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Kommunalwahlen in Nordmazedonien

von Daniel Braun, Davor Pasoski

Erdrutschsieg der VMRO-DPMNE

Die Lokalwahlen endeten nicht nur mit einem großen Sieg der oppositionellen VMRO-DPMNE, sondern beendete (vorerst?) die politische Karriere von Premierminister Zoran Zaev, der noch in der Wahlnacht seinen Rücktritt ankündigte

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​​​​​​​Auf dem Foto zu sehen: Die neu gewählte Bürgermeisterin von Skopje Danela Arsovska mit VMRO-DPMNE Parteichef Hristjan Mickoski links und dem stv. VMRO-DPMNE Vorsitzenden Aleksandar Nikoloski rechts.


​​​​​​​Am Abend des 31. Oktober veröffentlichte die Staatliche Wahlkommission die vorläufigen Wahlergebnisse des zweiten Wahlgangs der Kommunalwahlen für Skopje und 43 weitere Städte und Gemeinden im Land. Der Hauptstadt Skopje wird zum ersten Mal seit 1948 und zum ersten Mal seit der Unabhängigkeit des Staates mit Danela Arsovska eine Frau als Bürgermeisterin vorstehen.

 

Die Bürger wählten Veränderungen

Der erste Wahlgang der siebenten Kommunalwahlen seit der Unabhängigkeit der Republik Nordmazedonien erfolgte am 17. Oktober 2021, der zweite Wahlgang am 31. Oktober.

Bei den Lokalwahlen wurden die Bürgermeister und Gemeinderäte von 80 lokalen Selbstverwaltungen sowie der Stadt Skopje gewählt. Zu diesen Wahlen traten insgesamt 299 Kandidaten für die Bürgermeisterämter und 10.635 Kandidaten für das Amt eines Gemeinderatsmitglieds an.

Die Wahlen verliefen mehrheitlich in friedlicher Atmosphäre und ohne größere Zwischenfälle. Die registrierten Unregelmäßigkeiten hatten keinen großen Einfluss auf das Wahlergebnis. Allerdings wirken sich Negativcampaigning und Verdachtsmomente zur möglichen Druckausübung auf die Wähler und Kandidaten bzw. Stimmenkauf nach den ersten Einschätzungen der Wahlbeobachtungsmission des ODIHR negativ auf die Wahlen aus.

Durch die letzten Änderungen der Wahlgesetzgebung in 2021 war eine wesentliche Neuerung bei der Stimmabgabe eingeführt worden. Auf Ersuchen der oppositionellen VMRO-DPMNE wurden Fingerabdruck-Lesegeräte eingesetzt, um z.B. Fälschung durch Mehrfachwahl oder Stimmenzählung nicht Anwesender zu verhindern.

Die Wahlbeteiligung betrug im ersten Wahlgang 51,44 %, im zweiten 49,65 % und ist im Vergleich zu den Lokalwahlen 2017 zurückgegangen (damals betrug sie im ersten Wahlgang 59,51 %, im zweiten 51,92 %).

Diese Wahlen endeten mit einem erdrutschartigen Sieg der oppositionellen VMRO-DPMNE, die in allen Aspekten siegreich war: Sie gewann das wichtige und prestigeträchtige Bürgermeisteramt von Skopje, welches Danela Arsovska als unabhängige Kandidatin mit Unterstützung der VMRO-DPMNE gewinnen konnte. Darüber hinaus errang die VMRO-DPMNE landesweit die absolute Mehrheit in den Rathäusern und Gemeinderäten. Die nun gewonnenen 42 Bürgermeisterämter in den größten Städten Nordmazedoniens sowie der gewonnenen Hauptstadt Skopje, stehen den 2017 gerade einmal 5 gewonnenen Rathäusern gegenüber, was die Einzigartigkeit des Wahlsieges illustriert.

Die regierende SDSM wiederum verlor Bürgermeisterämter in 41 Gemeinden und wird nur noch in nur 16 überwiegend kleineren Gemeinden in kommunaler Verantwortung sein.

