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Veranstaltungsberichte

Privatisierungen bei Leistungen der Daseinsvorsorge am Beispiel der Wasserwirtschaft (I)

von Günther Babel

Veranstaltung vom 9. bis 10. März 2005 in Wildbad Kreuth

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Meine sehr geehrten Damen und Herren,

 

ich danke Ihnen sehr herzlich für die Einladung zum heutigen Expertengespräch. Bevor wir uns anschließend mit dem Pro und Contra einer Liberalisierung der Wasserwirtschaft in Deutschland beschäftigen, möchte ich zunächst auf den Gesamtzusammenhang eingehen, in dem unser heutiges Thema steht. Ohne die Berücksichtigung dieses Gesamtzusammenhangs ist eine Beschäftigung mit unserem heutigen Thema nicht möglich.

 

 

 

Weltweit Sorge um das Wasser

 

Wasser ist keine Ware, sondern die Grundlage alles Lebens auf unserer Erde und natürlich auch unser wichtigstes Lebensmittel.

 

"Das Prinzip aller Dinge ist das Wasser; aus Wasser ist alles, und ins Wasser kehrt alles zurück",

 

stellte vor über zweieinhalb Jahrtausenden schon der berühmte griechische Philosoph, Mathematiker und Astronom Thales von Milet fest (ca. 640/39 - 546/45 v. Chr.).

 

Vor kurzem hat der Weltbevölkerungsbericht der Vereinten Nationen noch einmal darauf hingewiesen, dass Wasserknappheit zu den größten Sorgen dieser Welt gehört:

 

 

 

 

 

  • Nach Schätzungen der UNO werden im Jahr 2025 rd. 2,4 bis 3,4 Mrd. Menschen in Ländern mit Wasserknappheit leben. Heute ist es "nur" eine halbe Milliarde.
  • Rund um den Globus sind rund 2,4 Mrd. Menschen, also etwa 40 % der Weltbevölkerung, ohne sanitäre Grundversorgung.
  • Weltweit sterben täglich rund 6.000 Menschen, vor allem Kinder, an den Folgen verschmutzen Trinkwassers oder unzureichender Abwasserentsorgung.
Wir können uns die enormen Probleme, die durch den Wassermangel in vielen Staaten der Erde bestehen und die sich nach allen Prognosen weiter verschärfen werden, kaum vorstellen. Dazu zwei Beispiele, die die Ungleichverteilung von Wasser auf unserer Erde besonders eindringlich verdeutlichen:

 

 

 

 

  • Ein Kind in den Industrienationen verbraucht 30 bis 50 mal mehr Wasser als ein Kind in den Entwicklungsländern.
  • Eine einzige Toilettenspülung bei uns verbraucht soviel Wasser, wie einem Menschen in Afrika pro Tag für Trinken, Waschen und Kochen zur Verfügung steht.

Bayern - Insel der Seligen?

 

Angesichts dieser globalen Sorgen leben wir in Bayern nahezu auf einer „Insel der Seligen“:

 

 

 

 

 

  • Wassermangel war selbst im Jahrhundertsommer des letzten Jahres bei uns kein Thema;
  • Wasser können wir in vielen Städten und Gemeinden direkt aus dem Wasserhahn trinken;
  • In allen bayerischen Seen kann man unbedenklich baden, der Tegernsee, an dem Sie gerade vorbei gefahren sind, ist hierfür ein besonders gutes Beispiel. Viele unserer Seen haben sogar nahezu Trinkwasserqualität.
Dieses saubere Wasser ist aber nicht allein ein "Gottesgeschenk", sondern das Ergebnis von Jahrzehnten einer gezielten und konsequenten Gewässerschutzpolitik:

 

 

 

 

 

 

  • Seit Kriegsende haben die bayerischen Kommunen rund 5,2 Mrd. Euro in die Wasserversorgung investiert. Dazu erhielten sie rund 3 Mrd. Euro an Zuwendungen vom Freistaat.
  • Heute versorgen rund 2.500 Wasserversorgungsunternehmen mit 3.600 Gewinnungsanlagen aus rund 10.000 Brunnen und Quellen 98,6 % der bayerischen Bevölkerung mit Trinkwasser.
  • 95 % des bayerischen Trinkwassers stammen heute aus dem Grundwasser und aus den Quellen.
  • Dabei gelangen zwei Drittel des Trinkwassers in Bayern ohne jede Aufbereitung zum Verbraucher.
Gleichzeitig gehört der durchschnittliche Trinkwasserpreis in Bayern mit 1,35 Euro je Kubikmeter zu den geringsten in Deutschland. Der deutsche Durchschnitt liegt bei 1,72 Euro je Kubikmeter.

