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Zum 75. Geburtstag von Erzbischof Robert Zollitsch

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Am 9. August 2013 vollendet der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Erzbischof Robert Zollitsch, sein 75. Lebensjahr. Im Dialog mit der Politik fordert er, Entscheidungen an ethischen Grundsätzen auszurichten.

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Erzbischof Robert Zollitsch (Foto: Andreas Gerhardt/ Stabsstelle Kommunikation der Erzdiözese Freiburg)

Selbst für Eingeweihte kam diese Wahl überraschend: Als Robert Zollitsch im Juni 2003 zum Nachfolger des aus gesundheitlichen Gründen zurückgetretenen Freiburger Erzbischofs Oskar Saier gewählt wurde, hatte kaum jemand mit seiner Ernennung gerechnet. Erst spät, im Alter von 65 Jahren, wurde Zollitsch am 20. Juli 2003 zum Bischof geweiht. Zuvor hatte er zwanzig Jahre lang die Abteilung Seelsorge/Personal des Erzbistums Freiburg geleitet. In diesem Amt wie auch als Erzbischof setzt sich Zollitsch stets für das Miteinander von Haupt- und Ehrenamtlichen in der kirchlichen Arbeit ein. Den Priester sieht er als „Brückenbauer zwischen Gott und den Menschen“, um dieses Amt auszufüllen, sei „Kommunikationsfähigkeit gefragt“. Sein Wahlspruch als Bischof lautet „In fidei communione“ („In der Gemeinschaft des Glaubens“).

Geboren wurde Zollitsch am 9. August 1938 als „Volksdeutscher“ in Filipovo (Donauschwaben), im ehemaligen Jugoslawien. 1944 musste der 6-jährige miterleben, wie sein älterer Bruder von der Jugoslawischen Volksbefreiungsarmee ermordet wurde. Er selbst wurde mit einem Teil seiner Familie in ein Lager verschleppt. 1946 gelang der Familie Zollitsch die Flucht über Ungarn nach Deutschland. Sein Glaube, die Erfahrung, da sei „eine Macht, die mich trägt“, hat ihm, wie er später erzählte, in dieser Zeit geholfen und auch seinen Entschluss, Priester zu werden, beeinflusst.

Nachdem sie seit 1946 in Oberschüpf im Landkreis Tauberbischofsheim gelebt hatte, siedelte die Familie Zollitsch 1953 nach Mannheim-Rheinau um. 1960 legte Robert Zollitsch als Schüler des Studienheims St. Michael am Matthias-Grünewald-Gymnasium in Tauberbischofsheim die Reifeprüfung ab. Von 1960 bis 1964 studierte er als Priesteramtskandidat in Freiburg im Breisgau und München Philosophie und Katholische Theologie. Am 27. Mai 1965 wurde er durch Erzbischof Hermann Schäufele im Freiburger Münster zum Priester geweiht. Mit einer Arbeit über „Amt und Funktion des Priesters in den ersten zwei Jahrhunderten“ wurde er im März 1974 von der Theologischen Fakultät der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg zum Dr. theol. promoviert. Von 1974 bis zu seiner Berufung zum Personalreferenten des Erzbistums Freiburg 1984 leitete Zollitsch das Erzbischöfliche Theologische Konvikt Collegium Borromaeum in Freiburg. 1984 wurde er zum Domkapitular ernannt.

Nach seiner Weihe zum Erzbischof stieß Zollitsch neue pastorale Leitlinien für die Diözese an. Themen, für die er sich besonders engagiert, sind der Einsatz für die Ökumene und die Förderung des Priesternachwuchses.

Zollitschs Wahl zum Nachfolger des Mainzer Kardinal Lehmann als Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz im Februar 2008 erfolgte wiederum für viele überraschend. In der Öffentlichkeit wurde die Wahl als Zeichen der Kontinuität gedeutet. Wie sein Amtsvorgänger gilt Zollitsch als eher liberal und Mann des Dialogs. Schlagzeilen provozierte er kurz nach seiner Ernennung, als er sich mit Blick auf das Reizthema „Zölibat“ in einem Interview mit dem Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“ gegen „Denkverbote“ aussprach. Theologisch sei der Zölibat „nicht notwendig“.

Zur größten Herausforderung Zollitschs als Vorsitzender der Bischofskonferenz gehört der Missbrauchsskandal. Im Frühjahr 2010 entschuldigte er sich bei den Opfern und er gestand Fehler der Kirche im Umgang mit den Betroffenen ein. „Heute wird uns bewusst, dass in einer anderen gesellschaftlichen Situation durch die Enttäuschung über das schmerzliche Versagen der Täter und aus falsch verstandener Sorge um das Ansehen der Kirche der helfende Blick für die Opfer nicht genügend gegeben war.“ Als Konsequenz aus dem Missbrauchsskandal verabschiedete die Bischofskonferenz am 31. August 2010 neue „Leitlinien für den Umgang mit sexuellem Missbrauch Minderjähriger durch Kleriker, Ordensangehörige und andere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Bereich der Deutschen Bischofskonferenz“. Einen „Runden Tisch“ zur Aufarbeitung des sexuellen Missbrauchs durch Geistliche lehnte Zollitsch ab. Sexueller Missbrauch von Kindern sei „kein spezifisches Problem der Katholischen Kirche“.

Ein besonderer Höhepunkt in Zollitschs Amtszeit als Vorsitzender der Bischofskonferenz war der Besuch Papst Benedikt XVI. in Deutschland im September 2011. Die Rede des Papstes vor dem Deutschen Bundestag am 22. September 2011 nannte er „historisch“. Von den Abgeordneten hatte er im Vorfeld verlangt, den Besuch durch ihre Anwesenheit zu würdigen: „Die demokratische Grundeinstellung unserer Abgeordneten wird sich an deren Präsenz im Bundestag während der Rede zeigen.“

Zu gesellschaftspolitischen Fragen äußert sich Zollitsch häufig. In einem Beitrag für „Die Politische Meinung“ betonte er im Mai 2010, neben Sachkompetenz brauche es „ein ethisch geprägtes Bewusstsein der handelnden Politiker“. Grundlegend für ein christlich fundiertes Politikverständnis sei das Verständnis vom Menschen als Ebenbild Gottes und Träger einer unveräußerlichen Würde. Zuletzt äußerte Zollitsch im Juli 2013 nach dem Tod zweier rumänischer Arbeiter in Papenburg scharfe Kritik am Umgang der deutschen Wirtschaft mit Arbeitern aus Osteuropa. „Im Souterrain des deutschen Arbeitsmarktes“ hätten sich „unhaltbare Zustände ausgebreitet“.

Zollitschs Amtszeit als Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz endet im Februar 2014. Wegen seines Alters kann er nicht erneut kandidieren. Zu seinem 75. Geburtstag wird er dem Papst, wie im Kirchenrecht vorgesehen, seinen Rücktritt anbieten. Es gilt jedoch als sicher, dass er zumindest bis zum Ende seiner Amtszeit als Vorsitzender der Bischofskonferenz im Amt bleiben wird.

Besonders am Herzen liegt Zollitsch die Initiative „Glaube – Erinnerung – Zukunft“. Im serbischen Geburtsort des Bischofs errichtet die Initiative eine Begegnungsstätte für junge Menschen, um den Weg für eine internationale Gesinnung und ein friedfertiges Europa im Geist des Evangeliums zu bereiten.

Christine Bach / Markus Lingen

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Die Politische Meinung
1. Mai 2010
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