamleshan Pillay, Christa Clapp

Privatsektor und Klimafinanzierung in den G20-Staaten

Grüne Anleihen als Plain Vanilla Bonds könnten mit ihren für grüne Initiativen gekennzeichneten Erträgen erhebliche Finanzflüsse für den Klimaschutz liefern. Gemeinsam sind die EU und China weltweit die größten Ausgeber grüner Anleihen. Dessen ungeachtet wird das Wachstum des europäischen Markts für grüne Anleihen noch immer durch Definitions- und Standardisierungsfragen gehemmt. Dennoch gibt es in der EU eine starke gesetzliche Unterstützung für grüne Anleihen, was auf eine potenzielle Ausweitung dieses Markts hindeutet.

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Einen gemeinsamen Standard für grüne Anleihen gibt es in der EU noch nicht. royalty free (AdobeStock, Bildnr. 66679108)
Einen gemeinsamen Standard für grüne Anleihen gibt es in der EU noch nicht.

HINTERGRUND

Angesichts der erheblichen Investitionen, die benötigt werden, um die globale Wirtschaft auf eine CO2-arme, klimaresiliente Zukunft auszurichten, werden finanzielle Investitionen aus allen Quellen erforderlich sein, sowohl von den öffentlich (staatlich) als auch von den privat (wirtschaftlich) Beteiligten. Um die globale Erwärmung auf zwei Grad Celsius zu begrenzen, müsste laut der Internationalen Energieagentur (IEA) die Investition in CO2-arme Energiegewinnung um den Faktor Drei und in Energieeffizienz um den Faktor Acht steigen – eine Gesamtinvestition von 53 Billionen US-Dollar bis 2035. Das macht bis 2020 bzw. 2035 zwischen 780 Milliarden US-Dollar und 2,3 Billionen an jährlichen Investitionen in eine CO2-arme Infrastruktur.

Um die Finanzierungslücke für die Infrastruktur zu schließen, sind Innovationen im Finanzsektor und die Entwicklung neuer grüner Investmentprodukte entscheidend. Grüne Anleihen – sogenannte Plain Vanilla Bonds, bei denen die Erlöse für grüne Initiativen verwendet werden – sind ein Beispiel für eine vielversprechende Innovation im Finanzsektor, die proaktive Klimainvestitionsstrategien ermöglicht. Der Green-Bond-Markt ist in den letzten Jahren erheblich gewachsen; die Menge an gelabelten grünen Anleihen stieg von 37 Milliarden US-Dollar im Jahr 2014 auf 42 Milliarden im Jahr 2015. Im Juli 2016 stand der gelabelte „grüne Markt” bei 118 Milliarden US-Dollar, während nichtgelabelte klimabezogene Anleihen 576 Milliarden US-Dollar ausmachten. Trotz dieses boomenden Wachstums machen grüne Anleihen weiterhin nur einen kleinen Anteil des gesamten Anleihemarktes aus, nämlich ungefähr 0,1 Prozent.

DER GREEN-BOND-MARKT IN DER EU

Standardisierung ist ein kritischer Punkt in allen Green-Bond-Märkten, auch in der EU. Standards gewährleisten, dass die Erlöse aus den grünen Anleihen für „grüne” Projekte mit messbar positiven Auswirkungen auf die Umwelt verwendet werden. Führende Vordenker in diesem Bereich haben vorgeschlagen, den EU-Markt durch die Einführung eines europäischen Green Bond Standards zu standardisieren. Für die europäischen Beteiligten (unterstützt durch die G7 oder G20) ist es eventuell ratsamer, zunächst die Transparenz der Definitionen von grünen Anleihen zu erhöhen, da ein Standard zugegebenermaßen eventuell nicht für Emittenten und Investoren in allen Regionen geeignet ist. Ein Vergleich von externen Gutachtern und impliziten Definitionen von Green Bond Funds, Indizes und Kursnotizen von Wertpapieren könnte sowohl für Emittenten als auch für Investoren eine Hilfestellung bei Entscheidungen in Bezug auf Green Bonds darstellen.

