Interesse an Wahlen groß, Registrierung deutlich geringer
Am 16.9.2025 wählt Malawi einen neuen Präsidenten, ein neues Parlament und neue Gemeindevertreter. 7,2 Millionen (knapp 66 Prozent) der ca. elf Millionen Wahlberechtigten haben sich gemäß der Wahlkommission für diese Wahlen registrieren lassen. Umfragen des Afrobarometer vom Dezember 2024 hatten noch ergeben, dass ca. 84 Prozent der Befragten an den Wahlen teilnehmen wollen. Das große Interesse an den Wahlen dürfte auch ein Ausdruck der Unzufriedenheit mit der Regierung sein. Drei Viertel der Befragten gaben in derselben Umfrage an, das Land würde in die falsche Richtung gehen. Obwohl eine Mehrheit der Bevölkerung die Bilanz der jetzigen Regierung in den zentralen Politikbereichen wie Wasserversorgung, Energieversorgung, Bildungspolitik und Konfliktmanagement für gut oder sogar sehr gut hält, überwiegt aber eine Wechselstimmung. Negativ bewertet werden nämlich insbesondere die Wirtschaftskompetenz, die Preisstabilität, die weiterhin große Schere zwischen arm und reich und mangelnde Erfolge bei der Verringerung der absoluten Armut.
Malawi hatte im Jahr 2020 große internationale Aufmerksamkeit erweckt, als das Wahlergebnis der Präsidentschaftswahl 2019 vom Verfassungsgericht wegen Wahlmanipulationen annulliert wurde und Neuwahlen erfolgen mussten. Der Oberste Gerichtshof bestätigte das Urteil des Verfassungsgerichts und die dort benannten Manipulationen, die wegen der umfassenden Nutzung von Tipp-Ex zur Fälschung von Wahlunterlagen auch als Tipp-Ex-Wahlen in der Erinnerung der malawischen Bevölkerung bleiben. Der 2019 zunächst gewählte Kandidat und amtierende Staatspräsident Peter Mutharika verlor in der Wiederholungswahl gegen Lazarus Chagwera, den Kandidaten der Oppositionspartei Malawi Congress Partei (MCP). Die Wahlen wurden demokratiepolitisch als ein gelungenes Beispiel für eine unabhängige Justiz und parteipolitisch als ein Signal an politische Oppositionsparteien in Afrika verstanden, dass man auch nach langer Zeit in der Opposition eine Machtoption behält und wieder in die Regierung kommen kann. Die MCP hatte Malawi von 1966 bis 1993 unter Präsident Hastings Banda in einem Einparteiensystem regiert, musste jedoch mit den ersten Wahlen in einem Mehrparteiensystem im Jahr 1994 die Macht abgeben.
Land mit großen Herausforderungen
Die Wahlen finden in einem Land mit erheblichen politischen, wirtschaftlichen und sozialen Herausforderungen statt. Malawi gilt als die ärmste Demokratie der Welt. Zusätzlich zu der ohnehin schwierigen Situation kamen zuletzt noch Tropenstürme und Dürren hinzu, durch die die Lebensbedingungen sich weiter verschlechterten. Nach Weltbankdaten sind 4,4 Millionen Malawier akut von Nahrungsmittelknappheit bedroht. Die Lebenserwartung zählt mit nur 67 Jahren zu der niedrigsten weltweit. Nur 14 Prozent der Bevölkerung haben Zugang zu Elektrizität. Aufgrund von Devisenmangel konnte Malawi jüngst keinen Treibstoff mehr importieren, was für alle Malawier den dramatischen Zustand der Wirtschaft sichtbar machte.
Malawis wichtigster Wirtschaftsbereich ist die Landwirtschaft, die vor allem eine Subsistenzwirtschaft ist. Die kommerzielle Landwirtschaft (vor allem Tabak, Tee und Zucker) erzielt u.a. auch durch klimatische Extremlagen höchst unsichere Einkommen, die sich wegen des hohen Bevölkerungswachstums von jährlich ca. 2,6 Prozent auf immer mehr Köpfe verteilt. Das Wirtschaftswachstum betrug nach Weltbankdaten im Jahr 2024 nur 1,8 Prozent und schwankt erheblich.
