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Hauptsache für den Herrn
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Haschisch-Schwaden im Kino sind für unsere verwahrloste Jugend spannender als der Weihrauch in der Kirche. Die verstaubte, alte Kirche aber ist cleverer als ihr Ruf. Denn schon längst hat man im Muff von tausend Jahren unter ihren Talaren etwas Luft gelassen. Denn die gottlose Jugend soll wieder auf Kurs zum Herrn gebracht werden.
Also lautet der Appell, voll in die Tasten zu hauen. Oder machen wir's frei nach Psalm 33: „Greift voll in die Saiten und jubelt laut“. Das freut die christlichen Künstler. Darf ich doch machen, was ich will. Ob Pop oder Rock aus den Charts, oder gemixte Klassik mit Techno. Alles ausprobieren, was heute hot ist und gestern noch hü war – auch morgen wieder. Hauptsache irgendwie „Herr“ im Song.
Kommt ja hoffentlich auch ganz nett. Und schnell wird noch ein eigener Rap hinterher geschmissen. Auch schräge Gitarrenbretter aus dem Heavy Metal benutzt man gern, um auch den letzten Freak wieder für Jesus zu begeistern. Aber der Unterschied zwischen versteckten Christen-Tönen und Weltmucke ist kaum zu hören. Wie denn auch, bei diesem Geschrei und Ohropax am Kopf.
Luther und Konsorten hätten das vor 500 Jahren für Teufelszeug gehalten. Das denken manche Fundis auch heute noch. Schlimmer Weichspüler sei da drin, in dieser komischen Mischung. Über Geschmack kann man sich ja streiten, schmecken muss das keinem. Das wissen auch die reaktionären Orgelpfeifen und Kulturbanausen in der Kirche.
Wirklich sexy ist man mit moderner christlicher Musik eben nicht. Das geht bisher nur in den USA. Sacropop ist dort schon Tradition. Jetzt geht’s auch in Deutschland richtig los, Denn es wird eben bunt, schärfer und härter. Der Kölner Kirchentag macht es vor.
Machen wir uns auf etwas gefasst: Unsere Charts und Gran-Prix-Wettbewerbe werden bereits gestürmt. Hauptsache für den Herrn. Erst ein neuer Lobpreisschlager, voll christlich – aber gut englisch verpackt, damit es auch ja keiner vorher merkt, dass da was Christliches drin steckt. Man will ja niemandem vor den Kopf stoßen.
Danach Karaoke zu Robbie Williams – ziemlich platt, aber ein weltlicher Star zieht immer. Passt aber gar nicht zu unserem christlichen Glauben.
Bei Jugendlichen ist so etwas cool. Unter dem Himmel gibt's halt kein No-Go. Alles ist in der Evangelischen Kirche erlaubt, wenn nur die Jugend wieder für den Herrn vom Hocker hüpft. Aber die rocken lieber draußen, vor den heiligen Hallen der Kirche. So richtig mit Chips und Bier und open-air und – doch ohne Gott. Irgendetwas ist da wohl schief gelaufen.
Jan Thomas Otte