Kidney und Sonerud (2015) schlagen ebenfalls vor, dass die Entscheidungsträger in der EU die Ausweitung von grünen forderungsbesicherten Wertpapieren (Asset-backed Securities, ABS) unterstützen könnten, die als durch Darlehenspools oder andere Einnahmen schaffende Vermögenswerte gesicherte grüne Anleihen definiert werden. Grüne ABS erleichtern grüne Investitionen für Banken, da die Banken Darlehen für grüne Projekte in ihren Bilanzen abschreiben können. Die Climate Bonds Initiative stellt fest, dass bestehende Richtlinien die Verbriefung in der Europäischen Kommission und der Europäischen Zentralbank unterstützen. Zu guter Letzt können ABS eine zusätzliche Unterstützung der „Europa-2020-Projektanleiheninitiative” der Europäischen Investitionsbank (EIB) darstellen, deren Ziel mehr Vertrauen in Anleihefinanzierung auf Projektebene ist.

ERFAHRUNGEN UND HERAUSFORDERUNGEN AUF DEM GREEN-BOND-MARKT

Obwohl es keinen international akzeptierten Standard gibt, der als „grün” gilt, bieten die Green-Bond-Prinzipien freiwillige Richtlinien und externe Umweltprüfungen, die sich bewähren. Diese variieren jedoch je nach Emittent und Region, was das Risiko des sogenannten „Greenwashings” erhöht, was manche Investoren abschrecken könnte. „Greenwashing” bezieht sich im Kontext der Green Bonds auf Anleihen, die zwar als „grün” ausgewiesen werden, aber deren Erlöse für Projekte verwendet werden, deren Umweltfreundlichkeit gering oder zweifelhaft ist. Ungefähr 40 Prozent der ausgegebenen Green Bonds werden vom Emittenten selbst als „grün” bezeichnet, d. h., sie werden nicht extern geprüft, sondern der Emittent bestimmt selbst, ohne externe Umweltprüfungen, was „grün” ist.

Das Rendite-Risiko-Profil von grünen Anleihen muss für institutionelle Investoren attraktiver sein als das Rendite-Risiko-Profil von Plain Vanilla Bonds. Der öffentliche Sektor kann ebenfalls eine Rolle bei der risikoärmeren Gestaltung von grünen Anleihen spielen, um mehr Investoren anzuziehen. Es gibt verschiedene Instrumente, mit deren Hilfe der öffentliche Sektor diese fördern kann, u. a. Bonitätsverbesserungen, Garantien, nachrangige Verbindlichkeiten oder Eigenkapital, Kreditversicherungen und Versicherung von politischen Risiken. Die Weltbank und die IFC waren Pioniere bei der Schaffung des Green-Bond-Marktes; bis Juli 2016 gaben sie Anleihen im Wert von 8,1 bzw. 3,4 Millionen US-Dollar aus. Die starken Kreditwürdigkeitseinstufungen (AAA) von Entwicklungsinstitutionen ermöglichen es diesen, Green Bonds für institutionelle Investoren ohne großes Kreditrisiko einzuführen, was sie attraktiver macht, insbesondere in Schwellenländern.

Bei den Emittenten bestehen allgemein Defizite in Bezug auf die Berücksichtigung von zusätzlichen Anforderungen und Transaktionskosten für die Ausgabe eines Green Bonds gegenüber einer traditionellen Anleihe. Die freiwilligen Green-Bond-Prinzipien werden von unterschiedlichen Emittenten unterschiedlich ausgelegt. Es gibt viele externe Gutachter mit unterschiedlichen Ansätzen. Manche Emittenten verfügen bereits über leistungsfähige Kapazitäten für Umweltfolgenabschätzung, z. B. multilaterale Entwicklungsbanken, während andere gerade erst anfangen, sich über die Umweltauswirkungen ihrer Geschäfte und Produkte Gedanken zu machen. Erhöhte Transparenz und Unterstützung bei den Schritten zur Ausgabe einer grünen Anleihe könnten zu einer vermehrten Ausgabe führen, besonders durch Unternehmen.

