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Kalendarium zum Jahr des Mauerfalls 1989

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3. Januar 1989

Bilanz der Zentralen Erfassungsstelle für das Jahr 1988

Die Zentrale Erfassungsstelle Salzgitter ist der Ort, an dem das in der DDR begangene Unrecht systematisch erfasst wird. Sie teilt mit, dass sie im Vorjahr 1.232 Gewaltakte in der DDR registriert hat.

19. Januar 1989

Erich Honecker zur Mauer

Erich Honecker, Generalsekretär des Zentralkomitees der SED und Staatsratsvorsitzender der DDR, erklärt auf einer Tagung des Thomas-Müntzer-Komitees zum Mauerbau: „Mit dem Bau des antifaschistischen Schutzwalls im Jahre 1961 wurde die Lage in Europa stabilisiert, der Frieden gerettet. (…) die Mauer wird (…) so lange bleiben, wie die Bedingungen nicht geändert werden, die zu ihrer Errichtung geführt haben. Sie wird in 50 und auch in 100 Jahren noch bestehen bleiben, wenn die dazu vorhandenen Gründe noch nicht beseitigt sind. Das ist schon erforderlich, um unsere Republik vor Räubern zu schützen, ganz zu schweigen vor denen, die gern bereit sind, Stabilität und Frieden in Europa zu stören.“

5./6. Februar 1989

Letzte Todesschüsse an der Mauer

Chris Gueffroy und Christian Gaudian, beide Jahrgang 1968, werden bei ihrem Versuch, in der Nacht nach West-Berlin zu fliehen, von Grenzposten der DDR unter Beschuss genommen. Eine Kugel trifft Gueffroy in den Fuß, eine weitere durchschießt sein Herz. Gaudian erleidet einen Fußdurchschuss und wird festgenommen. Das Stadtbezirksgericht Berlin-Pankow verurteilt ihn im Mai 1989 wegen versuchten ungesetzlichen Grenzübertritts im schweren Fall zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren. Einen schweren Fall erkennt das Gericht darin, dass bei der Flucht ein Wurfanker verwendet wurde (durch den die Sicherungsmaßnahmen an der Grenze hätten beeinträchtigt werden können) und dass der Fluchtversuch zu zweit begangen wurde. Die beteiligten Grenzsoldaten erhalten, wie üblich, Medaillen und Geldprämien.

2. Mai 1989

Abbau der österreichisch-ungarischen Grenze

Ungarn und Österreich beginnen mit dem Abbau der Grenzbefestigungen zwischen beiden Ländern. Obgleich die Grenzkontrollen beibehalten werden, beginnen DDR-Bürger, die sich in Ungarn aufhalten, die Grenze nach Österreich illegal zu überschreiten. Der „Eiserne Vorhang“ in Europa hat nun ein Loch. Dies ist der Auftakt zu einer massenhaften Flucht aus der DDR.

7. Mai 1989

Fälschung der Kommunalwahlen in der DDR

Die Kommunalwahlen in der DDR sind die letzten unfreien, nicht geheimen Wahlen nach der Einheitsliste, zu der der Wähler keine Alternative hat (der Volksmund spricht vom „Zettelfalten“). Mitglieder von Oppositionsgruppen und andere Bürger, die die Auszählung in den Wahllokalen überwachen, weisen Ergebnismanipulationen nach: Das vom Vorsitzenden der Wahlkommission, Egon Krenz, verkündete Resultat – 98,85 Prozent Ja-Stimmen für die Einheitsliste bei 98,77 Prozent Wahlbeteiligung.

8. Juni 1989

Reaktion der Volkskammer auf das Massaker in Peking

Nachdem im Frühjahr über mehrere Wochen friedliche Proteste chinesischer Studenten für Demokratie und Meinungsfreiheit auf dem Platz des Himmlischen Friedens (Tiananmen) geduldet worden waren, wird Ende Mai 1989 über Peking der Ausnahmezustand verhängt. Das Militär geht am 4. Juni 1989 rücksichtslos gegen die Demonstranten vor. Nach offiziellen chinesischen Angaben kommen dabei 300 Menschen ums Leben, unabhängige Quellen gehen von mehreren Tausend Toten aus. Die Zahl der Verletzten geht in die Tausende. Es folgt eine Welle von Repressionen. „Provokateure“ werden zu langen Haftstrafen verurteilt oder hingerichtet. Die Volkskammer der DDR wertet die friedlichen Proteste der Studenten als Konterrevolution und übermittelt der chinesischen Staats- und Parteiführung „solidarische Grüße“.

13. Juni 1989

Gemeinsame Erklärung Helmut Kohl/Michail Gorbatschow

Der Generalsekretär der KPdSU, Michail Gorbatschow, besucht die Bundesrepublik. In einer von ihm und Bundeskanzler Helmut Kohl (CDU) unterzeichneten „Gemeinsamen Erklärung“ heißt es: „Das Recht aller Völker und Staaten, ihr Schicksal frei zu bestimmen und ihre Beziehungen zueinander auf der Grundlage des Völkerrechts souverän zu gestalten, muß sichergestellt werden. Der Vorrang des Völkerrechts in der inneren und internationalen Politik muß gewährleistet werden.“ Zum ersten Mal seit Ende des Zweiten Weltkriegs erkennt ein sowjetischer Führer das Recht der Deutschen auf Selbstbestimmung an.

