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Veranstaltungsberichte

Europa wieder "schmackhaft" machen

von Susanne Kruza

Bericht von der KAS-Sommer-Schule in Straßburg

„Wer sind wir in Europa? Und welches sind die Herausforderungen und Perspektiven der europäischen Werte-Gemeinschaft?“ Diese Fragen stellten sich 23 deutsche und französische Studierende der KAS-Sommer-Schule, die vom 9. bis 16. September 2016 in Straßburg stattfand. Unterstützt wurde die Veranstaltung durch das Auslandsbüro Frankreich der Konrad-Adenauer-Stiftung. Auftakt der Veranstaltung bildeten Fragen nach der eigenen Identität, der nationalen, sowie auch der europäischen Identität. Fühlen wir uns europäisch oder eher deutsch oder französisch? Was bedeutet es, Europäer zu sein?

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Dass die deutsch-französische Freundschaft, die oft als „Motor Europas“ beschrieben wird, aus tiefer Verachtung und Hass gewachsen ist, lehrt uns die Geschichte. Eine Momentaufnahme der deutsch-französischen und europäischen Geschichte bekamen die Teilnehmer durch eine Exkursion zu den Schlachtfeldern des Ersten Weltkriegs unter der Leitung des Verdun-Experten Markus Klauer: Zigtausende, aneinander gereihte Kreuze, die immer noch erkennbaren Bombentrichter und Schützengräben, das Fort Douaumont, in dem die Soldaten lebten und kämpften sowie das Beinhaus zeigten allesamt die erschreckenden Dimensionen der Schlacht von Verdun. Aber Verdun ist auch Ort der Versöhnung: Im September 1984 standen Bundeskanzler Helmut Kohl und der französische Staatspräsident François Mitterrand während einer Gedenkveranstaltung Hand in Hand auf dem Soldatenfriedhof von Douaumont. Das Bild schrieb Geschichte.

Zurück in Straßburg, referierten Matthieu Tardis und Barbara Kunz vom Französischen Institut für Internationale Beziehungen (IFRI) aus Paris zu den Themen Flüchtlingspolitik und Terrorismus. Dabei wurden Grundlagen der europäischen Asylpolitik geklärt und die gesellschaftspolitischen Herausforderungen der Flüchtlingskrise diskutiert. Bei den Diskussionen über Terrorismus ging es unter anderem um die Rolle der Medien in der Berichterstattung, Strategien der Terrorismusbekämpfung sowie Deradikalisierungskonzepte in Deutschland und Frankreich.

Der Ökonom und KAS-Altstipendiat Prof. Dr. Wentzel der Hochschule Pforzheim erläuterte den Teilnehmer die Herausforderungen und Konsequenzen des Brexits, der genau genommen UK-Exit lauten müsste und Dr. Andreas Marchetti von politglott GmbH ermunterte die Studierenden im Rahmen eines Weltcafés, ein „besseres Europa“ zu entwerfen.

Dass andere Studierende sich ebenfalls Gedanken über Europa machen, zeigte das Projekt „Génération UE“ der Straßburger Universität, das die Teilnehmer während der Sommerschule besuchten. Der knapp 30-minütige Webdokumentarfilm über Europa, in dem Studierende zu Wort kommen und der auch viele kritische Stimmen einfängt, fand viel Anklang. Der Film, der dieses Jahr bereits während des „European Youth Event“ im Europäischen Parlament gezeigt wurde, soll fortgesetzt werden. Zu diesem Zweck wurden deutsche und französische Teilnehmer der KAS-Sommerschule vor der Kamera zum Brexit, der Flüchtlingskrise und weiteren europäischen Themen befragt.

Auch Integrationspolitik und Jugendarbeitslosigkeit standen auf der Agenda der einwöchigen Sommerschule in Straßburg. Dr. Stefan Seidendorf, Stellvertretender Direktor des Deutsch Französischen Instituts in Ludwigsburg (dfi) –– diskutierte anregt mit der deutsch-französischen Teilnehmergruppe.

Frédéric Philipp, Repräsentant der „Jeunes Républicains Moselle“ für grenzüberschreitende Kooperation und Europa diskutierte mit den Studierenden der Sommerschule über Parallelen zwischen dem Front National und der AfD und mögliche Strategien im Kampf gegen Rechtspopulismus. Er war sich sicher: Die Parteivorsitzende des Front National wird bei den nächsten Präsidentschaftswahlen nicht gewinnen. Marine Le Pen stehe für den Frexit und das Ende des Euro. Die Franzosen seien jedoch durch die negativen Folgen des Brexit geimpft.

Einen gelungenen Abschluss der Sommerschule bildete ein Besuch im Europäischen Parlament. Hier trafen die Teilnehmer die Abgeordneten Alain Lamassoure (Les Républicains), Präsident der Französischen Delegation der EVP-Fraktion und Herbert Reul, Vorsitzender der CDU/CSU-Gruppe im Europäischen Parlament und nahmen dann an einer Plenarsitzung des Parlaments teil. Jona-Altstipendiat Stephan Mock, der für CDU/CSU-Gruppe in der EVP-Fraktion im Europäischen Parlament tätig ist, nahm sich in seiner Mittagspause ebenfalls Zeit, mit den Teilnehmer der Sommerschule ins Gespräch zu kommen.

Der Abgeordneter Alain Lamassoure erinnerte daran, dass das Projekt Europa aus der Kriegs-Erfahrung heraus entstanden ist. Mehr denn je, sei es jetzt wichtig, sich nach außen hin vereint zu zeigen. Dabei betonte Alain Lamassoure die Einheit in der Vielheit. Er kritisierte, dass Europa häufig für nationale Probleme die Schuld bekommt. Als eines der wichtigsten Werte Europas bezeichnete Alain Lamassoure den Humanismus, den man sich in Zeiten der Flüchtlingskrise und in der Auseinandersetzung mit anderen Religionsgemeinschaften wieder verinnerlichen müsse.

Der Abgeordneter Herbert Reul plädierte dafür, den Menschen das Projekt Europa wieder „schmackhaft“ zu machen und es ihnen emotional näher zu bringen. Dabei müsse man sich auf das Wesentliche fokussieren und von Regulierungen, die Glühbirnen, Gurken oder Ähnliches betreffen, wegkommen hin zu großen Fragen, wie beispielsweise die konkrete Bekämpfung des Terrorismus, eine nachhaltige Energieversorgung und die Sicherung von Arbeitsplätzen. Mit Blick auf die Flüchtlingskrise verwies er auf das C seiner Partei und machte sich stark dafür, populistischen Parteien nicht nachzulaufen, sondern in die Konfrontation mit ihnen zu gehen.

Die Sommerschule in Frankreich bildete den Abschluss der diesjährigen Sommerschulen-Veranstaltungsreihe der Begabtenförderung der Konrad-Adenauer-Stiftung zum Thema Europa. Neben Frankreich fanden in diesem Jahr Sommerschulen in Ungarn, Italien und Lettland statt. Daran teil nahmen jeweils KAS-Stipendiaten und junge Studierende und Arbeitstätige aus den jeweiligen Ländern. Die Veranstaltungen wurden durch den Verein der KAS-Altstipendiaten finanziell unterstützt. Jede Sommerschule verfasste eine Deklaration, in der die Teilnehmer für sich die Frage „Wer sind wir in Europa?“ definierten und festlegten, was für ein Europa sie sich künftig wünschen.

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