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Wachsende Unruhe in den Palästinensischen Gebieten

von Simon Pfeffereder

Und die Kritik richtet sich nicht mehr allein gegen Israel – Diskussion mit Marc Frings

Israel und die Palästinensischen Gebiete kommen nicht zur Ruhe. Zu den Gründen zählen unter anderem der innenpolitische Stillstand auf palästinensischer Seite, der fortschreitende Siedlungsbau und Energie- und Ressourcenprobleme. Die Palästinenser im Westjordanland und im Gazastreifen gehen immer mehr getrennte Wege. Über die Entwicklungen sowie die aktuelle politische und sozioökonomische Lage in den Palästinensischen Gebieten berichtete der Leiter des Auslandsbüros der Konrad-Adenauer-Stiftung in Ramallah, Marc Frings, im Rahmen des Außenpolitischen Gesprächskreises.

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Der Leiter des Auslandsbüros Ramallah, Marc Frings.

Bereits seit dem Jahr 1996 unterhält die Konrad-Adenauer-Stiftung ein Büro in Ramallah. Unter dem Eindruck des Osloer Friedensprozesses sei die Stiftung damals angetreten, die Zweistaatenlösung zu unterstützen und die palästinensische Staatlichkeit zu fördern. Diese Aufgaben stünden bis heute auf der Agenda.

„Verfestigung eines eigentlich nur temporär ausgelegten Systems“

Im Westjordanland könne noch heute die Einteilung in A-, B- und C-Gebiete beobachtet werden. Sie gehe auf den gescheiterten Osloer Friedensprozess zurück, der binnen fünf Jahren eine sukzessive Autonomieverlagerung zugunsten der Palästinenser vorsah. Gäbe es in den A- und B-Gebieten, die etwa 40 Prozent des Westjordanlandes ausmachen, schon eine beschränkte Autonomie, so stünden die C-Gebiete (60 Prozent) weiterhin unter israelischer Kontrolle. Zusätzlich angeheizt werde der Konflikt durch die 250 illegalen Siedlungen; im Westjordanland und in Ost-Jerusalem leben heute ca. 600.000 Siedlerinnen und Siedler. Die Situation im Westjordanland insgesamt beschreibt der Experte als eine „Verfestigung eines eigentlich nur temporär ausgelegten Systems“.

Richtete sich die Wut der Palästinenser bis vor einigen Jahren ausschließlich gegen Israel, gäbe es zuletzt auch wachsende Kritik an der Palästinensischen Autonomiebehörde, berichtete Frings. Wahlen auf allen Ebenen seien längst überfällig, die Arbeit von Journalisten und der Zivilgesellschaft würde kritischer von der Führung beobachtet. Präsident Abbas, 2005 zum Präsidenten gewählt, konnte sich auf dem Parteitag seiner säkularen „Fatah“-Bewegung gegen die innerparteiliche Opposition durchsetzen und seine Macht konsolidieren. Allerdings wurden keine neuen politischen Konzepte präsentiert, analysierte Frings. Zwei Drittel der Menschen sprächen sich derzeit für Abbas‘ Rücktritt aus.

„Der Druck im „Kessel Palästina“ wird Tag für Tag größer“

Von der Schwäche des Präsidenten und der PLO könnte die radikalislamische Hamas bei Wahlen profitieren. Im Gazastreifen, den die Hamas seit einer gewaltsamen Machtübernahme 2007 kontrolliert, stehe die Bewegung aber ebenfalls unter Druck. Trotz internationaler Wiederaufbauhilfe nach dem letzten militärischen Konflikt der Hamas mit Israel vor knapp drei Jahren liege noch vieles im Gazastreifen in Trümmern, so Frings. Ein Grund dafür könnte auch der „Gaza Reconstruction Mechanism“ sein, der die Einfuhr von Hilfsgütern verzögere. Strikte Dokumentationspflichten sollen Zweckentfremdungen, beispielsweise zum Tunnelbau, verhindern. Als wichtiger Geber habe sich das Emirat Katar hervorgetan. Ob dieses Engagement von der aktuellen politischen Krise mit Saudi-Arabien sowie weiterer Verbündeter unberührt bleibt, gelte es zu bezweifeln. Die humanitäre Lage in dem Küstenstreifen ist angespannt, da weiterhin die Hälfte der zwei Millionen Bewohner auf externe Hilfe angewiesen sei.

Insgesamt resümierte Frings, zeichne sich die aktuelle Situation in den Palästinensischen Gebieten durch eine sukzessive politische und sozioökonomische Verschlechterung der Rahmenbedingungen aus. Israelis und Palästinenser seien derzeit weit davon entfernt, zu einem strukturierten Friedensprozess zurückzufinden. Um einen innenpolitischen Wandel einzuleiten, verwies Frings auf die Rolle der Jugend: „Wenn es um Veränderungen geht, ist sie der treibende Faktor.“ Diese demografische Entwicklung kann einen konstruktiven Beitrag zum gesellschaftlichen Frieden leisten. Zuletzt gingen junge Menschen wiederholt auf die Straße, um gegen mangelnde politische und wirtschaftliche Verbesserungen zu demonstrieren.

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KAS
27. Juli 2017
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