7./8. Juli 1989

Kommuniqué des Warschauer Pakts

Der Politische Beratende Ausschuss der Warschauer Vertragsorganisation (inoffiziell: Warschauer Pakt) verabschiedet auf seiner Tagung in Bukarest ein Kommuniqué, in dem der politischen Führung jedes Landes im Einflussbereich der Sowjetunion eigene Gestaltungsspielräume eingeräumt werden. Erstmals widerruft ein offizielles Dokument des Warschauer Pakts die „Breschnew-Doktrin“ der begrenzten Souveränität von Staaten des Ostblocks. Bei Abweichungen vom Kurs Moskaus droht künftig nicht mehr eine militärische Intervention nach dem Vorbild der Niederschlagung des „Prager Frühlings“ 1968.

8. August 1989

Botschaftsbesetzungen

Die Ständige Vertretung der Bundesrepublik Deutschland in Ost-Berlin muss für den Publikumsverkehr geschlossen werden, nachdem sich 130 DDR-Bürger dorthin geflüchtet haben, um ihre Ausreise zu erzwingen. Aus dem gleichen Grund werden die bundesdeutschen Botschaften in Budapest (13. August) und Prag (22. August) geschlossen.

14. August 1989

Erich Honecker zum Sozialismus in seinem Lauf

Die Präsentation der ersten Funktionsmuster von in der DDR gefertigten 32-bit-Mikroprozessoren nimmt der Staatsratsvorsitzende der DDR und SED-Generalsekretär Erich Honecker als Beweis dafür, „daß das Triumphgeschrei westlicher Medien über das ‚Scheitern der sozialistischen Gesellschaftskonzeption‘ nicht das Geld wert ist, das dafür ausgegeben wird. Den Sozialismus in seinem Lauf hält weder Ochs noch Esel auf.“ In der westlichen Welt werden 32-bit-Mikroprozessoren bereits seit Anfang der 1980er Jahre industriell gefertigt. In Wahrheit demonstriert die DDR nicht ihren Fortschritt, sondern ihren Rückstand auf dem Gebiet der Mikrotechnologie. Kein Wort verliert Honecker über die Fluchtwelle aus der DDR, die sein Regime in eine immer tiefere Krise stürzt.

19. August 1989

„Paneuropäisches Picknick“

Mehr als 600 DDR-Bürger nutzen das „Paneuropäische Picknick“, bei dem für einige Stunden bei Sopron in Ungarn die Grenze zu Österreich geöffnet wird, zur Flucht in den Westen. Am 24. August gewährt Ungarn den mehr als einhundert DDR-Bürgern, die in der bundesdeutschen Botschaft in Budapest festsitzen, die Ausreise nach Österreich. Österreich hebt am 31. August einseitig die Visumspflicht für DDR-Bürger auf. Im gesamten August flüchten rund 3.000 DDR-Bürger über die „grüne Grenze“ zwischen Ungarn und Österreich.

4. September 1989

Proteste in Leipzig

Vor der Nikolaikirche in Leipzig, die zu einem Sammelpunkt für ausreisewillige DDR-Bürger geworden ist, kommt es im Anschluss an ein Friedensgebet (das in der Nikolaikirche seit 1982 regelmäßig stattfindet) zu einer Menschenansammlung, die sich ein kurzes Stück vorwärts bewegt und gestoppt wird. Dabei werden die Transparente „Für ein offenes Land mit freien Menschen!“ und „Reisefreiheit statt Massenflucht!“ hochgehalten und nach wenigen Sekunden von Mitarbeitern der Staatssicherheit heruntergerissen. Es ertönen Sprechchöre: „Nehmt uns mit in die Bundesrepublik!“ Und: „Wir wollen raus!“ Die Ansammlung löst sich auf; an den beiden kommenden Montagen (11. und 19. September) greifen die Sicherheitskräfte härter gegen die Menschenmenge durch und nehmen zahlreiche „Zuführungen“ (kurzzeitige Verhaftungen) vor. Am 11. September ist erstmals der Sprechchor der Gegenbewegung zu den Ausreisewilligen zu hören: „Wir bleiben hier!“

10. September 1989

Grenzöffnung für DDR-Bürger in Ungarn

Ungarn kündigt an, seine Grenzen zu Österreich ab dem 11. September 1989 auch für Bürger aus der DDR zu öffnen. Die etwa 7.000 DDR-Bürger, die in Flüchtlingslagern am Balaton (Plattensee) ausharren, können Ungarn in Richtung Westen verlassen. Über Ungarn ist DDR-Bürgern nun auch die legale Ausreise in den Westen möglich.

