Agrégateur de contenus

KAS Auslandsbüro Mongolei / Lukas Smith

Rapports pays

Alle Jahre wieder: Regierungskrise in der Mongolei

par Viktor Frank, Lukas Smith

Koalition der Nationalen Einheit gescheitert

Das Ende der Regierungskoalition zwischen der Demokratischen Partei (DP) und der Mongolischen Volkspartei (MVP) kam nicht überraschend – der Zeitpunkt hingegen schon. Die MVP, die seit den Parlamentswahlen im Juni 2024 auch ohne Partner über eine komfortable Mehrheit verfügt, erklärte in der Nacht vom 21. auf den 22. Mai 2025 das Bündnis mit der DP für beendet. Eine Entscheidung, die strategisch motiviert scheint: Während die DP als Sündenbock für die durchwachsene Regierungsbilanz herhalten muss, versucht die MVP, innerparteiliche Spannungen zu kaschieren und ihre Dominanz abzusichern. Das Projekt der „Koalition der Nationalen Einheit“ ist damit nach weniger als einem Jahr am Ende – ein weiteres Kapitel in der Geschichte instabiler mongolischer Regierungen.

Agrégateur de contenus

Partager

Krise mit Ansage

Beobachter hatten nicht damit gerechnet, dass die ungewöhnliche Dreierkoalition aus MVP, DP und HUN-Partei bis zum Ende der Legislaturperiode im Jahr 2028 Bestand haben würde. Dass sie ausgerechnet in einer politisch sensiblen Phase zerbricht – kurz vor Staatsbesuchen aus Österreich und Usbekistan –, verdeutlicht den Ernst der Lage. Das politische Klima in der Mongolei ist erneut von Misstrauen, taktischem Kalkül und unklaren Machtverhältnissen geprägt.

Nach der Wahl 2024, der ersten nach der Verfassungsreform und Erweiterung des Parlaments auf 126 Sitze, präsentierte sich die MVP zunächst als integrative Kraft. Trotz absoluter Mehrheit bot sie der Opposition eine Regierungsbeteiligung an. Der MVP-Vorsitzende L. Oyun-Erdene wurde im Amt des Premierministers bestätigt, nahezu geschlossen von den DP-Abgeordneten unterstützt[i]. Die breite Mehrheit im Parlament ließ der Opposition kaum Raum zur Profilierung. Innerhalb der DP wuchs rasch der Unmut über die faktisch machtlose Rolle als Juniorpartner.

 

Bruch mit Ansage – Motive im Verborgenen

Die Entscheidung der MVP, das Bündnis mit der DP aufzulösen, fiel auf einem nächtlichen Parteikongress. Offiziell warf man der DP Illoyalität vor – mehrere ihrer Abgeordneten hatten sich an Demonstrationen gegen die Regierung beteiligt und öffentlich den Rücktritt des Premierministers gefordert. Tatsächlich könnte die Entscheidung jedoch als Ablenkungsmanöver von internen Spannungen in der MVP und einer wachsenden Unzufriedenheit in der Bevölkerung dienen. Premierminister Oyun-Erdene hatte sich mit einer Antikorruptionskampagne auch innerhalb der eigenen Partei Gegner gemacht, etwa durch Angriffe auf die MCS-Gruppe[ii] – einen der größten einheimischen Konzerne und langjährigen Unterstützer der MVP.

Trotz eines beeindruckenden Wirtschaftswachstums von 5 Prozent im Jahr 2024 – getragen vor allem vom Rohstoffsektor – stagnieren die Reallöhne in weiten Teilen des Landes[iii]. Die Inflation liegt bei 9,5 Prozent[iv], die Zinssätze sind hoch, die private Nachfrage schwach. Der von der Regierung beschworene Wohlstandszuwachs wird in vielen Haushalten nicht gespürt.

 

Unmut auf der Straße

Ein Skandal um den 22-jährigen Sohn des Premierministers, der angeblich seiner Verlobten eine Chanel-Handtasche und weitere teure Präsente geschenkt[v] haben soll, sorgte für mediale Empörung. In sozialen Netzwerken kursierende Bilder wurden zum Symbol für den wachsenden Vertrauensverlust in die politische Elite. Die Zahl der Demonstrierenden blieb gering, doch die Proteste wurden breit wahrgenommen – nicht zuletzt, weil sich auch DP-Vertreter anschlossen.

 

DP zwischen Regierungstreue und Selbstzerfleischung

Innerhalb der DP war die Regierungsbeteiligung von Anfang an umstritten. Parteichef L. Gantumur, gleichzeitig stellvertretender Premier- und Wirtschaftsminister, profitierte persönlich von der Koalition. Seine Ministerkollegen trugen die Regierungslinie mit – auch bei kontroversen Entscheidungen wie dem temporären Kooperationsabkommen mit der Eurasischen Wirtschaftsunion. Dieses war in den eigenen Reihen stark umstritten, wurde von Gantumur jedoch unterzeichnet. In der Öffentlichkeit entstand das Bild einer Partei, die sich politischen Einfluss mit Opportunismus erkauft hatte.

Der plötzliche Bruch hat die DP in eine heikle Lage gebracht. Nach außen wirkte sie gespalten, orientierungslos und ohne klare Strategie. Die Parteiführung trug die Politik der MVP mit, während einzelne Abgeordnete gegen die eigene Regierung protestierten. Die Teilnahme an Demonstrationen gegen den Premierminister wirkte unkoordiniert und zeigte die fehlende Disziplin in der Fraktion. Der Versuch, als oppositionelle Kraft innerhalb der Regierung aufzutreten, ist gescheitert.