Der Sieger im albanischen politischen Block ist erneut die Demokratische Union für Integration (DUI), die ebenso wie in 2017 zehn Bürgermeisterämter gewinnen konnte. Die anderen albanischen Parteien, Koalition aus Allianz für die Albaner und Alternative (AA/A) und die Bewegung Besa erreichten je zwei Bürgermeisterämter, wohingegen die Demokratische Partei der Albaner (DPA) ein Rathaus gewinnen konnte.

Auch die Koalitionspartner der SDSM, Liberaldemokratische Partei (LDP) und Demokratische Erneuerung (DOM), die bei diesen Wahlen in der eigenständigen Wahlkoalition „Entschlossen für Veränderungen“ antraten, gewannen ein Bürgermeisteramt.[i] Ein Bürgermeisteramt ging auch an den Koalitionspartner der VMRO-DPMNE, die Partei Bürgeroption für Mazedonien-GROM sowie zwei weitere an parteilose Kandidaten. Hier ist herauszustellen, dass diese unabhängigen Kandidaten sowohl in Kumanovo[ii] als auch in Debarca bei den Lokalwahlen in 2017 als Kandidaten der SDSM gewonnen hatten.

 

Die Erosion der großen mazedonischen Parteien setzt sich fort

Die VMRO-DPMNE ist strahlender Sieger der Kommunalwahlen, doch darf nicht übersehen werden, dass sie in absoluten Zahlen ein schwächeres Ergebnis erzielte als bei den Parlamentswahlen 2020. Die Verluste für die SDSM sind noch deutlicher. Zum Teil ist dies dem selbständigen Auftreten der regierenden Koalitionspartner BESA, LDP und DOM geschuldet, aber keine alleinige Erklärung. Der DUI ist es dabei gelungen, das Ergebnis der Parlamentswahlen in 2020 zu wiederholen, verlor jedoch die Wahlen in zwei äußerst wichtigen Gemeinden mit mehrheitlich albanischer Bevölkerung, Gostivar und Tetovo, wo AA/A und die Besa im zweiten Wahlgang gewannen.

Die SDSM notiert einen historischen Stimmenverlust. Im ersten Wahlgang erhielt die von Zoran Zaev geführte Partei 238.031 Stimmen für die Ratsmitgliederlisten bzw. mehr als 182.000 Stimmen weniger als bei den Lokalwahlen in 2017, als man noch mehr als 420.000 Stimmen gewinnen konnte. Bei den Parlamentswahlen im vergangenen Jahr erhielt die SDSM gemeinsam mit der von ihr geführten Koalition „Wir können es“ 327.408 Stimmen.

Auch die VMRO-DPMNE verzeichnet einen Stimmenverlust, obwohl sie in den meisten Gemeinden gewonnen hat. Bei den Lokalwahlen in 2017 erreichte die Partei von Hristijan Mickoski 335.769 Stimmen, bei den diesjährigen 288.044 für die Ratsmitgliederlisten. Bei den Neuwahlen in 2020 gewann die VMRO-DPMNE mit ihrer Koalition „Erneuerung für Mazedonien“ 315.344 Stimmen.

Die DUI behauptete bei den diesjährigen Wahlen ihre Stimmenanzahl mit etwa 104.000 Stimmen. Im Vergleich zu den Lokalwahlen 2017 verzeichnet die Partei Ali Ahmetis sogar ein bedeutendes Mehr an Stimmen, denn vor vier Jahren erhielt die DUI 89.724 Stimmen.

Im Unterschied zu den Lokalwahlen 2017, als die Allianz für die Albaner selbständig antrat und 49.125 Stimmen erhielt, erreichte die Koalition AA/A bei den Lokalwahlen in diesem Jahr 56.301 Stimmen. Im Verhältnis zur Stimmenzahl bei den Parlamentswahlen in 2020 jedoch, als diese Koalition 81.620 Stimmen erhielt, ist dies ein Verlust von mehr als 25.000 innerhalb nur eines Jahres.

Die Bewegung BESA verzeichnet mit 25.326 Stimmen bei diesen Wahlen ebenfalls einen Stimmenverlust hinsichtlich der Ratsmitgliederlisten im Vergleich zu 2017, als diese Partei 46.493 Stimmen erhielt.  Bei den Parlamentswahlen 2020 war BESA Teil der Koalition „Wir können das“.