10. September 1989

Brief aus Weimar

In Thüringen verfassen vier Mitglieder der Ost-CDU, die zugleich der Kirche angehören, den „Brief aus Weimar“. Der Brief wendet sich an die Mitglieder und Vorstände der CDU in der DDR und fordert die Erneuerung der Ost-CDU und gesellschaftliche Reformen in der DDR.

10. September 1989

Gründungsaufruf des Neuen Forum

Das „Neue Forum“ wird am 9./10. September 1989 gegründet. Das Neue Forum entwickelt sich zum Sammelbecken für alle, die Veränderungen in der DDR befürworten, unabhängig von der Richtung der Reformen. Dazu trägt der offen formulierte Gründungsaufruf bei. In dem Maße, in dem sich die Forderungen ausweiten und das politische Spektrum differenziert, verliert das Neue Forum an Mitgliedern und Sympathisanten. Diese wandern zu neuen Parteien und Bewegungen oder reformierten alten Parteien ab.

25. September 1989

Montagsdemonstration in Leipzig

Nach dem Friedensgebet in der Nikolaikirche in Leipzig formieren sich einige Tausend Menschen zu einer Demonstration, die sich am Ende selbst auflöst. Die erste Montagsdemonstration begründet eine Leipziger Tradition.

30. September 1989

Abschiebung von DDR-Flüchtlingen in die Bundesrepublik

Die SED-Führung stimmt zu, dass in der Nacht auf den 1. Oktober 1989 die ausreisewilligen DDR-Bürger, die sich in die bundesdeutschen Botschaften in Prag und Warschau geflüchtet haben, in die Bundesrepublik ausreisen. Damit die DDR dies als Ausweisung darstellen kann, müssen sie mit Zügen der Deutschen Reichsbahn über das Territorium der DDR fahren. Im Vorfeld des 40. Jahrestages der DDR am 7. Oktober 1989 hofft die SED-Führung vergeblich, sich durch diese Aktion des Ausreiseproblems zu entledigen.

1. Oktober 1989

Gründung Demokratischer Aufbruch (DA)

In Ost-Berlin wird die Bürgerrechtsbewegung „Demokratischer Aufbruch – sozial – ökologisch“ (DA) gegründet. Der DA ist später Partner in der „Allianz für Deutschland“.

2. Oktober 1989

SED zur Abschiebung von Flüchtlingen aus der DDR

Im „Neuen Deutschland“ erscheint ein Kommentar der staatlichen Nachrichtenagentur ADN zur Abschiebung der DDR-Flüchtlinge aus den bundesdeutschen Botschaften in Prag und Warschau, der über die Ausreisenden urteilt: „Sie alle haben durch ihr Verhalten die moralischen Werte mit Füßen getreten und sich selbst aus unserer Gesellschaft ausgegrenzt. Man sollte ihnen deshalb keine Träne nachweinen.“ Später wird bekannt, dass SED-Generalsekretär Erich Honecker letzteren Satz persönlich in den Kommentar hineinredigiert hat.

4. Oktober 1989

Aufruhr in Dresden

Die DDR-Führung gestattet erneut die Ausreise von DDR-Bürgern, die sich in die bundesdeutsche Botschaft in Prag geflüchtet hatten. Auch sie werden mit Zügen über die DDR in die Bundesrepublik gebracht. Ferner wird am 3. Oktober 1989 der pass- und visafreie Verkehr zwischen der DDR und der Tschechoslowakei eingestellt. Daraufhin sammeln sich am 4. Oktober am Hauptbahnhof Dresden Tausende Menschen: Reisende, Ausreisewillige, die auf die durchfahrenden Züge aufspringen wollen, und Schaulustige. Die Ausreisewilligen rufen: „Stasi raus!“, „Wir wollen raus!“ und „Freiheit!“. Es kommt zu schweren Zusammenstößen zwischen Sicherheitskräften, die Wasserwerfer und Tränengas einsetzen, und Demonstranten, die sich zum Teil mit Brandflaschen und Pflastersteinen bewaffnen. Auf beiden Seiten gibt es Verletzte, das Bahnhofsgebäude wird demoliert. Vom 3. bis 9. Oktober 1989 werden in Dresden etwa 1.300 Personen festgenommen; wie später in Ost-Berlin kommt es zu Misshandlungen von Inhaftierten. Unter dem Eindruck vom 4. Oktober 1989 wandeln sich bis zum 8. Oktober 1989 die Demonstrationen in Dresden: Zum einen werden die Ausreisewilligen von denjenigen verdrängt, die in der DDR bleiben und hier für Veränderungen eintreten wollen, zum anderen setzten sie auf strikt friedliche Proteste („Keine Gewalt!“).