 

Rückkehr in die Opposition – ohne Glaubwürdigkeit

Die DP muss sich nun neu positionieren. Der politische Schaden ist beträchtlich: Sie kann die Regierung nicht mehr mitgestalten, doch jede Kritik an ihrer früheren Partnerin ist angreifbar – zu groß ist die eigene Mitverantwortung. Der MVP bietet sich nun die Gelegenheit, die DP als Partei darzustellen, die sich Reformen verweigerte und gleichzeitig innerlich zerrissen ist.

Der Premierminister selbst hatte in Interviews seine politische Zukunft an das Fortbestehen der Koalition geknüpft. Trotz der Möglichkeit, seine Position formal zu halten, dürfte der parteiinterne Druck wachsen. Seine Gegner innerhalb der MVP könnten den Moment nutzen, um einen Wechsel an der Spitze durchzusetzen.

 

Bilanz einer Koalition im Stillstand

Die bisherige Regierungsarbeit hinterlässt ein durchwachsenes Bild. Neben greifbaren Fortschritten – etwa der Bau einer zweiten Eisenbahnverbindung nach China[vi], die Unterzeichnung des Uranabbauabkommens mit Frankreich[vii] oder die außenwirtschaftliche Öffnung über die Eurasische Wirtschaftsunion[viii], wenn diese als Erfolg betrachtet werden sollte – bleiben die großen Herausforderungen ungelöst. Die Luftverschmutzung in Ulaanbaatar, insbesondere in den Wintermonaten, sowie das Verkehrschaos verschärfen sich. Auch die Situation im Gesundheits- und Bildungssektor zeigt keine Verbesserung. Zwar wurde ein Rekordhaushalt verabschiedet, doch Gelder flossen teilweise in fragwürdige Strukturen, ohne nachhaltigen Nutzen zu erzeugen.

Der Koalitionsbruch zeigt, dass die MVP offenbar nur so lange auf die DP angewiesen war, wie unpopuläre Maßnahmen legitimiert werden mussten. Nach getaner Arbeit wurde der kleinere Partner entlassen. Die DP trägt nun die politische Last, ohne über Handlungsmöglichkeiten zu verfügen.

 

Neue Allianzen, alte Strategien

Obwohl die MVP über eine eigene Mehrheit verfügt, kursieren bereits Spekulationen über eine Erweiterung der Regierungsbasis. Gespräche mit der Grünen Partei und der Nationalen Koalition gelten als möglich[ix],. Die HUN-Partei bleibt vermutlich Teil der Regierung – ihr Vorsitzender T. Dorjkhand gilt als loyaler Unterstützer der MVP und tritt kaum noch eigenständig in Erscheinung.

 

Instabilität als Dauerzustand

Die politische Entwicklung entspricht einem bekannten Muster: Persönliche Rivalitäten, parteiinterne Machtkämpfe und kurzfristige Interessen bestimmen den Takt. Seit der Demokratisierung der Mongolei vor über drei Jahrzehnten wurde die zwanzigste Regierungskrise verzeichnet – meist ohne klare inhaltliche Differenzen. Stabilität, Berechenbarkeit und institutionelle Stärke bleiben damit Ausnahmeerscheinungen. Die Außendarstellung des Landes leidet – ebenso wie das Vertrauen der Bevölkerung in demokratische Prozesse.

Der Zusammenbruch der „Koalition der Nationalen Einheit“ war weniger ein politischer Unfall als vielmehr ein kalkulierter Befreiungsschlag. Was als überparteiliches Projekt begonnen hatte, diente offenbar vor allem dazu, politische Verantwortung auf möglichst viele Schultern zu verteilen. Im entscheidenden Moment wurde der Partner fallengelassen – mitsamt der Illusion gemeinsamer Verantwortung.

 


[i]https://thediplomat.com/2024/08/a-grand-coalition-and-a-new-era-in-mongolia/

[ii]https://www.mongoliaweekly.org/post/the-mcs-showdown-mongolia-s-biggest-conglomerate-faces-scrutiny

[iii]https://www.worldbank.org/en/country/mongolia/overview#1

[iv]https://www.imf.org/external/datamapper/profile/MNG

[v]https://www.facebook.com/photo/?fbid=714801244439874&set=public-scrutiny-has-recently-intensified-around-prime-minister-l-oyun-erdenes-so

[vi]https://www.intellinews.com/rail-link-to-supercharge-mongolia-s-coal-exports-to-china-369578/?source=asia-energy#:~:text=The%20new%20agreement%20will%20create,
60%25%20of%20China's%20coal%20needs

[vii]https://thediplomat.com/2025/02/mongolia-signs-uranium-deal-with-french-nuclear-giant/

[viii]https://thediplomat.com/2025/02/mongolia-signs-uranium-deal-with-french-nuclear-giant/

[ix]https://www.facebook.com/story.php?story_fbid=122208063728248080&id=6155744
2413855&mibextid=wwXIfr&rdid=QOHVdqlb9U5uAnGQ#

 

 

Agrégateur de contenus

Contact

Viktor Frank

Viktor Frank

Kommissarischer Leiter des Auslandsbüros Kasachstan

viktor.frank@kas.de +976 11 31 91 35

comment-portlet

Agrégateur de contenus

À propos de cette collection

La Fondation Konrad-Adenauer est présente avec son propre bureau dans 70 pays du monde sur les cinq continents. Les collaborateurs locaux peuvent rapporter de première main les événements actuels et les évolutions à long terme dans leur pays d'accueil. Leur « rapports nationaux » présentent en exclusivité aux utilisateurs du site Internet de la Fondation Konrad-Adenauer des analyses, des informations de fond et des évaluations.