Das größte Stimmenwachstum im Vergleich zu den letztjährigen Parlamentswahlen kann die LINKE (LEVICA)[iii] verbuchen. An den Parlamentswahlen in 2020 nahm die LINKE zum ersten Mal teil und erhielt 37.426 Stimmen. Bei den Wahlen in diesem Jahr gewann die LINKE mit ihren Ratsmitgliederlisten 49.558 Stimmen.

LDP und DOM, die kleineren Koalitionspartner der SDSM, entschieden, bei diesen Wahlen eigenständig anzutreten und erhielten rund 22.000 Stimmen für die Ratsmitgliederlisten.

Viele Stimmen entfielen bei den diesjährigen Lokalwahlen auf die Parteilosenlisten, für die landesweit mehr als 56.000 Wähler stimmten.

Der Grund für diese Wahlergebnisse muss natürlich vor allem in der historisch niedrigsten Wahlbeteiligung seit der Unabhängigkeit des Landes gesehen werden. Diese wirkte sich am negativsten auf die großen Parteien aus, die einen bedeutenden Stimmenverlust hinnehmen mussten. Auf der anderen Seite belohnte die geringe Wahlbeteiligung die kleineren Parteien und die Listen der Parteilosen, die bei diesen Lokalwahlen in nie dagewesener Zahl antraten. Einen nicht unerheblichen Einfluss hatten auch die mehr als 50.000 ungültigen Wahlzettel. Eine zusammenfassende Betrachtung lässt daher den Schluss zu, dass viele Mazedonierinnen und Mazedonier ihrer Unzufriedenheit mit der Situation im Land Ausdruck verleihen wollten und auch der größten Oppositionskraft nicht als beste Alternative sehen. Dies deutete sich in verschiedenen Umfragen in diesem Jahr bereits an.

Es muss deutlich herausgestellt werden, dass es der SDSM als größter Verlierer dieser Wahlen, in nur 4 Jahren „gelungen ist“, die große Unterstützung der nicht festgelegten Wähler auf dramatische Weise zu verlieren. SDSM verlor in Skopje auch fast alle Bezirksbürgermeister in der Innenstadt Skopje, welche traditionell eher links wählen. Es ist daher zu kurz gegriffen, den dramatischen Stimmenverlust für Zaevs SDSM nur mit der weiteren Blockade der EU-Beitrittsgespräche durch Bulgarien zu erklären. Dieser sorgt sicher für große Enttäuschung, doch liegen die Gründe für die Unzufriedenheit deutlich tiefer: Die Regierung Zoran Zaevs zeigt in vielen innenpolitischen Bereichen eine schlechte Performance. Das Management der COVID-Pandemie, unzählige Korruptions- und Justizskandale, in die hohe Funktionäre und Vertraute von Regierungsmitgliedern involviert waren sowie als „Höhepunkt“ die anfängliche Weigerung wichtiger Regierungsmitglieder den Urlaub zur Koordinierung der Bekämpfung der Waldbrandkatastrophe in diesem Sommer abzubrechen, bestimmten nicht selten die politischen Schlagzeilen. Dies kombiniert mit der Unfähigkeit selbst banale Dinge wie Autokennzeichen für neu zugelassene Fahrzeuge nicht bereitstellen zu können haben dem Ansehen der Regierung deutlichen Schaden zugefügt, was sich in diesem Wahlergebnis ausdrückt.

Das man dies mit allzu optimistischen Meldungen zu Fortschritten bei Reform- und Modernisierungsprozessen für einen EU-Beitritt bzw. Ankündigungen, den Konflikt mit Bulgarien beilegen zu können, versuchte zu kompensieren, war ebenfalls wenig hilfreich, wenn sich diese dann nicht erfüllten.