7. Oktober 1989

40. Jahrestag der DDR

In Ost-Berlin feiert die Staatsführung den 40. Jahrestag der DDR im Palast der Republik. Aus Protest gegen die gefälschte Kommunalwahl vom 7. Mai 1989 versammeln sich auf dem Alexanderplatz zahlreiche Demonstranten, die sich zu einem spontanen, friedlichen Zug zum Palast der Republik formieren. Sicherheitskräfte drängen die Menge in Richtung Prenzlauer Berg ab und gehen brutal gegen sie vor. Am selben Abend findet in der Gethsemane-Kirche eine spontane Fürbittandacht für die im Stadtzentrum Verhafteten statt. Nachdem der Bereich um die Kirche abgeriegelt worden ist, kommt es zu Übergriffen der Sicherheitskräfte gegen Teilnehmer der Andacht, als diese das Kirchgelände verlassen. Am 8. Oktober wiederholen sich die Vorgänge um die Gethsemane-Kirche. An beiden Tagen werden insgesamt mehr als 1.000 Personen verhaftet. Sie werden schikaniert, meistenteils unter menschenunwürdigen Bedingungen eingesperrt, zum Teil körperlich und seelisch gefoltert. Die Jubelfeiern im Palast der Republik vermögen nicht darüber hinwegzutäuschen, dass sich die DDR in ihrer schwersten Krise seit dem Aufstand vom 17. Juni 1953 befindet.

7. Oktober 1989

Erste Demonstration in Plauen/Vogtland

Erste Demonstration in Plauen/Vogtland. Dabei ertönt bereits der Sprechchor: „Deutschland!“ Auf Befehl des Einsatzleiters der Volkspolizei werden Tanklöschfahrzeuge der Feuerwehr als Wasserwerfer gegen Demonstranten eingesetzt. Es handelt sich um die erste Massendemonstration in der Provinz. Abgesehen von Leipzig wird in keiner anderen Stadt so regelmäßig demonstriert wie in Plauen. Zwischen dem 7. Oktober 1989 und dem 17. März 1990 finden 22 Demonstrationen statt, die nur selten weniger als 10.000 Teilnehmer haben (Plauen hat damals etwa 73.000 Einwohner).

8. Oktober 1989

Dresden: Dialog statt Gewalt

Nach bürgerkriegsähnlichen Zuständen in den ersten Oktober-Tagen werden am Abend des 8. Oktober in Dresden ca. 1.000 Demonstranten von Sicherheitskräften eingekesselt. Es ertönen Sprechchöre: „Wir bleiben hier, Reformen w ollen wir“ und „Wir sind das Volk“. Spontan und von den Demonstranten akklamiert bildet sich unter Führung zweier Kirchenleute eine „Gruppe der 20“, die am nächsten Tag ein Gespräch mit dem Oberbürgermeister führen will. Vorausgegangen sind Verhandlungen anderer Kirchenvertreter mit Oberbürgermeister Wolfgang Berghofer (SED) über die Auflösung des Kessels. Berghofer sagt zu, eine Abordnung der Demonstranten zu empfangen, nachdem sich der 1. Sekretär der SED-Bezirksleitung, Hans Modrow, entschlossen hat, der Dialog-Forderung nachzugeben (die Bezirksverwaltung der Staatssicherheit wollte die Demonstranten notfalls mit Gewalt auseinandertreiben). Die Ansammlung löst sich von selbst auf. Am 9. Oktober findet das erste Dialoggespräch zwischen Oberbürgermeister Berghofer und der „Gruppe der 20“ statt. Dresden ist die erste Stadt in der DDR, in der es zu einem friedlichen Dialog zwischen Staatsmacht und systemkritischen Vertretern des Volkes kommt.

9. Oktober 1989

Demonstrationen in Leipzig

Nachdem die Montagsdemonstration am 2. Oktober 1989 (Schätzungen reichen von 8.000 bis zu 25.000 Teilnehmern) von Sicherheitskräften unter Einsatz von Schlagstöcken aufgelöst worden ist, deuten alle Anzeichen darauf hin, dass die Staatsmacht sich auf eine blutige Niederschlagung von Protesten am 9. Oktober vorbereitet. Doch am Abend bleibt der Zug von etwa 70.000 Menschen, die erstmals rund um die gesamte Innenstadt marschieren, friedlich. Die Sicherheitskräfte schreiten nicht ein, auch von den Demonstranten geht keine Gewalt aus. Sie skandieren: „Wir sind das Volk!“ Ein Transparent wird mitgeführt, dessen Parole auch als Sprechchor zu hören ist: „Freie Wahlen!“.

16. Oktober 1989

Demonstrationen in Leipzig, Waren/Müritz, Neubrandenburg, Greifswald, Rostock, Anklam

An der Montagsdemonstration in Leipzig nehmen erstmals mehr als 100.000 Menschen teil. Zugleich erreicht die vom Süden ausgehende Demonstrationswelle den Norden: In Waren/Müritz formiert sich der erste größere Demonstrationszug in den drei Nordbezirken der DDR. Es folgen erste Demonstrationen in Neubrandenburg und Greifswald (18. Oktober), Rostock (19. Oktober) und Anklam (20. Oktober).

17. Oktober 1989

Absetzung Erich Honeckers

Im Politbüro der SED wird Erich Honecker als Generalsekretär abgesetzt. Honecker interpretiert die Umbrüche in Osteuropa als „Konterrevolution“, die sich „nach einer internationalen Regie“ vollzogen hätte.