Für Investoren kann Transparenz in Bezug auf Umweltauswirkungen Einfluss auf finanzielle Entscheidungen nehmen. Die vom Finanzstabilitätsrat einberufeneTask Force on Climate-Related Financial Disclosures (TCFD) empfiehlt die Offenlegung von möglichen Auswirkungen des Klimarisikos für Unternehmen und Finanzorganisationen. Dies bietet einen starken Anreiz für Entscheidungsträger im Finanzbereich und Unternehmen, nach Informationen zum Klimarisiko zu suchen. Ein nützliches Bezugssystem für die Bewertung grüner Anleihen ist der des Center for International Climate and Environmental Research (CICERO), einem externen Prüfer, verwendete Shades of Green-Ansatz, der einen transparenten Vergleich von grünen Anleihen in Bezug darauf ermöglicht, wie gut sie eine CO2-arme, klimaresiliente Zukunft fördern. Wenn ein derartiger Ansatz im Green-Bond-Markt verstärkt eingesetzt würde, könnte das die Menge an öffentlich verfügbaren Klimarisikodaten auf ein breites Spektrum von Investoren ausdehnen.

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Quelle: Barrett 2012

SCHLUSSFOLGERUNG

Global machen europäische und chinesische Emittenten den größten Anteil des klimabezogenen Anleihemarktes aus. In Europa sind Frankreich und Großbritannien die größten Ausgeber. Trotz des Wachstums des Green-Bond-Marktes in Europa sind weiterhin ein Ausbau der Kapazitäten sowie eine Sensibilisierung erforderlich, um für mehr Vielfalt bei den Beteiligten zu sorgen. Derartige Initiativen könnten sich an institutionelle Investoren und potenzielle Emittenten wenden, um über potenziell grüne Projekttypen und Klimarisiken zu informieren und Marktteilnehmer anzuziehen, die mit grünen Anleihen nicht vertraut sind. Politische Gruppen wie die G7 und G20 könnten sich vermehrt für derartige Initiativen starkmachen.

ÜBER DIE AUTOREN

Kamleshan Pillay ist Forscher für Klimafinanzierung am CICERO Center for International Climate and Environmental Research, Oslo.

Christa Clapp ist Leiterin des Bereichs Klimafinanzierung am CICERO.

WEITERFÜHRENDE LITERATUR

Barrett, Thomas C. 2012: Financing and Procurement of EU Infrastructure, Presentation, Irish Centre for European Law, in: http://bit.ly/2vwJtrA (10.07.2017).

Clapp, Christa/Alfsen, Knut H./Francke Lund, Harald/Pillay, Kamleshan 2016: Green Bonds and Environmental Integrity: Insights from CICERO Second Opinions, Policy Note 2016:01, in: http://bit.ly/2vd7zIG (10.07.2017).

Climate Bonds Initiative 2015, Scaling up Green Bond Markets for Sustainable Development, S. 1–52.

Kidney, Sean/Sonerud, Beate 2015: Green bonds: How to Grow the Market, Europe’s World, in: http://bit.ly/2uDvhjV (10.07.2017).

OECD 2015, Green bonds: Mobilizing Debt Capital Markets for a Low-Carbon Transition, OECD Publishing.

Task Force on Climate-related Financial Disclosures (TCFD) 2017: Final Report: Recommendations of the Task Force on Climate-related Financial Disclosures (June 2017), in: http://bit.ly/2utyOBe (10.07.2017).

Torvanger, Asbjørn/Narbel, Patrick/Pillay, Kamleshan/Clapp, Christa 2016: Instruments to Incentivize Private Climate Finance for Developing Countries, CICERO Report: 2016:08, in: http://hdl.handle.net/11250/2420794 (10.07.2017).

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6. Juli 2017
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