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Zukunftsforum für die Beziehungen Marokko-EU

KAS startet neue Initiative für den Dialog

Sieben Jahre nach der 1995 auf der Mittelmeerkonferenz in Barcelona begründeten Euro-Mediterranen Partnerschaft verzeichnet der Dialog zwischen der Europäischen Union und den Anrainerstaaten in der Mittelmeerregion nur langsame Fortschritte.

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Bislang pendelte der politische Diskurs zwischen den Ländern nördlich und auch südlich des Mittelmeers zwischen Annäherung und Abgrenzung. Spätestens nach den Ereignissen des 11. September 2001 ist jedoch deutlich geworden, dass neben der Problematik der EU-Osterweiterung auch die Sicherung der Stabilität und Prosperität an der südlichen Grenze für die Zukunft Europas von existenzieller Wichtigkeit ist.

Die Beziehungen Marokkos zur Europäischen Union sind nicht einfach, dennoch für beide Partner von essentieller Bedeutung. So bedeutet doch die Nachbarschaft Marokko-EU zugleich die Bindungslinie zwischen zwei Kulturen, zwischen Europa und Afrika, zwischen Christentum und Islam, zwischen Erster und Dritter Welt. Marokko bekennt sich zu den Werten der Demokratie, des Pluralismus, der Toleranz, des Dialogs der Kulturen, und wünscht sich, langfristig zur europäischen Staatengemeinschaft mit dazu zugehören. Auf der anderen Seite bieten das angespannte Verhältnis zu Spanien, die Problematik der illegalen Einwanderung nach Europa, der Streit um Fischereirechte sowie Wirtschafts- und Handelsfragen genügend Gesprächsstoff, der im Rahmen des marokkanisch-europäischen Dialogs erörtert werden muss. Denn nur ein Dialog zwischen Partnern auf gleicher Augenhöhe kann akzeptable Lösungsentwürfe hervorbringen und positive Entwicklungen anstoßen. Seit zwei Jahren ist das Assoziierungsabkommen zwischen Marokko und der EU in Kraft, bis zum Jahr 2010 ist die Schaffung einer Freihandelszone vorgesehen. Dies setzt die marokkanische Wirtschaft, Gesellschaft und Politik vor enorme Herausforderungen.

Vor diesem Hintergrund veranstaltete die Konrad-Adenauer-Stiftung gemeinsam mit dem renommierten marokkanischen Think-Tank „lAssociation Ribat Al-Fath pour le développement durable“ am 7. und 8. Oktober 2002 in Rabat ein internationales Fachkolloquium über „Die neuen Herausforderungen der europäisch-marokkanischen Beziehungen“. Welche Bedeutung dieser Thematik in Marokko beigemessen wird, davon zeugte die Tatsache, das S. M. König Mohammed VI. persönlich die Schirmherrschaft über die Veranstaltung übernommen hat. Anwesend waren ca. 350 hochrangige Vertreter aus Politik, Wirtschaft und Gesellschaft Marokkos sowie des diplomatischen Corps.

Als prominenter Gastredner nahm Prof. Dr. Hans-Gert Pöttering, MdEP, Vorsitzender der EVP/DE-Fraktion im Europäischen Parlament und Vorstandsmitglied der Konrad-Adenauer-Stiftung, an der Eröffnungssitzung am 7. Oktober 2002 teil. Prof. Pöttering verwies auf die wichtige Mittlerposition, die Marokko im Rahmen des Barcelona-Prozesses spielt und würdigte dessen Offenheit, Toleranz und Dialogbereitschaft. Marokko habe seit Jahrzehnten einen wichtigen Beitrag dazu geleistet, einen ausgeglichenen außenpolitischen Kurs im Verhältnis zu den USA und zu Westeuropa einerseits und den arabisch-muslimischen Ländern anderseits einzuschlagen. Die Europäische Union dürfe jetzt nicht den Fehler begehen, angesichts der enormen Herausforderungen in Zusammenhang mit der bevorstehenden Osterweiterung die Beziehungen mit den Nachbarländern am Mittelmeer zu vernachlässigen. Aber auch Marokko sei aufgefordert, nachdem es jetzt mit der erfolgreichen Durchführung der Parlamentswahlen eine wichtige innenpolitische Herausforderung gemeistert habe, sich wieder verstärkt auf europäischen Themen zu richten. Hierzu gehöre auch, den Dialog mit Spanien wieder zu beleben und voran zu bringen.