18. Oktober 1989

Einsetzung von Egon Krenz ins Parteiamt

Die 9. Tagung des Zentralkomitees der SED entbindet Erich Honecker von der Funktion des Generalsekretärs und wählt Egon Krenz in dieses Amt. Krenz ist durch seine Rolle bei den gefälschten Kommunalwahlen und durch seine Kommentierung des Massakers auf dem Platz des Himmlischen Friedens in Peking in der Bevölkerung diskreditiert. In seiner Antrittsrede kündigt er an, eine „Wende“ einleiten zu wollen. Die – in der Verfassung der DDR verankerte – Führungsrolle der SED und der Sozialismus sollen weiter bestehen bleiben. So beinhaltet die von Krenz proklamierte „Wende“ nur einen Personalwechsel und die Ablehnung von Gewalt gegen Demonstranten. Sie steht für Kontinuität und die Bewahrung des herrschenden Systems, nicht für die von den Demonstranten geforderte fundamentale Erneuerung, und ist insbesondere eine Absage an eine Wiedervereinigung.

24. Oktober 1989

Einsetzung von Egon Krenz in Staatsämter

Die nicht demokratisch legitimierte Volkskammer wählt Egon Krenz zum Vorsitzenden des Staatsrates und zum Vorsitzenden des Nationalen Verteidigungsrates. Obwohl Krenz eine „Wende“ einzuleiten vorgibt, will er als SED-Generalsekretär, wie sein Vorgänger Erich Honecker, auch zwei der höchsten Staatsämter übernehmen. Bei der offenen „Wahl“ sind in der Volkskammer erstmals seit 1972 wieder Gegenstimmen (26 bzw. 8) und Enthaltungen (26 bzw. 17) zu verzeichnen.

27. Oktober 1989

„Wir sind ein Volk!“

In Auerbach/Vogtland werden Plakate mit der Aufschrift „Wir sind ein Volk!“ gesichtet. Schon vor dem Mauerfall ist in der DDR die Forderung nach einer Wiedervereinigung vorhanden, wenngleich sie in dieser Zeit noch selten offen artikuliert wird.

31. Oktober 1989

„Schürer-Papier“

Dem Politbüro der SED liegt eine „Analyse der ökonomischen Lage der DDR mit Schlußfolgerungen“ („Schürer-Papier“) vor, das von einer Arbeitsgruppe erstellt worden ist. Gerhard Schürer wurde als Vorsitzender der Staatlichen Plankommission am 24. Oktober vom Politbüro, das an diesem Tag erstmals unter Leitung von Egon Krenz tagte, beauftragt, die wirtschaftliche Situation in der DDR ungeschminkt darzustellen. Das „Schürer-Papier“ stellt u.a. eine rückständige Arbeitsproduktivität, einen hohen Verschleißgrad in Industrie und Infrastruktur und die hohe Verschuldung der DDR fest: „Allein ein Stoppen der Verschuldung (im Nichtsozialistischen Wirtschaftsgebiet – die Redaktion) würde im Jahre 1990 eine Senkung des Lebensstandards um 25-30 % erfordern und die DDR unregierbar machen. Selbst wenn das der Bevölkerung zugemutet würde, ist das erforderliche exportfähige Endprodukt in dieser Größenordnung nicht aufzubringen.“

4. November 1989

Massendemonstration in Ost-Berlin

Mindestens eine halbe Million Menschen (andere Schätzungen reichen bis zu einer Million) beteiligen sich in Ost-Berlin an der größten Demonstration in der Geschichte der DDR. Sie ist nicht von der SED organisiert, aber offiziell angemeldet und durch die Behörden genehmigt worden. Vom DDR-Fernsehen live übertragen, ergreifen bei der Kundgebung auf dem Alexanderplatz Künstler sowie Vertreter der alten und neuen Parteien bzw. Gruppierungen das Wort.

6. November 1989

Montagsdemonstration in Leipzig

An der Leipziger Montagsdemonstration beteiligen sich etwa 500.000 Menschen.

9. November 1989

Öffnung der innerdeutschen Grenzen (Mauerfall)

Am Abend informiert Günter Schabowski, Mitglied des Politbüros der SED, auf einer Pressekonferenz in Ost-Berlin beiläufig über eine neue Reiseregelung, die jedem DDR-Bürger Privatreisen ins Ausland sowie die ständige Ausreise aus der DDR ohne besondere Voraussetzungen ermöglichen soll. Auf die Frage eines italienischen Journalisten, wann dies in Kraft trete, blättert Schabowski verunsichert in seinen Papieren und antwortet: „Das tritt nach meiner Kenntnis … ist das sofort, unverzüglich.“ Dabei soll die Regelung erst am nächsten Tag in Kraft treten. Sie ist mit einer Sperrfrist belegt, weshalb sämtliche Grenzposten in der DDR noch nicht im Bilde darüber sind. Im Laufe der Nacht werden unter dem Ansturm von DDR-Bürgern Grenzübergänge nach West-Berlin und zur Bundesrepublik geöffnet und von schier endlosen Kolonnen von Menschen durchschritten, viele haben Tränen in den Augen.

