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Veranstaltungsberichte

Dialog der Religionen

von Peter Lausmann

Fachkonferenz am 11. Oktober 2004 im Haus der Geschichte in Bonn

Seit Jahren initiiert und fördert die Konrad-Adenauer-Stiftung den Dialog zwischen den Weltreligionen und ihren Kulturwelten. Dabei spielen die Schriftsteller eine besondere Rolle: als Seismographen vor allem für ethische Fragen und als Vermittler im „Kampf der Kulturen“ (Huntington).

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Mit der beschwichtigenden Aussage „Wir beten doch alle zum gleichen Gott“ ist es längst nicht getan. Im Schatten von EU-Beitrittsverhandlungen mit der Türkei, Kopftuchverordnung und dem globalen Konflikt zwischen christlicher und islamischer Welt zeigt sich, dass der Dialog der Religionen doch nicht so harmonisch ist, wie viele ihn gern sähen. Und auch zwischen den Konfessionen gibt es mehr Unstimmigkeit als Verbindendes. Zwar hat der Ökumenische Kirchentag ein Zeichen gesetzt, doch stagniert die Entwicklung seitdem. In der Reihe „Dialog der Religionen“ der KAS stellten sich mit PD Dr. Martin Hein, Bischof der Evangelischen Kirche in Kurhessen-Waldeck, und dem Autor Martin Mosebach zwei Fachleute der aktuellen Diskussion, die gekonnt vom Bundesvorsitzenden des Evangelischen Arbeitskreises der Unionsparteien, Thomas Rachel, MdB moderiert wurde, und nannten dabei Ross und Reiter.

Bevor man den Dialog beginne, müsse die eigene Position klar abgesteckt sein, forderte Bischof Hein. Die Gesprächspartner hätten ein Recht darauf, zu erfahren, worin sich der christliche Glaube begründe. Denn: „Positionalität verhindert nicht das Gespräch, sondern ermöglicht es erst.“ Als Leitfaden für das Kennenlernen anderer Religionen zog er dafür die Erfahrungen aus der Ökumene heran: Danach müsse man Differenzen und Ängste gegenseitig benennen und anerkennen, in der Offensive hingegen Motive und Ziele des Dialogs klar aussprechen. Entscheidender Punkt: Die Gesprächspartner müssten von absoluten Wahrheitsanspruch ihres Glaubens abgehen. Eine „Ökumene der Religionen“ hält Hein jedoch für utopisch und zielt auf eine „theologisch verantwortbare Pluralität“ in Toleranz ab. Die Basis dafür werde bereits im Religionsunterricht gelegt, weshalb er auch islamischen Unterricht, in Abstimmung mit Gesetz und Ministerium, in den Schulen befürwortet.

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Bischof Dr. Martin Hein (l.) und Thomas Rachel MdB (Moderation)

Provokant argumentiert Martin Mosebach hingegen, dass die katholische Kirche gerade ihre Grundlage verliere. Aus seinem Essayband „Häresie der Formlosigkeit“ lesend, prangerte er das Verbot der alten Riten und Choräle seit Papst Paul VI. an. Im „68er-Rausch“ sei die Kirche derart säkular geworden, dass der Pfarrer fortan hinter dem Altar wie hinter einer Theke stehe, polemisierte der Kleist-Preis-Träger. Doch nur in der reinen Form der vergangenen 1500 Jahre, bar jeder Subjektivität, sei die Nähe zu Gott gegeben. Im Opfergebet dieser Ursprungsform seien zudem Opferriten aus Urreligion, Juden- und Heidentum zusammengefasst und stellten die Erfüllung aller Religionen dar. Ihre Abschaffung, klagte der 53-jährige Schriftsteller an, sei ein Angriff auf göttliche Liturgie.

In der anschließenden Diskussion erklärte Bischof Hein, dass im Protestantismus Predigt und Diskurs die weisende Rolle der Liturgie übernommen hätten. „Aber wenn die Predigt schlecht ist, war der Gottesdienst auch umsonst“, gab eine Zuhörerin zu bedenken. Ohne Liturgie ginge die Verbindlichkeit verloren. Ebenso uneins waren auch die Positionen zum Islam in Europa. Prinzipiell wolle man sich nicht verschließen. Jedoch: „ Gemessen am Wechselseitigkeitsprinzip ist die Türkei noch lange nicht bereit. Erst müssen Christen dort die gleichen Rechte haben, wie Muslime hier“, analysierte Martin Hein. Dies könne allerdings nur durch den ständigen Dialog und die Suche nach gemeinsamen Ansatzpunkten zwischen praktizierenden Gläubigen erreicht werden, ergänzte Mosebach. Doch dafür bedürfe es viel mehr Offenheit und Ehrlichkeit dem anderen gegenüber. Und wie der Abend gezeigt hat: Selbst innerhalb der jeweiligen Konfession muss offenbar erstmal Klarheit geschaffen werden.

Internet-Links:

Kurzbiographie, Werke, Interview mit Martin Mosebach

Kritik des Romans „Der Nebelfürst“

Zur Kleistpreisverleihung 2002 an Martin Mosebach

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Kontakt

Prof. Dr. Michael Braun

Prof. Dr

Referent Literatur

michael.braun@kas.de +49 30 26996-2544
Einzeltitel
17. August 2004
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Fachkonferenz
11. Oktober 2004
Haus der Geschichte, Willy-Brandt-Str. 14, 53113 Bonn
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