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Veranstaltungsberichte

Farbe bekennen! - Perspektiven zu 70 Jahren Christdemokratie

von Stefanie Behrens

Politischer Jahresauftakt des Landesbüros Stuttgart der Konrad-Adenauer-Stiftung

"Farbe" bekannten die rund 200 Gäste aus Bundes- und Landespolitik, aus Wissenschaft, Wirtschaft, Kultur und interessierte Bürger, die der Einladung zum feierlichen Jahresauftakt gefolgt waren. Vom Blick zurück in die Gründungszeit der Christdemokratie bis zu den aktuellen und zukünftigen Herausforderungen für das Land: Dr. Erwin Teufel und Guido Wolf spannten den Bogen über 70 Jahre Geschichte und erreichten das Publikum mit ihren Visionen.

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"Farbe bekennen" - Jahresmotto mit Anspruch

Dr. Stefan Hofmann, Leiter der KAS Stuttgart, setzte in seiner Begrüßungsrede auch nachdenkliche Akzente: Das Motto "Farbe bekennen" setzte er in Kontext zu Konrad Adenauer, dem Namensgeber der Stiftung, der sein Leben und das seiner Familie einsetzte im Widerstand gegen das Nazi-Regime. Wie gefährlich es auch heute sein kann, aufzustehen und Farbe zu bekennnen, zeige der Fall des jüngst ermordeten russischen Oppositionspolitikers Boris Nemzow, der starb, weil er sich für Freiheit und Demokratie einsetzte. Weitaus einfacher, so Stefan Hofmann, sei es doch hierzulande, sich für seine Ideale einzusetzen. Denn Engagement werde nicht nur über unsere Grenzen hinaus gebraucht, sondern sei auch "vor der eigenen Haustür, lokal, im Gemeinderat, bei der Feuerwehr oder der Musikkapelle wichtig."

Christdemokratie als Innovationstreiber

Dr. Stefan Kaufmann, Bundestagsabgeordneter für Stuttgart, ging in seinem Grußwort nicht nur auf die Leistungen der Gründerväter der Christdemokratie ein, vielmehr richtete er sein Augenmerk auf die zukünftigen Herausforderungen. Er sieht die CDU als Innovationstreiber für Zukunftschancen. - Thematisch gelte es zudem, sowohl der Herausforderung als "Grundlagenpartei" gerecht zu werden als auch der Sehnsucht der Bürger nach "Lifestyle". Selbstkritisch betrachtete er die Situation der Christdemokraten in den Städten. Hier will er der Skepsis der Bürger mit einer Öffnung der Partei begegnen. Öffnung nach innen durch mehr Mitbestimmung und Transparenz, Öffnung nach außen durch Gesprächsrunden mit wechselseitigem Zuhören und öffentlichem Diskurs.

Würdigung der Gründungsväter

In beeindruckender Weise würdigte Dr. Erwin Teufel, Ministerpräsident a.D., die herausragenden Leistungen der Gründer der Christdemokratie im physisch und moralisch zerstörten Nachkriegsdeutschland. In einer Situation, in der Partei ein Unwort war, wurde eine christlich-soziale Volkspartei gegründet, die offen war für bürgerliche Kräfte beider Konfessionen, geprägt von einem christlichen Menschenbild. Eine Partei, in der sich sogar Juden wieder engagierten. - Ein weiteres Verdienst der CDU sei die Westausrichtung Deutschlands in Richtung USA und westliches Europa.

"Europa ist alternativlos!"

Der kongeniale Schuman-Plan einer gemeinsamen Kohle- und Stahlproduktion zwischen Frankreich und Deutschland sei der "Nukleus" der heutigen EWG und EU mit der Europapartei CDU als treibender Kraft gewesen. Angesichts der aktuellen Russland-Ukraine-Krise zeige sich die Bedeutsamkeit der Aussöhnung mit den Nachbarländern, die aus einem "Kontinent der Gewalt" eine Friedensgemeinschaft erwachsen ließ. So sei Europa vorrangig Friedensgemeinschaft und erst dann Wirtschafts- und Währungsunion.

Stärken nutzen

Die Stärke Baden-Württembergs liege im "Erfindergeist" seiner Bürger und in deren Mut zur Selbständigkeit. Diese Tugenden gelte es zu stärken. So müsse in die "Köpfe" der Menschen investiert werden. Das könne nicht über "Gleichmacherei" erfolgen, sondern über die Förderung individueller Stärken, wobei das duale Bildungssystem Baden-Württembergs eine der zentralen Säulen sei.

Christliches Menschenbild als Orientierungshilfe

Guido Wolf, Fraktionsvorsitzender der CDU im Land, interpretierte "Farbe bekennen" als Motto der Politik seiner Fraktion. In einer Welt, in der sich die Lebensverhältnisse entstandardisiert hätten, in der die bürgerliche Mitte erodiere und ein Wertewandel zu beobachten sei, gelte es, Orientierungshilfe zu leisten und der Beliebigkeit entgegenzuwirken. Fundament hierfür sei das christliche Menschenbild, das in Alltagspolitik transponiert werden müsse. Das christliche Menschenbild beruhe auf der Unterschiedlichkeit aller Individuen und verlange Rücksichtnahme und nicht "Gleichmacherei". Dies spiegele sich insbesondere in der Bildungspolitik wider. Der Anspruch "gleicher Bildungschancen" bedeute die besondere Förderung des Einzelnen, die seinen individuellen Fähigkeiten Rechnung trage. Dies könne weder durch die Gemeinschaftsschule geschehen noch durch eine Steuerung der Gesellschaft in Richtung Akademisierung.

Zukunft sichern durch Nachhaltigkeit

Für ihn selbst, so Guido Wolf, bedeute Nachhaltigkeit nicht nur der verantwortungsvolle Umgang mit öffentlichen Haushaltsmitteln. Mindestens genauso entscheidend seien Fähigkeit und Wille der Politik, große, Generationen übergreifende Zukunftsprojekte "aufs Gleis zu setzen". Eine Gesellschaft, die selbstzufrieden sei und ein Scheitern nicht mehr riskiere, höre auf, in die Zukunft zu investieren.

Bürgerdialog gefragt

Die vielen Gäste waren nicht nur begeistert, mit Dr. Erwin Teufel "gelebte Geschichte" zu erfahren. Groß war auch das Bedürfnis, über Sorgen und Ängste zu sprechen, den anwesenden Politikern Anregungen mitzugeben und den öffentlichen Diskurs zu üben. Dem stellten sich einstigen und heutigen Mandatsträger gern. So schloss sich der Kreis: "Farbe bekennen!" heißt auch offen sein, zuhören, für Transparenz sorgen und aktiv in Dialog treten.

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