10. November 1989

Helmut Kohl zum Mauerfall

Bundeskanzler Helmut Kohl (CDU) wiederholt seine Bereitschaft, einen Reformprozess in der DDR zu unterstützen. „Und so will ich allen in der DDR zurufen: Ihr steht nicht allein! Wir stehen an Eurer Seite! Wir sind und bleiben eine Nation, und wir gehören zusammen!“ Kohl dankt den USA, Großbritannien und Frankreich für deren „Unterstützung und Solidarität“, die für den freien Teil Berlins in den vergangenen Jahrzehnten existenziell gewesen sei. Respekt zollt Kohl Generalsekretär Gorbatschow und verweist auf die Gemeinsame Erklärung vom 13. Juni 1989. „Das Recht auf Selbstbestimmung ist ein Grundrecht des Menschen und der Völker. Wir fordern dieses Recht für alle in Europa. Wir fordern es für alle Deutschen.“ Kohl schließt mit den Worten: „Es geht um Deutschland, es geht um Einigkeit und Recht und Freiheit. Es lebe ein freies deutsches Vaterland! Es lebe ein freies, einiges Europa!“

13. November 1989

Wahl Hans Modrows zum Ministerpräsidenten

Nachdem der Ministerrat der DDR am 7. November 1989 geschlossen zurückgetreten ist, wählt die Volkskammer – in ihrer alten, nicht demokratisch legitimierten Zusammensetzung – Hans Modrow, bisher 1. Sekretär der SED-Bezirksleitung Dresden, zum neuen Vorsitzenden des Ministerrates. Waren bei der „Wahl“ von Egon Krenz zum Vorsitzenden des Staatsrates und des Nationalen Verteidigungsrates am 24. Oktober 1989 noch einige Gegenstimmen und Enthaltungen zu verzeichnen, so wird Modrow in offener Wahl bei nur einer Gegenstimme und ohne Enthaltungen ins Amt gehoben.

13. November 1989

Montagsdemonstration in Leipzig

An der Montagsdemonstration in Leipzig – der ersten nach dem Mauerfall – beteiligen sich etwa 150.000 Menschen. Es ertönt der Sprechchor „Deutschland, einig Vaterland“ – ein Vers aus der DDR-Nationalhymne (Text: Johannes R. Becher), deren Text seit Anfang der 1970er Jahre offiziell nicht mehr gesungen wird. Die Menschen in der DDR erwarten von der Politik in der DDR eine dreifache Umkehr: von der Planwirtschaft zur Marktwirtschaft, vom Zentralismus zum Föderalismus, von der Zweistaatlichkeit zur Wiedervereinigung.

17. November 1989

Regierungserklärung Hans Modrows

Der Vorsitzende des Ministerrates, Hans Modrow (SED), kündigt in seiner Regierungserklärung vor der Volkskammer Reformen an und lehnt eine Wiedervereinigung ab. Er schlägt stattdessen für die Zusammenarbeit mit der Bundesregierung eine „Vertragsgemeinschaft“ vor. Seine Absage an eine Wiedervereinigung beschwört den Unmut der Straße herauf. Noch am 17. November 1989 ertönt in Auerbach/Vogtland der Sprechchor: „Volkskammer weg!“ Drei Tage später ist auf der ersten Leipziger Montagsdemonstration nach Modrows Regierungserklärung ein Transparent zu sehen mit der Aufschrift: „Neue Volkskammer!“

26. November 1989

Aufruf „Für unser Land“

In Ost-Berlin wird der Aufruf „Für unser Land“ unterzeichnet, der davor warnt, dass „ein Ausverkauf unserer materiellen und moralischen Werte beginnt und über kurz oder lang die Deutsche Demokratische Republik durch die Bundesrepublik Deutschland vereinnahmt wird.“ Stattdessen soll die DDR die Chance nutzen, „in gleichberechtigter Nachbarschaft zu allen Staaten Europas eine sozialistische Alternative zur Bundesrepublik zu entwickeln.“ Zu den Erstunterzeichnern zählen Friedrich Schorlemmer, Stefan Heym, Christa Wolf und Konrad Weiß (allerdings rückte Konrad Weiß von seiner Unterschrift bald ab; ein wesentlich von ihm inspirierter „Dreistufenplan der nationalen Einigung“ wurde von der Bürgerrechtsbewegung „Demokratie Jetzt“ Mitte Dezember 1989 präsentiert); später unterzeichnen auch SED-Generalsekretär Egon Krenz und Ministerpräsident Hans Modrow (SED) den Aufruf, nicht aber der CDU-Vorsitzende Lothar de Maizière. Der Aufruf wird am 28. November öffentlich vorgestellt und wirkt wie ein Gegenentwurf zum Zehn-Punkte-Programm, das Bundeskanzler Helmut Kohl (CDU) am selben Tag präsentiert.

