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Veranstaltungsberichte

Eine Diktatur unter Palmen

von Josephine Landertinger Forero
Türkisblaues Wasser, paradiesische Strände, lebensfrohe Menschen, die zu karibischen Liedern tanzen oder auf der Straße Musik machen – geben wir zu, dies ist das Klischeebild von Kuba.

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Doch die Fachkonferenz „Cuba Auténtica – Das wahre Kuba“ hat ein ganz anderes Bild der Insel gezeichnet. Im wahren Kuba werden Menschen willkürlich eingesperrt und gefoltert, es gibt keine Meinungsfreiheit und die Armut in der Bevölkerung verschlimmert sich täglich. Vier politische Gefangene, die nun im Exil in Spanien und in der Tschechischen Republik leben, berichteten in der Konrad-Adenauer-Stiftung (KAS) über psychologische und physische Folter, die sie erleiden mussten.

Alle vier Dissidenten auf dem Podium gehören zur „Gruppe der 75“, einer Gruppe von Journalisten, Aktivisten und Bürgerrechtlern, die im Frühling 2003 – dem „schwarzen Frühling“ – verhaftet wurden.

Dr. José Luis García Paneque, Dr. Luis Milán Fernández und Luis Enrique Ferrer García wurden 2003 inhaftiert, da sie für eine Petitionsaktion, das „Varela-Projekt“, mehrere tausend Unterschriften sammelten. Das Varela-Projekt sieht vor, dass die Kubaner selbst demokratisch über ihre Zukunft entscheiden sollen. Deswegen gab es für die Bürgerrechtler bis zu 28 Jahre Haft. „Ich kann diesen Grund bis heute immer noch nicht begreifen“, sagte Fernández. Zudem seien die Gerichtsverhandlungen unfair gewesen. „Meine Anwältin hat mich 15 Minuten lang gesprochen. Das war’s. Und fünf Minuten vor Verhandlungsbeginn sagte sie, ich solle so wenig wie möglich sagen, denn ich sei eh schon verurteilt.“

Wie es in den Gefängnissen zugehe, sei kaum zu beschreiben, so Fernández. Isolationszellen, Prügel und unzureichende Ernährung sind Bestandteile der psychologischen und physischen Folter. Menschen werden an den Haaren gezogen und Treppen hinuntergeschleift, anderen wird der Mund zugenäht oder sie werden zusammen mit psychisch Kranken in Zellen untergebracht - das sind nur einige der furchtbaren Erlebnisse der ehemaligen Gefangenen.

Dank des Hungerstreiks von Guillermo Fariñas, der den diesjährigen Sacharow-Preis für Meinungsfreiheit des Europaparlaments erhalten hat, den dauernden Protesten der Angehörigen der Inhaftierten (auch „Damen in Weiß“ genannt) und dem Druck der internationalen Gemeinschaft, konnte im Juli 2010 eine Freilassung von 52 Häftlingen der „Gruppe der 75“ verhandelt werden.

Doch echte Freiheit haben sie nicht gewonnen. „Der Stempel ‚ständige Ausreise’ in unseren Pässen bedeutet, dass wir nicht in unser Land zurückkehren können, ohne dass wir wieder im Gefängnis landen“, sagte Ferrer, Arzt und Koordinator der Oppositionspartei „Movimiento Cristiano Liberación“ (MCL). Diese Freilassung sei nur der Versuch der Castro-Brüder, das Image Kubas in der Welt wieder etwas aufzupolieren, „denn von oben ändern wird sich dadurch nichts.“ Das Exil ist eine politische Strategie.

Aus diesem Grund haben elf Häftlinge der „Gruppe der 75“ das Exil nicht akzeptiert und befinden sich weiterhin im Gefängnis.

Die wahre Veränderung in Kuba müsse „von unten, vom Volke aus kommen, da das Regime kein Interesse an einem demokratischen Wandel hat“, sagte Ferrer. Er forderte die Europäische Union auf, Druck auf das Castro-Regime auszuüben, so dass ein Dialog zwischen der kubanischen Bevölkerung und der Regierung stattfinden kann.

Hierzu müsse die EU mit einer Stimme sprechen und die gemeinsame Position bezüglich Kubas Regime beibehalten, so Ferrer. Alle EU-Mitglieder sollen sich laut dieser Position für Menschenrechte und Demokratisierung in Kuba einsetzen. Spanien und die sozialdemokratische Regierung von Luis Rodríguez Zapatero versuchten aus wirtschaftlichen Interessen diese gemeinsame Position zu torpedieren, sagte Ferrer.

Besonders brisant ist die Tatsache, dass nur vier ehemalige Gefangene zur Konferenz nach Deutschland kommen konnten. Den weiteren Asylanten, die seit kurzer Zeit in Spanien leben, wurde die Ausreise verweigert. „Das darf in Europa nicht passieren“, so Ferrer.

Auch Rolando Jiménez Posada betonte, wie wichtig die Einhaltung der gemeinsamen Position der EU gegenüber Kuba ist. „Das Verhalten von Ländern wie Spanien befestigt das kommunistische Regime und gefährdet den demokratischen Wandel.“

Außer der „Gruppe der 75“, der großen Verhaftungswelle von 2003, gibt es schätzungsweise hunderte weitere politische Häftlinge in Kuba. In den letzten Monaten soll es über 300 Verhaftungen gegeben haben, sagte Paneque, Arzt und Journalist, im Varela-Projekt engagiert. Ferrer versicherte indes: „Das Varela-Projekt wird solange weitergehen, bis das kubanische Volk eine Stimme erhält.“

Patenschaftsprogramm

Politiker, die sich persönlich für die Freilassung von willkürlich inhaftierten Menschenrechtlern und anderen politischen Gefangenen in dem diktatorisch regierten Kuba einsetzen, können eine Patenschaft für einen Inhaftierten übernehmen.

Sie setzen sich dann direkt bei der kubanischen Regierung für die Freilassung des Paten und für den Schutz vor zukünftiger Verfolgung von Menschen- und Bürgerrechtlern ein.

Dr. Hans-Gert Pöttering, Vorsitzender der Konrad-Adenauer-Stiftung, hat eine Patenschaft für den seit 2003 inhaftierten Arzt Dr. Óscar Elías Biscet übernommen. Biscet ist einer der elf Häftlinge, der das Exil nicht akzeptiert. Er wurde zu 25 Jahren Haft verurteilt, da er sich u. a. gegen die Todesstrafe und für die Verbesserung von Haftbedingungen ein. Er hat auch im Jahr 1997 in Havanna die „Lawton Foundation for Human Rights“ gegründet.

Biscet ist einer der bekanntesten Menschenrechtler auf Kuba.


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