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Expertenworkshop zur Stärkung der Beschäftigungschancen von Langzeitarbeitslosen - Vorträge

Experten aus Politik, Wissenschaft, Wirtschaft und Gewerkschaften haben in in einem Expertenworkshop darüber gesprochen, wie man die Beschäftigungschancen für langzeitarbeitslose Menschen perspektivisch verbessern kann.

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Heterogenität als besondere Herausforderung

Zunächst gab Dr. Ulrich Walwei, Vizedirektor am Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) in Nürnberg einen Überblick über den aktuellen Stand der Langzeitarbeitslosigkeit und stellte Überlegungen zu aktuellen Reformvorschlägen in diesem Bereich vor. Die besonderen Herausforderungen bei der Bekämpfung der Langzeitarbeitslosigkeit sei zum Einen die große Heterogenität der Leistungsempfänger. Neben denen, die schon sehr lange nicht mehr erwerbstätig sind, gibt es eine hohe Zahl schlecht ausgebildeter Personen sowie viele Kinder und Jugendliche, die durch die finanzielle Abhängigkeit ihrer Eltern bereits auf staatliche Leistung angewiesen sind. Die Ausgangslage für politische Ansätze zur Verbesserung der Erwerbschancen ist daher komplex.

Die begonnenen Reformen haben laut Walwei zu einer Verbesserung der Erwerbschancen beigetragen. Insbesondere entfalten die Instrumente der aktiven Arbeitsmarktpolitik positive Wirkungen. Zudem sind rund zwei Drittel der Leistungsbezieher erwerbsorientiert.

Kritisch zu beleuchten ist der zunehmende Trend zum Hinzuverdienst und die Folgen dieser Entwicklung. Das zusätzliche Einkommen ermöglicht zurzeit zwar den Einstieg in Arbeit, hemmt aber den Aufstieg. Aktuelle Überlegungen, den Umfang des Hinzuverdienst zu verändern, sind dennoch zurückhaltend zu beurteilen. Werden sie ausgedehnt, so nimmt die Zahl der Leistungsempfänger zu und die Kosten für den Staat steigen, während zu befürchten ist, dass das Arbeitsangebot zurückgeht. Auch setzt beispielsweise die pauschale Übernahme der Unterkunftskosten kaum Sparanreize bei den Leistungsempfängern.

Der internationale Blickwinkel

Im Anschluss erörterte Matthias Rumpf vom Berliner Büro der OECD den internationalen Blick auf die Absicherung langzeitarbeitsloser Menschen. Im internationalen Vergleich ist die Gruppe in Deutschland besonders groß. Dies hat zwar auch damit zu tun, dass andere Länder diese Personen mitunter anders statistisch erfassen (z.B. als nicht erwerbsfähig), ändert aber nichts an dem Befund, dass die Langzeitarbeitslosigkeit in Deutschland eine politisch bedeutsame Aufgabe bleibt. Personen, die länger als 24 Monate arbeitslos sind, sollten in den Blick der Politik rücken. Auch ist die starke Abhängigkeit der Langzeitarbeitslosigkeit vom Bildungsniveau auffällig. Dabei ist Deutschland weder bei der Höhe der Transferleistung noch bei der Dauer ihrer Bewilligung viel großzügiger als andere Länder. Jedoch werden geringe Einkommen in Deutschland durch ein Zusammenwirken von Steuer- und Abgabensystem besonders stark belastet, während die Belastung mit steigendem Einkommen abnimmt. Dadurch ist es in Deutschland nicht attraktiv, eine eigene Erwerbstätigkeit bis zu einer Grenze von 70 Prozent eines Durchschnittseinkommens anzustreben. Von einer Abgabenentlastung für Geringverdiener lassen sich daher Anreize für eine höhere Erwerbstätigkeit erwarten. Auch ist das Thema Qualifizierung für diese Personengruppe nicht außer Acht zu lassen.

Fokus auf Alleinerziehende, Alte und Junge

Arbeitsmarktforscher Dr. Bruno Kaltenborn setzte den Schwerpunkt seines Berichts auf die Frage nach der politischen Steuerung der Vermittlung und Aktivierung der Kunden der Job-Center. Die Vielzahl der rechtlich festgeschriebenen Ziele erschwert eine Fokussierung auf bestimmte Gruppen oder Zwecke des Gesetzes zu. Daher hat der Beschluss der Bundesregierung im April 2010 zu einer Konzentration der Zielgruppen auf Alleinerziehende, Ältere und Jüngere im Leistungsbezug geführt.

Der Anteil älterer Leistungsempfänger ist insgesamt zwar unterdurchschnittlich, aber unter den Langzeitarbeitslosen überdurchschnittlich hoch, weshalb hierauf ebenfalls ein Fokus gelegt wird.

Die Alleinerziehenden sind im Bereich des Hilfebezugs überdurchschnittlich häufig vertreten. Hier spielt neben der Abhängigkeit vom Arbeitsmarkt vor allem die Möglichkeit der Kinderbetreuung eine Rolle. Gelingt es, Alleinerziehende aus dieser Abhängigkeit zu bringen, so hat das auch positive Folgen für ihre Kinder, die ebenfalls überdurchschnittlich häufig im Leistungsbezug vertreten sind.

Insgesamt kann die Arbeitsmarktpolitik wesentlich stärker auf Strukturen und Verteilung der Leistungsempfänger Einfluss nehmen als auf das Niveau der Arbeitslosigkeit und der Abhängigkeit von staatlichen Leistungen. Daher bleibt eine politische Konzentration auf Aktivierung der Arbeitslosen besonders wichtig.

Aktuelle Änderungen und Pläne

Der Vorsitzende der Arbeitnehmergruppe der CDU/CSU-Bundestagsfraktion Peter Weiß MdB hat in seinem Vortrag auf die beschlossene Organisationsreform hin, die den Mitarbeitern der Ämter Klarheit geben und auch neue Handlungsspielräume eröffnen. Zudem wird gerade eine Neuregelung der Hinzuverdienste beraten, die die wissenschaftlichen Erkenntnisse und die internationalen Erfahrungen in den Blick nehmen wird. Der Übergang von Pflicht- zu Ermessensleistungen in der aktiven Arbeitsmarktpolitik eröffnet neue Spielräume, um gerade für die heterogene Zielgruppe passgenaue Maßnahmen vor Ort vorzusehen. Im Zusammenhang mit einer besseren Betreuung und Aktivierung besonders schwieriger Fälle ist auch das Konzept der Bürgerarbeit zu sehen, mit der sozialversicherungspflichtige Beschäftigung geschaffen wird, die der Allgemeinheit zugute kommt. Der besondere Zweck dieses Instruments liegt in der Betreuung der Personen, die eine Bürgerarbeit durchführen, um die allgemeine Erwerbsfähigkeit wieder zu erhöhen. Ferner wies Peter Weiß auf Aspekte des Sparpakets für Leistungsempfänger hin und stellte heraus, dass die Zeiten im Leistungsbezug in der Rentenversicherung weiterhin Anrechnung finden würden, obwohl es nicht mehr zu einer Übernahme der Beiträge in der Rentenversicherung kommt.

In der anschließenden Diskussion wurde deutlich, dass eine nachhaltige Verbesserung der Erwerbsaussichten nur durch ein Zusammenwirken verschiedener Maßnahmen möglich sein wird. Lesen Sie hier mehr dazu: Diskussion.

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