28. November 1989

Helmut Kohl stellt Zehn-Punkte-Programm vor

Am Vormittag präsentiert Bundeskanzler Helmut Kohl (CDU) während einer Haushaltsdebatte im Bundestag sein „Zehn-Punkte-Programm zur Überwindung der Teilung Deutschlands und Europas“. Das Programm formuliert als politisches Ziel der Bundesregierung „die Wiedervereinigung, d. h. die Wiedergewinnung der staatlichen Einheit Deutschlands“.

Dazu will sie auf einen „Zustand des Friedens in Europa“ hinwirken, „in dem das deutsche Volk in freier Selbstbestimmung seine Einheit wiedererlangen kann“. Für den Weg dorthin zeigt das Programm einerseits mögliche Stufen auf: Sie führen von Sofortmaßnahmen über die Ausweitung der Zusammenarbeit mit der DDR auf allen Gebieten und eine Vertragsgemeinschaft bis zur Errichtung konföderativer Strukturen zwischen beiden deutschen Staaten mit dem Ziel einer Föderation, einer bundesstaatlichen Ordnung. Andererseits versucht das Programm, diesen Prozess nach allen Seiten abzufedern: Es fordert einen Wandel in der DDR (politisch: Zulassung von Opposition, Aufhebung des Machtmonopols der SED, freie und geheime Wahlen, Rechtsstaatlichkeit; wirtschaftlich: Hilfe nur bei einem Abbau der Planwirtschaft nach dem Vorbild Ungarns oder Polens), eine Ausweitung und Vertiefung des europäischen Integrationsprozesses (inklusive einer Öffnung gegenüber Osteuropa) und des KSZE-Prozesses sowie eine Verstärkung der Abrüstung bzw. Rüstungskontrolle. Das Programm beinhaltet bewusst keinen Zeitplan. Gemessen an früheren Erklärungen der NATO, der EG und der Bundesregierung unter Helmut Kohl steht das Programm inhaltlich im Zeichen von Kontinuität. Seine Wirkung entfaltet es über die Bündelung zu einem Gesamtpaket und über die Tatsache, dass es – aus Angst vor Indiskretionen und einem „Zerreden“ – ohne vorherige Konsultationen oder Ankündigungen präsentiert wird.

28. November 1989

Ende des „Demokratischen Blocks“

Am Nachmittag des 28. November 1989 tagt in Ost-Berlin der „Demokratische Block“, ein Konsultationsgremium der Vorsitzenden aller in der Volkskammer vertretenen Parteien, das bisher unter Führung der SED stand. Den Vorsitz hat an diesem Tag turnusmäßig die CDU inne. Dadurch eröffnet Lothar de Maizière, der neue CDU-Vorsitzende, die Sitzung. Er verwirft das Prinzip der Einstimmigkeit, da es nur dem Führungsanspruch der SED gedient habe, und stellt den Antrag, diese Sitzung als seine letzte zu betrachten und an den Runden Tisch zu gehen. (Dort ist auch die Opposition außerhalb der Volkskammer vertreten, man bedient sich parlamentarischer Verfahren und stimmt nach dem Mehrheitsprinzip ab.) Niemand in der Runde unterstützt den Antrag vorbehaltlos. De Maizière stellt seinen Antrag zurück, ohne ihn zurückzunehmen. Es ist die letzte Sitzung des „Demokratischen Blocks“. Die CDU kündigt am 4. Dezember 1989 einseitig ihre Mitarbeit auf. Am 7. Dezember 1989 konstituiert sich der Zentrale Runde Tisch.

1. Dezember 1989

Beseitigung der „führenden Rolle“ der SED

Ohne Gegenstimmen und bei fünf Enthaltungen tilgt die Volkskammer den Führungsanspruch der SED aus der DDR-Verfassung.

3. Dezember 1989

SED-Führung tritt zurück

Das Politbüro und das Zentralkomitee der SED treten geschlossen zurück. Egon Krenz verliert sein Amt als Generalsekretär der Partei. Am 6. Dezember muss er auch von seinen Ämtern als Vorsitzender des Staatsrates und des Nationalen Verteidigungsrates zurücktreten.

4. Dezember 1989

Ende der Staatssicherheit

Nach dem Amtsantritt von Ministerpräsident Modrow wurde das Ministeriu m für Staatssicherheit (MfS, Kurzwort: Stasi) umbenannt in Amt für Nationale Sicherheit (AfNS, Kurzwort: Nasi). In Erfurt bringen Bürger das erste Bezirksamt für Nationale Sicherheit unter ihre Kontrolle. Noch in der Nacht auf den 5. Dezember 1989 werden auch die Bezirksverwaltungen in Gera, Leipzig, Rostock und Suhl sowie zahlreiche Kreisdienststellen (u.a. Arnstadt, Bad Doberan, Eisenach, Gotha, Greifswald, Jena, Parchim, Rathenow, Stralsund, Weißwasser, Zittau) besetzt. Auslöser sind die Flucht des Leiters der „Kommerziellen Koordinierung“, Alexander Schalck-Golodkowski, in die Bundesrepublik und der Verdacht der Aktenvernichtung, der von Mitgliedern verschiedener Bürgerbewegungen in einem landesweiten Aufruf am Abend des 3. Dezember 1989 vorgebracht und durch Medienberichte in den Morgenstunden des folgenden Tages erhärtet worden ist. Durch die Besetzungen der Ämter für Nationale Sicherheit wird nicht nur die Vernichtung brisanter Unterlagen durch die Staatssicherheit gestoppt, sondern auch die Auflösung der Behörde eingeleitet.