 

 

 

Schutz des Grundwassers

 

Die Qualität des bayerischen Trinkwassers ist deutscher Rekord. Aber auch diese Qualität ist "nicht vom Himmel gefallen", sondern Ergebnis eines konsequenten Schutzes:

 

 

 

 

  • In Bayern wird Grundwasser flächendeckend geschützt.
  • Zusätzlich und speziell für den Schutz von sauberem Trinkwasser sind Wasserschutzgebiete eine bewährte Schutzstrategie und Garant für hohe Trinkwasserqualität

Die bayerische Linie:

Privatisieren und Liberalisieren, wo es sinnvoll ist!

 

Sie wissen, dass der Freistaat Bayern mit dem Reformprojekt „Verwaltung 21 – Reform für ein modernes Bayern“ eine umfangreiche Verwaltungsreform betreibt. Dafür überprüfen wir Aufbau, Struktur und Organisation der Behörden. Unser Ziel ist ein zukunftsfähiger Staat, der sich auf die notwendigen staatlichen Aufgaben konzentriert.

 

Diese notwendige Strukturreform schließt eine Aufgabenkritik ein. Der Staat wird sich auf seine Kernaufgaben konzentrieren. Ein Rückzug aus Aufgabengebieten, die von privater Seite genauso gut oder sogar besser geregelt werden können, ist sinnvoll und angesichts der finanziellen Situation auch notwendig. Staatliches Engagement hat sich auf die strikte Notwendigkeit zu beschränken und nicht auf Wünschenswertes.

 

Wir werden aber gleichzeitig nicht den Fehler machen, bewährte Strukturen zu zerschlagen. Und zu diesen bewährten Strukturen gehört für die CSU unsere seit Jahrzehnten qualitativ hochwertige und quantitativ voll ausreichende Wasserversorgung. Die von mir soeben genannten Zahlen sprechen hier eine deutliche Sprache.

 

Liberalisierung der Wasserwirtschaft:

Mehr Risiken als Chancen

 

Nach unserer festen Überzeugung überwiegen die Risiken, die wir bei einer Liberalisierung unserer Wasserwirtschaft eingehen würden, gegenüber eventuellen Vorteilen, wie z.B. niedrigeren Verbraucherpreisen.

 

Es gibt daher keinen Anlass für grundlegende Änderungen – es sei denn, unser Expertengespräch brächte hier wesentliche Neuerungen ans Licht. Aus diesem Grund lehnt Bayern eine Liberalisierung der Trinkwasserversorgung strikt ab. Die Wasserversorgung muss eine Pflichtaufgabe der Kommunen bleiben.

 

Natürlich kann eine Beteiligung Privater sinnvoll sein, die Entscheidungshoheit hierüber muss aber bei den Kommunen bleiben. Und dass diese bei der Wasserversorgung alle Möglichkeiten ausschöpfen müssen, effizient und wirtschaftlich zu arbeiten, versteht sich von selbst.

 

 

Sylvensteinspeicher – Beispiel für erfolgreiche bayerische Wasserwirtschaft

 

Um unser heutiges Thema, das Pro und Contra einer Liberalisierung der Wasserwirtschaft in Deutschland, an einem konkreten Beispiel veranschaulichen zu können, hätten wir nur eine kurze Fahrt ins benachbarte Isartal zu machen brauchen. Dort, nur ca. 15 km von hier entfernt, an der Grenze zu Tirol, befindet sich auf ca. 750 m Höhe der Sylvensteinspeicher.

 

Der Sylvensteinspeicher staut neben der Isar auch deren Seitenzuflüsse Dürrach und Walchen auf. Dadurch entstand im Jahr 1959 ein je nach Wasserstand zwischen 4 und 7 km² großer, fjordartiger See mit einem Gesamtstauraum von 124,3 m² Wasser,der sich so natürlich in die Berglandschaft einfügt, als sei er ein Relikt aus der Eiszeit.

 

Seit seiner Inbetriebnahme bietet der Sylvensteinspeicher den Bewohnern des Isartals Schutz vor Hochwasser. In Trockenzeiten dient er der Aufhöhung des durch Wasserableitungen geschmälerten Isarabflusses. Daneben hat er sich zu einem Anziehungspunkt für Naherholung und Fremdenverkehr entwickelt und erzeugt mit seinen Wasserkraftwerken umweltfreundlichen Strom. Auch viele seltene Pflanzen- und Tierarten haben sich um den See herum angesiedelt.

 

All dies war und ist nur möglich, weil sich der Freistaat Bayern in vorbildlicher Weise um die Planung und Erhaltung des Sylvensteinspeichers kümmert.

 

Welcher private Wasseranbieter könnte uns das Gleiche bieten?

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Kontakt

Dr. Mechthild Scholl

Dr

Referentin KommunalAkademie

Mechthild.Scholl@kas.de +49 2241 246-4427 +49 2241 246-54427
Expertengespräch
9. - 10. März 2005
Bildungszentrum Wildbad Kreuth der Hanns-Seidel-Stiftung
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