Hoffnung machen zunehmende Erfolge des Landes bei der Einwerbung von ausländischen Investitionen. Malawi verfügt über zahlreiche Rohstoffe, darunter Niob, Bauxit, seltene Erden, Grafit und Uran, die bislang nicht ausreichend genutzt werden. Insbesondere Investoren aus Australien sind derzeit daran beteiligt, in mehreren Minenprojekten den Bergbau zu einem wichtigen Wirtschaftsfaktor des Landes auszubauen. Das wachsende Interesse internationaler Bergbaukonzerne an dem Land und seinen Rohstoffen macht deutlich, dass die Wahlen nicht nur in der Region mit Interesse verfolgt werden.
Wahlrecht
Präsidentschafts-, Parlaments- und Kommunalwahlen finden gemeinsam am 16.9.2025 statt. Anders als bisher dürfte der Wahlgang an diesem Tag aber noch nicht enden. Der Präsident wird nach einer Änderung des Wahlrechts erstmals mit einer absoluten Mehrheit (50% plus 1) gewählt. Erreicht keiner der Kandidaten die erforderliche Mehrheit, erfolgt nach 30 Tagen eine Stichwahl zwischen den beiden erstplatzierten Kandidaten. Die 229 Sitze des nationalen Parlaments werden nach dem Mehrheitswahlrecht in den Wahlkreisen gewählt.
Durchgeführt werden die Wahlen von der malawischen Wahlbehörde, deren Mitglieder vom Staatspräsidenten nach Beratung mit denen im Parlament vertretenen Parteien ernannt werden. Vorsitzender ist ein von der Judicial Commission nominierter und vom Staatspräsidenten ernannter Richter.
Im Vorfeld der Wahlen gab es Kritik an der Wahlkommission, der eine nicht ausreichende Unabhängigkeit vorgeworfen wurde. Die Registrierung von nur ca. 66 Prozent der Wahlberechtigten wurde ebenso bemängelt wie eine Unterregistrierung in Hochburgen der Opposition.
Verwiesen wurde auch auf eine mangelnde Regulierung und Kontrolle der Wahlkampffinanzierung, die zu ungleichen Bedingungen zwischen Regierungs- und Oppositionsparteien führe. Die EU hat eine Wahlbeobachtungsmission ins Land geschickt, um den Wahlprozess umfassend zu beobachten. In einer Region mit immer weniger demokratisch gewählten und legitimierten Regierungen spiegelt dies das fortdauernde geostrategische Interesse Europas wider, freie und faire Wahlen weltweit weiterhin zu unterstützen. Dies steht im Kontrast zu den USA, die vor Kurzem angekündigt hatten, sich nicht mehr an internationalen Wahlbeobachtungsmissionen zu beteiligen.
Parteien und Kandidaten
Die Malawi Congress Party MCP ist eine Mitte-Rechts-Partei, mit konservativen und nationalen Werten, die auf afrikanischer Ebene der Democracy Union of Africa und auf globaler Ebene der International Democracy Union angehört. Vorsitzender der Partei ist der jetzige Staatspräsident Lazarus Chakwera, ein charismatischer Theologe und ehemaliger Vorsitzender der Malawi Assemblies of God, einer aus den USA stammenden Pfingstkirche.
Chakwera regiert Malawi seit der Wiederholung der Präsidentschaftswahl im Jahr 2000. Die MCP wurde 1959 gegründet und war unter Hastings Banda die treibende Kraft, die Malawi 1964 in die Unabhängigkeit führte und das Land bis 1994 regierte. Zu den Schwerpunkten des Wahlprogramms zählen die Verbesserung der Ernährungssicherheit unter anderem durch die Förderung von Megafarmen, die Schaffung von Arbeitsplätzen, die Erhöhung der Wertschöpfung, eine Reform des Regierungsführung und eine Verbesserung der öffentlichen Dienstleistungen.