Zum schlechten Wahlergebnis haben auch die innerparteilichen Unstimmigkeiten in Bezug auf die Nominierung der Kandidaten für die Bürgermeisterämter beigetragen, was für die SDSM zur Niederlage in zwei Gemeinden (Kumanovo und Debarca) führte. Auf der anderen Seite trat die Regierungskoalition im ersten Wahlgang sehr gespalten auf, was auch durch den Vorsitzenden der SDSM, Zoran Zaev, bestätigt wurde, der nach dem ersten Wahlgang am 17. Oktober die Konsolidierung der Regierungskoalition für den zweiten Wahlgang angekündigt hatte, da die kleineren Koalitionspartner BESA, LDP und DOM im ersten eigenständig angetreten waren. Die angekündigte Konsolidierung brachte für die SDSM im zweiten Wahlgang jedoch nicht das erwartete Ergebnis, da BESA und DUI einen direkten Kampf für das Bürgermeisteramt in Tetovo austrugen und LDP und DOM vor dem zweiten Wahlgang die SDSM und deren Kandidaten nicht unterstützten. Auffallend war in diesem Zusammenhang auch, dass insbesondere albanische Wähler in Skopje von DUI im zweiten Wahlgang kaum für den SDSM-Kandidaten stimmten, was eine große Hoffnung der SDSM-Führung im Vorfeld war.

 

Negativkampagnen

Vor dem ersten Wahlgang der Kommunalwahlen überwog bei den meisten politischen Akteuren eine positive Kampagne, angefüllt mit der Bewerbung der Wahlprogramme, einer großen Anzahl von Diskussionsrunden zwischen den Kandidaten sowie Bürgergesprächen. Im Vorfeld des zweiten Wahlgangs, verschärfte sich die Rhetorik immer mehr, was besonders im Kampf um das Bürgermeisteramt der Hauptstadt sichtbar war. Die regierende SDSM warf der parteilosen und von der VMRO-DPMNE unterstützten Kandidatin Danela Arsovska tagelang vor, dass sie und ihr Ehemann bulgarische Pässe hätten und bedienten offen nationalistische und antibulgarische Ressentiments. Auf der anderen Seite hielten die Wahlkämpfer der VMRO-DPMNE tägliche Pressekonferenzen ab, auf denen sie Korruptionsvorwürfe gegen den Kandidaten und Amtsinhaber der SDSM, Petre Shilegov, erhoben.

Die SDSM bediente sich dieser Mittel, nachdem ihr Kandidat wider Erwarten, mit großem Rückstand zu seiner Gegenkandidatin in die zweite Runde ging. Der Versuch Arsovska auf diese Weise zu beschädigen zeigte indes kaum Wirkung. Shilegov verlor gegen Arsovska mit einer noch größeren Stimmendifferenz als im ersten Wahlgang, als der Unterschied 7.915 Stimmen betrug, im zweiten jedoch 28.077. Gleichwohl war dies der Startschuss für polarisierte und teilweise schmutzige Kampagnen der Kandidaten, die Programme und politische Ziele in den Hintergrund treten ließen. Die bestehende große Polarisierung zwischen den politischen Akteuren bleibt damit eine Hypothek für das politische Klima im Land. Dennoch bleibt zu hoffen, dass das Scheitern dieser Mittel für SDSM bei dieser Wahl bzw. für VMRO-DPMNE bei der Parlamentswahl 2020 ein Umdenken bei den Wahlstrategen befördert.

 

Zaev erklärt seinen Rücktritt

Nach der Niederlage im zweiten Wahlgang der Kommunalwahlen übernahm Zoran Zaev am Abend des 31. Oktober im Rahmen einer Pressekonferenz die Verantwortung und erklärte seinen Rücktritt vom Amt des Ministerpräsidenten und von der Funktion des Vorsitzenden der SDSM.

Der Rücktritt erfolgte, nachdem Zaev vor dem zweiten Wahlgang angekündigt hatte, dass er diesen einreichen werde, sollte seine Partei in Skopje verlieren. Er ergänzte, dass die Regierung auch weiterhin durch seine Partei geführt werden wird.

In seiner Rede nach den Wahlen gratulierte er – wie er sagte - allen progressiven Bürgern, fügte jedoch hinzu, dass diese Wahlen die Progressiven auch politisch bestraft hätten. Zaev erklärte seine Enttäuschung darüber, dass die Mehrheit der Bevölkerung, die ihre Stimme abgegeben hat, mit all Jenen, die zu Hause geblieben waren, eigentlich dieselben Personen und Politiker gewählt hätten, die vor der "Bunten Revolution" im Amt waren. Zaev wiederholte noch einmal den Standpunkt, dass es keine vorzeitigen Parlamentswahlen geben sollte.

