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Kubaner wollen Veränderung

von Kerstin von Bremen
Sonne, weiße Strände, Palmen, Cocktails, Zigarren. Kuba ist ein Urlaubsparadies. Vom wirklichen Leben im Karibikstaat erfahren die Touristen wenig. Der trostlose Alltag des kubanischen "Normalbürgers" offenbart sich schon in Havannas Altstadt. Abseits der Prachtstraßen präsentiert sich oftmals ein erschreckendes Bild.

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In den unteren Stockwerken zerfallener Häuser leben noch Familien. Täglich

stürzen in Havanna Häuser aufgrund von Materialschäden ein. Das karibische

Klima greift die Bausubstanz der oftmals prachtvollen Häuser stark an. Da

aber kein Geld für Restaurierungsarbeiten zur Verfügung steht, sind viele

der Wohnhäuser kaum noch zu retten. Die Wohnsituation in Havanna ist

kritisch.

Zwar versucht die Polizei, Betteln zu verhindern, denn laut Diktator Fidel

Castro gibt es auf Kuba keine Armut. Doch fast jeder Nicht-Kubaner wird auf

offener Straße angesprochen, ob er nicht für die Kinder der Familie einen

Liter Milch in einem der Dollarläden kaufen könnte. Solange in der Familie

ein Kind unter sieben Jahren lebt, steht der Familie Milch über die

Lebensmittelmarken zu. Sobald das Kind

jedoch älter ist, kann sich die Familie nur noch Milchpulverersatz kaufen.

Denn Milch in den Dollarläden kostet 1,31 Dollar. Der Durchschnittskubaner

verdient im Monat nur acht bis zehn Dollar.

Um Touristen auch auf diese Seiten der schönen Insel aufmerksam zu machen,

hat eine Gruppe von jungen Spaniern, die sich Solidaridad Espiafiola con

Cuba (Spanische Solidarität mit Kuba) nennen, einen alternativen Reiseführer

erstellt. Sein Leitthema: "Wenn Du nach Kuba reist, schau richtig hin!"

Diesen Reisefihrer gibt es auf der Webseite www.solidaridadconcuba.com.

Neben Hinweisen zur Mitnahme von Büchern und Medikamenten stößt man auch auf

landesweite Adressen von Angehörigen der politischen Gefangenen und

kubanischer Bürgerrechtler.

Auch wenn Castro nach wie vor viel Zustimmung innerhalb der Bevölkerung

erhält, bezieht sich diese doch im Wesentlichen auf seine charismatische

Person und weniger auf die politischen Verhältnisse des Landes. Die

Opposition auf Kuba ist seit einigen Jahren sowohl im Ausland als auch auf

der Insel deutlicher zu hören. Im Gegensatz zu früheren Jahren macht sie mit

konkreten und konstruktiven Vorschlägen auf sich aufmerksam.

Seitdem im Dezember 2005 die Protestbewegung "Damas de Blanco" den

Sacharow-Preis des Europäischen Parlamentes für ihren Einsatz für die

Menschenrechte erhielt, ist' auch sie in Europa ein Begriff. Immer noch

demonstrieren die Teilnehmer jeden Sonntag aut dem Weg zur Kirche Santa Rita

für die Freilassung ihrer Familienangehörigen, die zum Teil seit 2003 in

kubanischen Gefängnissen einsitzen. Auch heute noch reicht es aus,

öffentlich Kritik am Regime zu üben oder Propagandamaterial gegen das

Castro-Regime zu besitzen, um als "Verräter des kubanischen Volkes" ins

Gefängnis zu kommen.

Oswaldo Payä, einer der wichtigsten Oppositionsführer auf Kuba und

Vorsitzender des Movirniento Cristiano Liberaci6n (Christliche

Befreiungsbewegung) stellte kürzlich die Kampagne "Foro Cubano" vor. Der

angestrebte nationale Dialog soll die gesamte kubanische Zivilgeselischaft

innerhalb und außerhalb der Insel einbeziehen, ausdrücklich auch die

kubanische Regierung und Angehörige des Parlamentes. Wichtig für Payä ist

der Grundsatz, dass "die Kubaner, wie alle Menschen, ein Recht auf ihre

Rechte haben".

Dies bedeutet auch, dass sie in ihrem eigenen Land die gleichen Rechte wie

die Touristen besitzen sollten. Zurzeit herrscht eine Unterteilung der

Menschen in zwei, ja eigentlich drei Klassen. Zum einen werden die Kubaner selber in die

Gruppen der Dollarbesitzer und Nicht-Dollar-Besitzer aufgeteilt. Die dritte

Gruppe stellen die Touristen. Denn Kubanern ist es nicht erlaubt, in einem

Hotel ihrer Wahl zu übernachten - unabhängig davon, ob sie das Geld besitzen

oder nicht. Auch Internet-Cafrs, in die Ausländer Zugang haben, sind für die

eigenen Landsleute tabu. Diese Diskriminierung stößt natürlich auch bei den

Kubanern auf Unverständnis.

Zu einer deutlichen Diskriminierung führt auch der Unterschied zwischen dem

kubanischen und dem konvertiblen Peso. Der kubanische Peso besitzt so gut

wie keinen Wert. Wer sich alltägliche Grundbedürfnisse leisten möchte,

braucht den konvertiblen Peso oder Dollars. Dies hat auf der Insel zu einer

Kampagne "Con la misma Moneda" (Mit derselben Währung) geführt.

Auch wenn die Projekte und Kampagnen alle für sich alleine genommen noch

nicht zu einem sofortigen Wandel führen, zeigen sie doch, dass es immer mehr

Kubaner gibt, die etwas ändern wollen. Viele, die sich nicht über Parteien

oder politische Aktionen einbringen wollen, gehen nun auf die Straße. Denn

unabhängig von politischen Ideologien hat jeder das Recht auf ein freies und

selbstbestimmtes Leben.

Veröffentlicht mit freundlicher Genehmigung der Frankfurter Neuen Presse

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Frankfurt Deutschland