Die Ignoranz eines einzelnen Wählers in einer Demokratie gefährdet die Sicherheit aller.
Auf einen Blick
- Die Präsidentschaftswahl steht im Mittelpunkt, aber die Mehrheiten im Kongress sind genauso entscheidend.
- Innenpolitische Themen wie Einwanderung, Abtreibungsrecht und Wirtschaft bestimmen den Wahlkampf.
- Einige Bundesstaaten werden wahlentscheidend sein, die so genannten „Swing States“.
- Präsidentschafts- und Kongresswahl entscheiden mit, welchen Stellenwert die europäische Verteidigung künftig für die US-Sicherheitspolitik spielen wird.
Inhalt
1. Überwiegend innenpolitische Themen bestimmen den Wahlkampf
2. Die Kongressmehrheit ist ebenso wichtig
3. Einige Regionen stehen besonders im Mittelpunkt des Wahlkampfes
4. Wir verfolgen den US-Wahlkampf aus vielen Perspektiven
5. Publikationen, Veranstaltungen und Medienbeiträge zum Thema
Überwiegend innenpolitische Themen bestimmen den Wahlkampf
Lange sah es danach aus, dass die Präsidentschaftswahlen 2024 eine Wiederauflage der Wahlen von vor vier Jahren sein würden – vor allem mit Blick auf die Hauptmatadore: Joe Biden und Donald Trump traten wieder für ihre Parteien an. Beide sammelten in den Vorwahlen genügend Stimmen. Donald Trump wurde auf dem Parteitag der Republikaner offiziell als Kandidat bestätigt. Wenige Tage zuvor gab es ein Attentat auf ihn, bei dem er leicht verletzt wurde. Bei den Demokraten gab es dagegen eine Überraschung: Nachdem ein fahriges Auftreten in einer Fernsehdebatte Zweifel an Bidens Leistungsfähigkeit aufkommen ließ, beendete er im Juli seine Kandidatur.
Die Demokratische Partei muss nun inmitten des Wahlkampfes einen neuen Spitzenkandidaten finden. Biden – und viele führende Demokraten – unterstützen Vizepräsidentin Kamala Harris für das Amt. Sie könnte mit Erfolgen der Biden-Harris-Regierung werben, wie umfangreichen Reformgesetzen und einer guten Wirtschaftsleistung. Harris tritt für ein Recht auf Abtreibung ein, das ein wichtiges Wahlkampfthema ist. Gleichzeitig müsste sie sich für die Lage an der Südgrenze verantworten, die mit der Einwanderungspolitik zu ihrem Verantwortungsbereich gehört.
Für Donald Trump geht es darum, die Schmach der Niederlage von vor vier Jahren auszumerzen: Für ihn war die Wahlniederlage ein Betrug. Er setzt weiter auf eine „Amerika zuerst“-Politik, die Amerikas Grenzen schützen und das Land unabhängiger machen soll. Dazu gehört, dass er Hilfen für andere Länder und Bündnisse wie die NATO in Frage stellt. Trump wird im Wahlkampf von einer überzeugten Anhängerschaft getragen, gleichzeitig gibt es viele Amerikaner, die ihn ausdrücklich ablehnen.
Umfragen zeigten, dass Biden und Trump in der amerikanischen Wählerschaft generell eher unbeliebt sind. Darum machen sich besonders in diesem Jahr unabhängige Kandidaten und kleinere Parteien Hoffnungen. Zu ihnen gehört Robert F. Kennedy Jr., Neffe von Präsident Kennedy. Er war als Impfskeptiker bekannt geworden. Die Chancen von Kennedy und anderen unabhängigen Kandidaten, die Wahl zu gewinnen, sind gering. Sie können aber das Endergebnis beeinflussen, in dem sie dem einen oder anderen Kandidaten Stimmen wegnehmen.
Die Kongressmehrheit ist ebenso wichtig – auch in außenpolitischen Fragen
Auch wenn die Präsidentschaftswahl international am meisten Aufsehen erregt: Im November wird auch ein neuer Kongress gewählt, und die Mehrheiten dort sind ebenfalls entscheidend. Alle 435 Sitze im Repräsentantenhaus werden neu gewählt, ebenso ein Drittel der 100 Senatssitze. Bislang haben die Republikaner im Repräsentantenhaus und die Demokraten im Senat die Mehrheit. Beide Mehrheiten sind aber knapp.
Vor dieser Wahl hat eine vergleichsweise hohe Anzahl von Kongress-Mitgliedern angekündigt, nicht wieder zur Wahl antreten zu wollen. Da besonders im Repräsentantenhaus der Amtsinhaberbonus eine große Rolle spielt, kann das die Zusammensetzung des Kongresses und der einzelnen Fraktionen nachhaltig ändern. Wie bei der Präsidentschaftswahl werden die Kandidaturen in Vorwahlen vergeben, die dadurch zu Richtungsentscheidungen innerhalb der Parteien werden.
Der Kongress spielt eine entscheidende Rolle in der Gesetzgebung der USA, vor allem im Haushaltsrecht. Der Senat muss wichtige Personalentscheidungen des Präsidenten bestätigen. Die monatelange Debatte um weitere Ukraine-Hilfen zeigte, dass der Kongress auch außenpolitische Entscheidungen maßgeblich und gegen den Willen des Präsidenten beeinflussen kann.
Einige Regionen stehen besonders im Mittelpunkt des Wahlkampfes
Gewählt wird überall in den USA – allerdings sind viele Regionen politisch einer Partei zugeordnet, so dass ein Wechsel der Mehrheiten dort unwahrscheinlich ist. Darum konzentrieren sich Wahlbeobachter in den USA auf so genannte „Swing States“, das sind Bundesstaaten, in denen beide Parteien eine Chance auf einen Sieg haben. Bei den Wahlen in diesem Jahr sind das vor allem Arizona, Georgia, Michigan, Nevada, North Carolina, Pennsylvania und Wisconsin.
Arizona steht aus mehreren Gründen im Mittelpunkt: Der Bundestaat liegt an der Grenze zu Mexiko, deren Sicherheit eines der großen Themen im Wahlkampf ist. Außerdem hat der oberste Gerichtshof von Arizona ein umstrittenes, umfängliches Abtreibungsverbot in Kraft gesetzt – ein weiteres wichtiges Wahlkampfthema. Da die bisherige Senatorin Kyrsten Sinema nicht mehr antrifft, hoffen beide Parteien, den Sitz für sich gewinnen zu können. Auch für Trump und Biden ist der Bundesstaat entscheidend: Biden hatte Arizona vor vier Jahren gewonnen, wenngleich nur knapp mit rund 11.000 Stimmen.
Der 5. November ist nicht nur Wahltag für die Bundesebene: Gewählt werden Positionen auf allen politischen Ebenen, so zum Beispiel die Gouverneure in elf Bundesstaaten und zwei Territorien.
Wir verfolgen den US-Wahlkampf aus vielen Perspektiven
Für die Konrad-Adenauer-Stiftung sind die transatlantische Partnerschaft, NATO und besonders die Zusammenarbeit mit den Vereinigten Staaten eine wichtige Garantie für die Sicherheit Europas. Darum verfolgen wir den Wahlkampf und den Wahlausgang in diesem Jahr intensiv und analysieren die Entwicklungen mit Hilfe von amerikanischen und europäischen Experten. Das USA-Büro plant zum Beispiel Dialogprogramme und Beobachtungsreisen mit deutschen Experten und Politikern, um ein tieferes Verständnis des politischen Prozesses zu entwickeln. Außerdem werden Bildungsveranstaltungen und Online-Events angeboten.