Zuvor hatte der Vorsitzende der VMRO-DPMNE, Hristijan Mickoski, den Sieg in mehreren großen Städten des Landes erklärt, darunter auch Skopje, und darauf verwiesen, dass es das Beste wäre, wenn die  Regierung bei Neuwahlen abgewählt würde. Er betonte in seiner Rede, dass sich das Land ändern müsse und dass diese Veränderungen genau mit dem Wahlabend beginnen würden, womit er auch die neu gewählten Bürgermeister zum Start der Arbeit aufforderte.

Obwohl die Oppositionspartei die Möglichkeit zur Bildung einer neuen parlamentarischen Mehrheit, die eine neue Regierung unter Führung der VMRO-DPMNE wählen würde, nicht ausschließt, erscheint diese Option nur wenig wahrscheinlich. Vor allem aufgrund der Tatsache, dass am Tag nach den Wahlen die Vertreter Parteien der Regierungskoalition, auf einem Treffen mit Premier Zaev der aktuellen Regierung ihre Unterstützung zusicherten und konstatierten, dass die Mehrheit im Parlament stabil sei. Sie ersuchten Zaev, seinen Entschluss zum Rücktritt vom Amt des Ministerpräsidenten sowie als Parteivorsitzender zu überdenken. Gleichzeitig hoben die Koalitionspartner auf dem

Treffen hervor, dass vorzeitige Parlamentswahlen nicht erforderlich sind, da diese das Land in eine politische, wirtschaftliche, gesellschaftliche und Sicherheitskrise führen und ebenso die europäischen Integrationsprozesse Nordmazedoniens ausbremsen würden.

 

Der Rücktritt Zaevs – Thema in den regionalen und ausländischen Medien

In einem Teil der griechischen Medien wird herausgestellt, dass er eine wichtige symbolische und auch inhaltliche Rolle bei der Umsetzung des Prespa-Abkommens inne habe, für die erfolgreiche Kandidatur der NATO-Mitgliedschaft Nordmazedoniens und im Zusammenhang mit den Erwartungen zu einem ungehinderten EU-Beitritt.
In diesem Sinne heben die Medien des südlichen Nachbarn hervor, dass das Erstarken der nationalistischen Opposition, die gegen das Namensabkommen mit Griechenland ist, nichts Gutes für die bilateralen Beziehungen oder die regionalen Geschehnisse verheiße.[iv]

Über das Thema Kommunalwahlen und den anschließenden Rücktritt Zoran Zaevs wurde in allen Medien in Bulgarien berichtet, jedoch ohne dies zu kommentieren. Ein Teil der bulgarischen Medien veröffentlichte auch die kürzliche Erklärung des mazedonischen Noch-Premiers, dem zufolge, hinter dem Sieg der VMRO-DPMNE ausländische Kräfte stünden.

Die Medien im benachbarten Serbien veröffentlichen das Statement des serbischen Präsidenten Aleksandar Vucic, dass der mazedonische Premier Zoran Zaev aufgrund seiner persönlichen Enttäuschung von der EU den Rücktritt eingereicht habe.

Die Einschätzungen der deutschen und Schweizer Medien widergebend, fasst die mazedonische Redaktion der Deutschen Welle zusammen, dass die Niederlage Zoran Zaevs bei den Lokalwahlen auch als Niederlage der EU und ihrer Erweiterungspolitik gegenüber dem Westbalkan gewertet werden könne und, dass dies ein schlechtes Omen für die erforderlichen Reformen Nordmazedoniens sei.


Die zurückgetretene Regierung bleibt im Amt bis zur Wahl einer neuen

Laut Verfassung zieht der Rücktritt Zoran Zaevs den Rücktritt der gesamten Regierung nach sich, der vom Parlament bestätigt werden muss. Sie bleibt jedoch im Amt bis zur Wahl der neuen Regierungszusammensetzung.