Wichtige marokkanische politische Persönlichkeiten, wie der Palastsprecher Hassan Aourid, der Präsident von Ribat Al-Fath Abdelkrim Bennani und der Wirtschaftsberater des Königs ndré Azoulay, unterstrichen die Bedeutung der strategischen Wahl, die Marokko mit seiner Ausrichtung auf die Annäherung an die Europäische Union getroffen hat. Marokkos Zukunft liege in der Mittlerrolle zwischen Europa und Nordafrika, zwischen Christentum, Judentum und Islam, zwischen Okzident und Orient. Um dies erfüllen zu können, müssen die innenpolitischen Reformen im wirtschaftlichen, politischen und sozialen Bereich weiter vorangetrieben und zu einem erfolgreichen Abschluss gebracht werden.

Im wissenschaftlichen Teil des Fachkolloquiums am 8. Oktober wurden die einzelnen Themenbereiche der bilateralen Beziehungen Marokko-EU detailliert analysiert und diskutiert. Zahlreiche ungelöste Probleme sind bislang Ursache für den langsamen Fortschritt bei der Umsetzung der Vorgaben des Barcelona-Prozesses. Die Finanzmittel der EU-Programme MEDA I. und MEDA II. werden nur unzureichend abgerufen. Die im Assoziationsabkommen zwischen Marokko und der EU vorgesehene Schaffung einer Freihandelszone bis zum Jahr 2010 stellt Marokko vor enorme wirtschaftliche, soziale und politische Herausforderungen. Große Teile der marokkanischen Wirtschaft können der europäischen Konkurrenz nicht standhalten. Deshalb müsse insbesondere der Aufbau und die Förderung des Mittelstandes sowie eine weitere Privatisierung der Staatsbetriebe in Marokko forciert werden. Der Wegfall der Zolleinnahmen bedeutet enorme Belastungen für den Staatshaushalt. Gravierend ist das Fehlen eines regionalen Binnenmarktes: Während die nordafrikanischen Maghrebstaaten im Durchschnitt über 60 Prozent ihres Außenhandels mit der EU abwickeln, liegt der regionale Handel zwischen den Maghreb-Ländern unter 4 Prozent des Gesamthandelsvolumens. Marokko beklagt die Ausklammerung des Agrar- und Dienstleistungssektors aus dem Freihandelsabkommen, eben jenen Wirtschaftszweigen, wo marokkanische Anbieter auf dem europäischen Markt konkurrenzfähig sein könnten. Die derzeit angespannten Beziehungen zwischen Marokko und Spanien seien dem Dialog mit der EU nicht dienlich. Spanien sei für Marokko aus vielerlei Hinsicht ein Partner von strategischer Bedeutung: Spanien ist als direkter Nachbar für Marokko das Tor nach Europa, Spanien ist größter Investor und ein wichtiger Handelspartner, zugleich gewährt Spanien an Marokko die größte Wirtschaftshilfe unter den EU-Ländern.

Anhand der aufgelisteten Probleme wurde deutlich, dass zum einen die vorhandenen Probleme offen angegangen und zur Lösung gebracht werden müssen, zum anderen neue Visionen für die zukünftigen Beziehungen zwischen Marokko und der Europäische Union erforderlich sind. Die Teilnehmer des Kolloquiums waren sich darüber einig, dass Vordenker auf beiden Seiten aufgefordert sind, zukunftsorientierte Konzepte und Strategien in den Diskurs einzubringen. Das politische Startsignal dazu sei durch die Konferenz in Rabat gegeben worden.

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Dr. Helmut Reifeld

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Herausgeber

Konrad-Adenauer-Stiftung e.V.

erscheinungsort

Sankt Augustin Deutschland