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"Ein Europa, eine Stimme"

Gastkommentar von Dr. Hans-Gert Pöttering für das ZDF

Ein Europa, das die Frage nach einer EU-Telefonnummer überflüssig macht - das fordert der Vorsitzende der Konrad-Adenauer-Stiftung Dr. Hans-Gert Pöttering in einem Gastkommentar für das ZDF.

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Europas Krisen waren stets Keimzellen einer weiteren Vertiefung der europäischen Integration. Auch die gegenwärtige europäische Finanz- und Schuldenkrise ist für uns eine Chance, die Europäische Union zu einer politischen Union zu erweitern. Oberstes Ziel muss es dabei sein, das Bedürfnis der Menschen nach Sicherheit und Stabilität in einer zunehmend komplexeren Welt ernst zu nehmen und zu erfüllen.

Gemeinsame Wirtschaftsverfassung

In Zukunft brauchen wir einen Wirtschafts- und Währungsraum auf der Grundlage einer gemeinsamen Wirtschaftsverfassung nach dem Modell einer Europäischen Sozialen Marktwirtschaft. Konkret heißt das: Alle Mitgliedstaaten müssen sich zur Haushaltskonsolidierung und der Notwendigkeit von Strukturreformen bekennen. Ein weiteres Element ist der Fiskalpakt, der um eine gemeinsame Haushaltsaufsicht und mittelfristig um die Einsetzung eines europäischen Finanzministers mit Vetorecht gegenüber den nationalen Haushalten ergänzt werden muss.

Die EU muss solidarisch handeln, aber diese Solidarität ist nur möglich auf der Grundlage einer gemeinsamen Haushaltspolitik. Hierzu bedarf es einer gemeinsamen Bankenaufsicht. Und: Eine Verständigung über eine Politik der Geldwertstabilität ist erforderlich. Genau damit hat die EZB entscheidend zur heutigen Stärke des Euro beigetragen.

Diese Stabilität ist das Fundament für unsere Wettbewerbsfähigkeit und damit auch für Innovationen, die wir durch eine Vollendung des Binnenmarktes stärken können. Ich wünsche mir insbesondere für junge Arbeitnehmer wie für Studierende und Auszubildende in den Mitgliedstaaten der EU uneingeschränkte Mobilität. All diese Schritte hin zu mehr Integration, zu mehr Europa, können nur gelingen, wenn die EU die Sicherheit eines gemeinsamen Rechtsraums garantieren kann. Dieser wird aber nur bestehen können, wenn einer der Kerngedanken der europäischen Einigung, das Europa ohne Grenzen, nicht mehr in Frage gestellt wird. Eine Renationalisierung der Grenzkontrollen darf es nicht geben.

Mit einer Stimme sprechen

Zu meiner Vision für die Zukunft gehört, dass die EU auf der Grundlage von Werten international einheitlich handelt: Ein Europa, das in allen internationalen Organisationen mit einer Stimme spricht; ein Europa, das durch den Europäischen Auswärtigen Dienst die oft wiederholte Frage Henry Kissingers nach Europas Telefonnummer überflüssig macht; ein Europa, das über eine gemeinsame Außen- Sicherheits- und Verteidigungspolitik verfügt.

Gradmesser für die Stellung Europas in der Welt wird die Fähigkeit sein, Wohlstand und Frieden auch jenseits der eigenen Grenzen zu fördern. Ich wünsche mir deshalb ein Europa, das den schwierigen Weg der Länder der östlichen und südlichen Nachbarschaft hin zu mehr Demokratie und Rechtsstaatlichkeit unterstützt und ein Europa, das die Achtung der Menschenrechte überall auf der Welt einfordert.

Mehr Rechte für europäische Institutionen

Die Vertiefung der politischen Union braucht auch eine weitere Stärkung der demokratischen Legitimierung. Das Europäische Parlament und nationale Parlamente müssen eine zentrale Rolle bei der Kontrolle der Fiskalunion spielen. Ich hoffe auch, dass das Europäische Parlament bald das Recht zu Gesetzesinitiativen erhält. Für viele dieser Forderungen braucht es keine neue Verfassung, vieles ist auch mit dem Lissabon-Vertrag möglich. Das Entscheidende sind nicht allein die Vertragstexte, sondern der gemeinsame politische Wille und der Respekt voreinander.

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15. Mai 2012
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Hans-Gert Pöttering www.poettering.de

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Herausgeber

Konrad-Adenauer-Stiftung e.V.

erscheinungsort

Berlin Deutschland