In diesem Kontext teilte die amerikanische Botschaft in Skopje bereits mit, dass die USA die Zusammenarbeit mit der Regierung auch nach dem Rücktritt Zoran Zaevs fortsetzen werde. Die Europäische Kommission hingegen kommentierte den Rücktritt Zaevs nicht, sendet jedoch die Botschaft, dass das Land die EU-Reformen fortführen müsse.

 

Wie geht es weiter?

Aktuell mehren sich Spekulationen, dass der Premier wahrscheinlich bei seinem Rücktritt bleibt, diesen jedoch um zwei Monate verschieben wird. Wie die Medien berichten, haben die kleineren Koalitionspartner auf ihrem Treffen mit Zaev erfolglos versucht, ihn von seinem am Wahltag verkündeten Vorhaben abzubringen. Sie hätten ihm allerdings vorgeschlagen, den Rücktritt zum Jahresende oder zu Beginn des kommenden Jahres offiziell einzureichen, wozu er grundsätzlich sein Einverständnis gegeben haben soll. Der Grund dafür sind die Hoffnungen auf eine Lösung des Streits mit Bulgarien sowie die Abhaltung der ersten Regierungskonferenz mit der EU Mitte Dezember, die ihnen Zaev persönlich übermittelt haben soll.

Die Möglichkeit zu einer Lösung des Streits mit Sofia und zum Stattfinden der EU-Regierungskonferenz bis zum Jahresende könnte ein Grund für ein Umdenken Zaevs dahingehend sein, das Amt als Regierungschef fortzuführen und sich eventuell nur von der Funktion des SDSM-Parteivorsitzes zurückzuziehen.

Er selbst setzte die Ergebnisse der Kommunalwahlen mit einem Referendum gleich, auf dem sich das Volk zwischen einer progressiven Zukunft eines europäischen Nordmazedoniens und den Ausbremsern, die das Land zurück nach 2016 oder sogar in das Konfliktjahr 2001, in Risiken, Ungewissheit, Krise und Isolation versetzen, entschieden hätte.

Anhand der Ergebnisse der Kommunalwahlen kann festgestellt werden, dass eine Mehrheit der Mazedonier Zaev ihre Unzufriedenheit mit seiner Regierung klar ausgesprochen hat. Mit dieser zuspitzenden Aussage hat Zoran Zaev sich selbst politischen Kredit genommen. Dies gilt umso mehr, als dass die Wahlkampagnen nur selten kommunale Themen ansprachen, sondern fast immer die nationale Ebene zum Inhalt hatten. Dort gibt es in den Bereichen Infrastruktur und insbesondere Umwelt und Daseinsvorsorge viele Herausforderungen, die dringend angegangen werden müssen.

Wenn VMRO-DPMNE bei den nächsten Parlamentswahlen tatsächlich die Regierung übernehmen will, müssen ihre neuen Bürgermeister auf kommunaler Ebene zeigen, dass sie eine Zukunftsvision für ihre Gemeinden und damit auch das Land haben. Ansonsten wäre ihr überwältigender Sieg nur eine Momentaufnahme absoluter Unzufriedenheit mit der Regierung auf nationaler Ebene gewesen. Dies wird demnächst zu beobachten sein.

 


 

[i] Premier Zaev beklagte bereits nach dem ersten Wahlgang, dass die Koalitionspartner in der Regierung, in den Kommunalwahlen gegen die SDSM antraten.

[ii] Hierbei handelt es sich um einen Dissidenten der SDSM, welcher als vormaliger SDSM-Amtsinhaber in Kumanovo nun als unabhängiger Kandidat gegen den von der Parteiführung bestimmten Kandidaten antrat und wiedergewählt wurde.

[iii] Der Name LINKE ist hier durchaus nicht selbsterklärend, da LEVICA extrem linke Rhetorik mit extrem nationalistischen Positionen kombiniert.

[iv] VMRO-DPMNE-Parteichef Hristjan Mickoski äußerte sich am 03.11. in einer Pressekonferenz, dass er das Prespa-Abkommen als eine Realität anerkennen würde, obwohl er dieses nicht mag. Eine Revision stehe für ihn aktuell nicht zur Debatte.

slobodnaevropa.mk/a/31544183.html

 

 

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Daniel Braun

Leiter des Auslandsbüros Nordmazedonien und Kosovo

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