Die Sicherheitslage in Europa und im Indo-Pazifik ist zunehmend eng miteinander verknüpft. Dies ist zum Teil auf die globalen Auswirkungen von Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine zurückzuführen, einschließlich Chinas indirekter und Nordkoreas direkter militärischer Unterstützung für Moskaus Feldzug gegen Kyjiw. Weitere überregionale Anliegen betreffen die Stabilität der internationalen regelbasierten Ordnung, die wirtschaftliche Sicherheit sowie Bedrohungen, die von hybrider Kriegsführung bis hin zur strategischen (einschließlich nuklearen) Abschreckung reichen. Zudem bestehen gemeinsame Sicherheitsbedenken in neuen wettbewerbsintensiven Bereichen wie dem Cyber- und Weltraum sowie im Umgang mit globalisierten transnationalen Krisen wie dem Klimawandel.
Die maritime Sicherheit ist ein zentrales gemeinsames Anliegen, insbesondere die Bedrohung kritischer Unterwasserinfrastrukturen wie Seekabel für die Kommunikation. In beiden Regionen wächst zudem die Aufmerksamkeit für hybride oder „Grauzonen“-Kriegsführung auf See, einschließlich des Einsatzes sogenannter „Schattenflotten“ – hauptsächlich alternder Öltanker – durch Russland, Iran und Nordkorea. Diese operieren am Rande der globalen Schifffahrtsindustrie, um internationale Sanktionen zu umgehen.
Die Ostsee ist ein begrenztes und eingeschränktes Gewässer im Vergleich zu weiten Teilen des Indo-Pazifiks. Doch wie der Indo-Pazifik weist auch die Ostsee überfüllte und umstrittene Seegebiete auf, mit gemeinsamen Herausforderungen wie der Wahrung der Freiheit der Schifffahrt und der Einhaltung des Seerechtsübereinkommens der Vereinten Nationen. Obwohl die Ostsee kürzlich als „NATO-See“ bezeichnet wurde, bestehen weiterhin erhebliche Herausforderungen, sie als sichere und geschützte maritime Verkehrsroute zu erhalten. Diese gemeinsamen Anliegen könnten eine vertiefte interregionale militärische Zusammenarbeit, gemeinsame Fähigkeitsentwicklung und eine verbesserte verteidigungsindustrielle Kapazität fördern.
Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine hat auch die Wahrnehmung verstärkt, dass die Arktis und der Hohe Norden Regionen mit erhöhtem strategischem Risiko sind – insbesondere bei Staaten in oder nahe dem Polarkreis. Dies wird durch die Auswirkungen der globalen Erwärmung und das Schmelzen des arktischen Meereises zugespitzt, was die Aussicht erhöht, dass transpolare Seewege künftig routinemäßig befahrbar werden.
Diese gemeinsamen Bedrohungen bedeuten, dass alle Akteure in der Ostseeregion eine Rolle bei der Stärkung der interregionalen Zusammenarbeit und Fähigkeitsentwicklung spielen können. Dazu gehören auch die Anrainerstaaten der Ostsee, selbst wenn sie unterschiedliche Ambitionen und Kapazitäten zur Machtprojektion über ihre unmittelbare Nachbarschaft hinaus haben. Mögliche Bereiche der Zusammenarbeit und Entwicklung umfassen Cybersicherheit, industrielle Kooperation in neuen Verteidigungstechnologien, die Stärkung gesellschaftlicher Resilienz sowie die Zusammenarbeit mit dem Indo-Pazifik – sowohl bilateral als auch im Rahmen von NATO- und EU-Initiativen. Litauen etwa ist das jüngste europäische Land, das Indo-Pazifik-Ambitionen öffentlich gemacht hat – mit Indo-Pazifik-Leitlinien aus dem Jahr 2023 und einer Verteidigungsstrategie für den Indo-Pazifik aus dem Jahr 2025.
Kleinere Staaten könnten zudem eine größere Rolle bei der maritimen Sicherheit in und um die Ostsee übernehmen, insbesondere im Bereich der umfassenden Domain Awareness und in Nischenbereichen wie der Minenabwehr (MCM). Dies könnte Ressourcen freisetzen für jene Nachbarstaaten, die wachsende Verteidigungsanforderungen im eigenen Land mit dem Ziel in Einklang bringen müssen, ihr Engagement im Indo-Pazifik zu vertiefen.
Lesen Sie den gesamten Monitor: „The Baltic, High North and the Indo-Pacific: Common Connections and Shared Concerns“ hier als PDF. Bitte beachten Sie, dass die Publikation bisher nur in englischer Sprache verfügbar ist.
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Die Reihe Monitor behandelt übersichtlich jeweils ein Schwerpunktthema aus der Perspektive der KAS-Expertinnen und -Experten und ordnet es anhand weniger „Punkte zum Mitnehmen“ in den politischen und gesellschaftlichen Kontext ein.
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