7. Dezember 1989

Konstituierung des Zentralen Runden Tisches

Unter der Moderation von Kirchenvertretern tritt in Ost-Berlin der Zentrale Runde Tisch zu seiner ersten Sitzung zusammen. Versammelt sind die in der Volkskammer vertretenen Parteien und Massenorganisationen sowie die neugegründeten Parteien und Bewegungen. Der Runde Tisch empfiehlt Wahlen zur Volkskammer am 6. Mai 1990. (Der Termin wird später vorgezogen.)

8./9. Dezember 1989

Außerordentlicher Parteitag der SED

In Ost-Berlin lehnen die Delegierten eines Außerordentlichen Parteitages die Auflösung der SED ab. Gregor Gysi wird zum neuen Parteivorsitzenden gewählt. Zu diesem Zeitpunkt sieht sich die Partei mit einem ernormen Aderlass konfrontiert, der in den kommenden Monaten anhält. Zwischen Oktober 1989 und Ende Juli 1990 sinkt die Mitgliederzahl von 2,3 Millionen auf rund 345.600.

15./16. Dezember 1989

Sonderparteitag der Ost-CDU

In Ost-Berlin tritt ein Sonderparteitag der CDU zusammen, dessen Delegierte ganz überwiegend in Urwahlen demokratisch gewählt worden sind. Lothar de Maizière wird zum Vorsitzenden gewählt (er war bereits am 10. November 1989 vom alten, nicht demokratisch legitimierten Hauptvorstand der CDU zum Vorsitzenden gewählt worden). Bis November 1989 hat de Maizière keine Ämter und Funktionen in der CDU wahrgenommen und sich politisch nicht exponiert. Der Parteitag distanziert sich vom Sozialismus, bekennt sich zur Sozialen Marktwirtschaft und formuliert als deutschlandpolitisches Ziel die Vereinigung beider Teile Deutschlands zu einem Staat. Durch starken Druck von der Basis getrieben, gewinnt die CDU einen Reformvorsprung: Als erste unter den ehemaligen „Blockparteien“ in der DDR hat sie personell veränderte und demokratisch legitimierte Führungsgremien, ein neues Statut und neue programmatische Aussagen.

16./17. Dezember 1989

Fortsetzung des Außerordentlichen Parteitages der SED

Die SED setzt ihren unterbrochenen Außerordentlichen Parteitag in Ost-Berlin fort: Die Delegierten beschließen am 16. Dezember die Umbenennung ihrer Partei in „SED/PDS“ und verabschieden am nächsten Tag ein Programmpapier zu ihren „nächsten Aufgaben“. Darin heißt es: „Ziel unseres Wahlkampfes ist es, die staatliche Eigenständigkeit der DDR zu wahren und mit einer einflußreichen sozialistischen Partei in Volksvertretungen und Regierung Verantwortung zu tragen.“

19. Dezember 1989

Rede Helmut Kohls vor der Frauenkirche in Dresden

Am Rande eines Zusammentreffens mit Ministerpräsident Hans Modrow (SED/PDS) in Dresden hält Bundeskanzler Helmut Kohl (CDU) eine Rede vor der Ruine der Dresdener Frauenkirche. Er wird von Zehntausenden Menschen begeistert empfangen und immer wieder von jubelndem Beifall und Sprechchören unterbrochen. Er betont, dass die Selbstbestimmung durch die Menschen in der DDR Vorrang hat: „Wir wollen und wir werden niemanden bevormunden. Wir respektieren das, was Sie entscheiden für die Zukunft des Landes.“ Und er bekräftigt: „Mein Ziel bleibt – wenn die geschichtliche Stunde es zuläßt – die Einheit unserer Nation.“

22. Dezember 1989

Öffnung des Brandenburger Tors

Das Brandenburger Tor in Berlin wird für den Fußgängerverkehr geöffnet.

31. Dezember 1989

Übersiedlerzahlen 1989

Im abgelaufenen Jahr haben die Behörden der Bundesrepublik fast 344.000 Flüchtlinge bzw. Übersiedler aus der DDR registriert, allein zwischen Oktober und Dezember mehr als 233.000. Noch nie wurden binnen eines Jahres von den bundesdeutschen Behörden so viele Menschen aus der DDR als Flüchtlinge bzw. Übersiedler registriert wie 1989. Die Übersiedlerwelle ebbt auch zu Beginn des neuen Jahres nicht ab.

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