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Veranstaltungsberichte

„Wir sind alle gefordert“

Politische Bildung kann gegen Linksextremismus immunisieren

Anders als beim Kampf gegen Rechts gibt es in Deutschland beim Kampf gegen Links keinen breiten gesellschaftlichen Konsens. Das ist bemerkenswert, haben doch beide Seiten dasselbe Ziel: den demokratischen Verfassungsstaat zu beseitigen. Und obwohl der Verfassungsschutz in Deutschland in weit über 100 linksextremen Vereinigungen über 30.000 Mitglieder – darunter auch 6.600 gewaltbereite Autonome - zählt, fällt auf: Viel zu wenig wissen wir über den Linksextremismus.

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Wissenschaftler und Politiker haben daher bei einer Veranstaltung der Konrad-Adenauer-Stiftung in Berlin eine intensivere Auseinandersetzung mit dem Linksextremismus und eine stärkere Präventionsarbeit gefordert.

Linksextremisten richten ihr politisches Handeln an revolutionär-marxistischen oder anarchistischen Vorstellungen aus und streben anstelle der bestehenden Staats- und Gesellschaftsordnung ein sozialistisches bzw. kommunistisches System oder eine "herrschaftsfreie" anarchistische Gesellschaft an. (Quelle: Verfassungsschutz)

Damit beides gelingt, müssen gewohnte Denkmuster aufgebrochen werden. Prof. Eckhard Jesse sagte: „Wir müssen davon wegkommen, dass bei einem Vergleich von Links- und Rechtsextremismus reflexartig der Verdacht aufkommt, man wolle verharmlosen.“ Zudem müsse der Kampf gegen den Extremismus lagerunabhängig erfolgen, so der Präsident der Bundeszentrale für politische Bildung Thomas Krüger. „Wir alle sind gefordert“, sagte Jesse, der den Extremismus als „Bodensatz unserer Gesellschaft“ bezeichnete, in dem aber auch eine Chance liege. Wenn man Kritik aufnehme und sich mit den Argumenten der Szene auseinandersetze, könne Extremismus zu einem „Gesundbrunnen der Demokratie werden“. Zugespitzt bedeute dies, dass eine parlamentarische Demokratie sich durch das Vorhandensein dieses Bodensatzes auszeichne.

Während der Rechtsextremismus per se als schlecht und böse empfunden wird, geht vom Linksextremismus eine gewisse attraktive Strahlkraft gerade für junge Menschen aus. Prof. Armin Pfahl-Traughber von der Fachhochschule des Bundes für öffentliche Verwaltung sieht eine „tendenzielle Ignoranz gegenüber dem Linksextremismus“. Barbara Zehnpfennig, Professorin an der Universität Passau, berichtete, dass viele Studierende gar mit den Zielen der linken Szene insgeheim sympathisieren, auch wenn eingeräumt werde, dass die gewählten Mittel, diese zu erreichen, die falschen seien. Fast noch erschreckender sei, dass die Verbrechen des Kommunismus ausgeblendet oder gänzlich unbekannt seien.

Dies zu ändern ist Aufgabe aller Akteure der politischen Bildung, auch wenn klar sein muss, dass man den harten Kern der Linksextremisten niemals wird erreichen können, so Krüger. Gefordert ist auch die Gesamtgesellschaft. „Wenn nur noch das Materielle zählt, spielt das Linksextremen in die Karten“, so Zehnpfennig, die deshalb für eine neue „geistige Substanz zum Entgegentreten“ warb.

Doch auch handfestere Maßnahmen nannten die Experten und konzentrierten sich dabei vor allem auf den schulischen Bereich. Hier passiere derzeit noch zu wenig, wie Prof. Klaus Schroeder vom Forschungsverbund SED-Staat kritisierte: „Freiheit und Demokratie sind nichts Gottgegebenes. Wir müssen den Jugendlichen beibringen, dass beides immer wieder verteidigt werden muss.“

Dr. Hubertus Knabe, Direktor der Gedenkstätte Hohenschönhausen, sieht in der unmittelbaren Konfrontation, also etwa einem Besuch des ehemaligen Stasi-Gefängnisses, eine gute Möglichkeit den Jugendlichen die Folgen linker Ideologie anschaulich und nachhaltig zu vermitteln. Man müsse weg kommen von einer oftmals „hausbackenen Pädagogik“ in diesem Bereich. Er forderte eine „Demokratiepädagogik flankiert von einer ideologischen Auseinandersetzung mit dem Linksextremismus“. In eine ähnliche Richtung geht der Vorschlag von Holger Stahlknecht, Minister für Inneres in Sachsen-Anhalt. Er wünscht sich in der Schule eine intensivere Auseinandersetzung mit dem Grundgesetz als bisher. Der Parteien- und Extremismusforscher Dr. Jürgen Lang plädierte für mehr Werbung für die Demokratie. Außerdem müsse aufgezeigt werden, wohin linksextreme Ideologien führen würden. Zeitzeugengespräche, das Einbinden von Aussteigern sowie - „in homöopathischen Dosen“ - des Verfassungsschutzes, wie Bernd Lüdkemeier, lange Zeit als Direktor der Landeszentrale für politische Bildung in Sachsen-Anhalt tätig, seien ebenfalls zu empfehlen.

Doch auch der außerschulische Bereich ist gefordert, wenn die Präventionsarbeit gegen Linksextremismus Erfolg haben soll. Carl Deichmann, Professor an der Universität in Jena, sagte, dass Jugendliche lernen müssen, wie man auch mittels Toleranz gewaltfrei Konflikte lösen kann. Hier müssten auch die Eltern rechtzeitig eingreifen, wie Hildigund Neubert, die stellvertretende Vorsitzende der Konrad-Adenauer-Stiftung, richtigerweise einwarf.

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Berlin Deutschland