Bei den Parlamentswahlen des Jahres 2019 erzielte die MCP 55 von 193 Sitzen und war Teil der sogenannten Tonse Koalition, die eine Ablösung der damaligen Regierung zum Ziel hatte. Die Koalition bestand aus insgesamt neun Parteien, wobei die MCP unter Lazarus Chakwera und die United Transformation Movement (UTM) unter Saulos Chilima die dominierenden Kräfte waren.
Die Democratic Progressive Party DDP ist eine im Jahr 2005 aus einer Abspaltung von der UDF (s.u.) gegründete Partei, die als sozialliberal gilt und in den Jahren 2014 bis 2019 mit dem Parteivorsitzenden Peter Mutharika auch den Staatspräsidenten des Landes stellte. Die Partei war aus den Parlamentswahlen 2019 mit 62 Mandaten als stärkste Kraft hervorgegangen, durch die Tonse-Koalition aber in die Opposition gedrängt worden. Im Wahlprogramm „Sustaining a people-centred government“ legt die Partei die Schwerpunkte auf die Erhöhung der landwirtschaftlichen Produktivität und die Kommerzialisierung der Landwirtschaft, eine Förderung der Industrialisierung des Landes sowie die Stadtentwicklung. Präsidentschaftskandidat der DDP ist der Parteivorsitzende und ehemalige Staatspräsident Peter Mutharika. Dieser sah sich zuletzt Vorwürfen ausgesetzt, die gesundheitlichen Voraussetzungen für eine erneute Amtsführung nicht zu erfüllen. Besonderes Augenmerk galt daher seiner Wahl für die Kandidaten als Vizepräsidentin des Landes, die ausgerechnet auf die frühere Vorsitzende der Wahlkommission Jane Ansah fiel, die im Jahr 2019 für die „Tipp-Ex-Wahl“ verantwortlich war.
United Transformation Movement (UTM) ist eine im Jahr 2018 von Saulus Chilima gegründete Partei, die dem politischen Mitte-Rechts-Spektrum zugeordnet wird. Bei der wiederholten Präsidentschaftswahl des Jahres 2000 kandidierte Chilima als „running mate“ für den MCP Kandidaten Chakwera und wurde Vizepräsident des Landes. Er kam im Juni 2024 bei einem Flugzeugabsturz ums Leben. Die UTM verfolgt eine wirtschaftspolitische Reformagenda, die mehr Investitionen und eine stärkere Exportorientierung vorsehen. Die UTM wird inzwischen von Dalitso Kabambe geführt und verfügt derzeit über 12 Sitze im Parlament.
Die United Democratic Front UDF ist eine politische Partei, die im Jahr 1992 von Bakili Muluzi (Staatspräsident von 1994-bis 2004) gegründet wurde. Die UDF ist eine liberale Partei, die Mitglied im Africa Liberal Network ist und bis 2009 auch Mitglied der Liberalen Internationale war. Aus den Parlamentswahlen 2019 ging sie mit 10 Sitzen hervor. Atupele Muluzi, der jetzige Parteivorsitzende und Präsidentschaftskandidat, war 2014 und 2019 Präsidentschaftskandidat, verlor beide Wahlen aber mit 14 bzw. fünf Prozent der Stimmen. Er ist der Sohn des ehemaligen Staatspräsidenten Bakili Muluzi und hatte in der Regierung von Peter Mutharika mehrere Verwendungen als Minister. Er plante zunächst, als „running mate“ für Peter Mutharika anzutreten, kandidiert aber nun selbst für die Präsidentschaftswahlen.
