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"Tiefer Schatten auf bislang guter Zusammenarbeit"

Interview mit Hardy Ostry

Nach der Festsetzung zweier Mitarbeiter der Konrad-Adenauer-Stiftung hat sich der Teamleiter für Afrika und Nahost, Hardy Ostry, gegenüber dem WDR erschrocken und entsetzt gezeigt.

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Wie ist die Stimmung in der Konrad-Adenauer-Stiftung, nachdem bekannt wurde, dass zwei Ihrer Mitarbeiter in Ägypten vor Gericht gestellt werden sollen?

Ostry: Die Stimmung ist von Erschrockenheit und Entsetzen geprägt. In der Stiftungsgeschichte ist es meines Wissens sehr selten vorgekommen, dass Mitarbeiter derartig angegriffen werden aufgrund ihrer Tätigkeit für die Konrad-Adenauer-Stiftung.

Was wird dem Leiter des Büros der Stiftung in Kairo und seiner Mitarbeiterin genau vorgeworfen?

Bislang haben uns die ägyptischen Behörden noch keine Anklageschrift mit den konkreten Anklagepunkten zugestellt. Wir erwarten ein solches Schreiben aber in den nächsten Tagen. Vor dem Hintergrund des generellen Vorgehens der ägyptischen Behörden gegen in- und ausländische Nichtregierungsorganisationen- zu denen auch die KAS gehört - wissen wir, dass man diesen Organisationen vorwirft, illegal im Land tätig zu sein und unerlaubte ausländische Geldtransfers erhalten zu haben.

Was unternimmt die Stiftung, um die beiden Mitarbeiter zu unterstützen?

Unser Vorsitzender, Hans-Gert Pöttering, und unser stellvertretender Generalsekretär sind umgehend nach Kairo gereist, um den beiden KAS-Mitarbeitern moralisch beizustehen und ihnen die Unterstützung der Stiftung sicherzustellen. Gleichzeitig versuchen wir auch - in Zusammenarbeit mit den ägyptischen Behörden - auf eine Klärung des Sachverhalts zu drängen. Wir hoffen immer noch, dass sich diese Vorwürfe so schnell wie möglich aufklären lassen.

Welche Konsequenzen hätten die beiden KAS-Mitarbeiter zu befürchten, falls es zum Prozess kommt?

Das lässt sich bislang noch nicht absehen. Wir sind im Moment noch nicht dabei, irgendwelche "Worst-Case"-Szenarien zu entwerfen, weil wir immer noch hoffen, dass sich eine Lösung finden lässt, im Einvernehmen mit den ägyptischen Behörden, und dass nachgewiesen wird, dass die Vorwürfe gegen die KAS-Mitarbeiter unhaltbar sind. Derzeit wurde ein Ausreiseverbot gegen unsere beiden Mitarbeiter ausgesprochen. Dieses kommt nach ägyptischem Recht einer Art Untersuchungshaft gleich. Wir hoffen, dass damit der absolute Tiefpunkt der Krise erreicht ist und glauben nicht, dass die Situation eskaliert. Denn unsere Stiftung ist weder illegal im Land, noch hat sie unerlaubte Geldtransfers erhalten.

Wie werden sich diese Vorfälle Ihrer Einschätzung nach auf die deutsch-ägyptischen Beziehungen auswirken?

Ich denke, bei der KAS handelt es sich ja sicherlich nur um eine von vielen Organisationen, die im Rahmen der deutsch-ägyptischen Beziehungen vor Ort tätig sind. Aber die Art und Weise, wie gegen die KAS als deutsche Institution vorgegangen wurde, wirft einen tiefen Schatten auf die bislang gute Zusammenarbeit. Das könnte diese Beziehungen trüben und beeinträchtigen – falls sich das Verhalten der ägyptischen Behörden nicht ändert. Es wird sicher nicht leicht werden, danach wieder zur Tagesordnung überzugehen.

Was steckt Ihrer Meinung nach hinter diesem Misstrauen der ägyptischen Behörden gegenüber ausländischen Stiftungen?

Das lässt sich nicht auf einen einzigen Faktor reduzieren. Eine große Rolle spielt aber eine neue Nationalismus-Welle in Ägypten und den anderen Ländern, die nach dem Arabischen Frühling einen schwierigen Transformationsprozess durchmachen. Im schlimmsten Fall richtet sich dieser Nationalismus gegen ausländische Organisationen – und auf dieser Welle schwimmen gerade in innenpolitisch sehr fragilen Zeiten viele mit. Wir sehen im Moment noch keine gezielte Strategie hinter dem Vorgehen gegen ausländische Organisationen wie die unsere. Zumindest erschließt sich uns noch nicht, welche Absichten damit verfolgt werden.

Wie schätzen Sie die Menschenrechtssituation in Ägypten ein?

Im Moment finden in Ägypten auch viele Prozesse gegen unabhängige Blogger und Journalisten statt – das ist eine Entwicklung, die nachdenklich stimmt, gerade was den Umgang mit Menschenrechten betrifft. Ich glaube, dass Ägypten in einer Phase des sehr unübersichtlichen Übergangs ist. Man kann nicht genau sagen, dass es eine oder mehrere Institutionen gibt, die stark genug wären, um das Land stabil zu halten. Es wird sicherlich noch eine Zeit lang dauern – vermutlich bis zu den Präsidentschaftswahlen und oder der neuen Regierungsbildung – bis sich ein neuer Stabilitätsanker herauskristallisiert.

Folgt ein Jahr nach dem Arabischen Frühling eine neue Eiszeit?

Nein, das denke ich nicht. Es wäre ein Fehler, nach der Euphorie der Berichte über den Arabischen Frühling im vorigen Jahr jetzt schon wieder von einem "Arabischen Winter" zu sprechen. Die Entwicklungen verlaufen nicht in einer klaren Linie und vor allem nicht in allen Ländern einheitlich. Es war klar, dass nach der Euphorie des politischen Umbruchs der Gang durch die Ebene kommen musste. Ich denke, man muss Ländern wie Ägypten einfach noch Zeit geben, sie aber natürlich auch ganz klar an rechtstaatlichen und demokratischen Werten orientieren.

Das Interview führte Alexandra Scherle. Mit freundlicher Genehmigung des WDR.

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Thomas Birringer

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