Die Peoples Party wurde im Jahr 2011 von Joyce Banda, frühere Vizepräsidentin Malawis von 2009 bis 2012 und Präsidentin des Landes von 2012 bis 2014, gegründet. Banda war zuvor aus der regierenden Demokratischen Fortschrittspartei (DPP) ausgeschlossen worden war, als sie sich weigerte, den jüngeren Bruder von Präsident Bingu wa Mutharika, Peter Mutharika, als Nachfolger für das Präsidentenamt bei den Wahlen 2014 zu unterstützen. Die PP wird allgemein als eine Mitte-Rechts-Partei eingestuft. In ihrem Wahlprogramm „Transforming Malawi together. It is possible“ werden Einheit, Gleichheit und Entwicklung als wichtigste Werte der Partei benannt. Zentrale Politikfelder, welche die Partei in der Regierung angehen möchte, sind Maßnahmen zur Erhöhung der landwirtschaftlichen Produktion und deren Kommerzialisierung, die Industrialisierung des Landes sowie die Entwicklung des ländlichen Raumes. Bei den Parlamentswahlen des Jahres 2019 erhielt die Partei fünf von 193 Sitzen.
Prognosen
Gemäß einer von der SABI Strategy Group im Februar 2025 durchgeführten Meinungsumfrage weisen die Zeichen in Malawi auf einen Regierungswechsel hin. Mehr als drei Viertel der befragten Wähler sind der Meinung, dass Lazarus Chakwera als Präsident schlechter abgeschnitten hat als sein Vorgänger Arthur Peter Mutharika.
71 % der Befragten geben an, dass sich das Leben für sie und ihre Familien in den letzten fünf Jahren verschlechtert hat, was vor allem auf wirtschaftliche Faktoren zurückzuführen ist.
Trotz dieser sehr eindeutigen Trends ist der Wahlausgang keineswegs sicher. Die genannten Meinungsumfragen wurden vor Beginn des Wahlkampfs durchgeführt, der in Ländern wie Malawi einen erheblichen Einfluss auf das Wahlergebnis hat. Überdies ist der Wahlkampf stark personalisiert und auf den jeweiligen Präsidentschaftskandidaten zugeschnitten, weshalb die Wählermobilisierung erheblich von der Überzeugungskraft und Leistungsfähigkeit der Spitzenkandidaten abhängt. Hier könnte die Regierungspartei von den besseren materiellen Voraussetzungen und dem sehr charismatischen Kandidaten Chakwera profitieren. Die strategische Ausrichtung des Wahlkampfs der MCP mit einer Konzentration auf das Zentrum und den Norden des Landes, eine im Vergleich zu den Mitbewerbern große Zahl von Wahlkampfveranstaltungen sowie die direkte Ansprache von religiösen und traditionellen Meinungsführern könnten die Partei noch zu einer Mehrheit führen. Chakweras Hauptkonkurrent Peter Mutharika schien überdies im Wahlkampf zu schwächeln und fiel für längere Zeit aus. Aufgrund des geänderten Wahlrechts für die Präsidentschaftswahl dürfte der neue Präsident einen zweiten Wahlgang benötigen.
Malawi zählt als christlich geprägte Demokratie in Afrika zu den Ländern, die sich unter der Regierung Chakwera sehr eindeutig an der Seite der westlichen Demokratien positionieren. So stimmte das Land bei der Resolution ES-11/1 der UN-Generalversammlung vom 2.3.2022, die den Einmarsch Russlands in die Ukraine verurteilte, mit „ja“. Ebenso unterstützte Malawi mit seiner Stimme die Suspendierung Russlands aus dem UN-Menschenrechtsrat und war damit innerhalb der SADC-Region das einzige Land, das der Suspendierung zustimmte.
Angesichts der geopolitischen Verwerfungen in Teilen des Kontinents sollte die westliche Wertegemeinschaft daher die demokratiepolitische Entwicklung Malawis beobachten und weiter fördern.
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Programme Régional Dialogue Politique Afrique Subsaharienne (PolDiSSA)À propos de cette collection
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