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Veranstaltungsberichte

Tag des Glücks

Die Volkskammerwahl am 18. März 1990

„Zettelfalten“ – so nannten die DDR-Bürger ihre Stimmabgabe zur Volkskammerwahl. Seit 1950 versuchte die SED durch systematische Wahlfälschungen ihre Macht zu legitimieren und ihre in der Verfassung festgeschriebene führende Rolle zu bestätigen. Erst 40 Jahre später, nach friedlicher Revolution und Mauerfall, sollte sich dies ändern.

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Am 18. März 1990 fanden die ersten und zugleich letzten freien Wahl der DDR statt. Mit einer Veranstaltung im ehemaligen Staatsratsgebäude in Berlin erinnerte die Konrad-Adenauer-Stiftung mit zahlreichen Zeitzeugen an diesen, wie ihn Dr. Hans-Gert Pöttering in seiner Begrüßung nannte: „Tag des Glücks, der der entscheidende Schritt auf dem Weg zur Deutschen Einheit war.“

Für die letzte Präsidentin der Volkskammer, Dr. Sabine Bergmann-Pohl, waren die Wahlen rückblickend ein „wichtiger Bestandteil des Demokratisierungsprozesses“ der DDR-Bürger und der Beginn einer „intensiven und harten Bewährungsprobe in Sachen Politik“. Keiner der neu gewählten Volkskammermitglieder konnte auf parlamentarische Erfahrung zurückgreifen. Umso wichtiger sei die Kooperation mit dem Bundestag, aber insbesondere mit dem damaligen Kanzler Helmut Kohl und seinen Vertrauten gewesen: „Ohne den Willen Kohls wäre unsere Geschichte eventuell anders verlaufen.“

Für den Historiker Prof. Dr. Andreas Rödder stand im März 1990 zwar die deutsche Einheit „zur Wahl aber nicht mehr ernsthaft zur Debatte“, schon weil sie etwa aus ökonomischen Gründen alternativlos war. Das Ergebnis sei denn auch ein „Mandat für einen schnellen Beitritt“ gewesen und habe den auf dem Gleis stehenden Zug zur deutschen Einheit „unter Volldampf gesetzt“. Dieser Zug allerdings erreichte schon bald schweres Gelände. Enttäuschungen stellten sich ein: in Ostdeutschland über das ausbleibende zweite Wirtschaftswunder und in Westdeutschland über die von vielen als Bürde empfundene Hilfe zum Wiederaufbau. Dabei seien „Fehleinschätzungen bei einem Ereignis dieser Größenordnung unvermeidbar“, so Rödder, der beide Seiten ermutigte, stolz auf das Erreichte zu sein.

Im anschließenden Podiumsgespräch erinnerte der letzte Ministerpräsident der DDR,

Dr. Lothar de Maizière, an die Herkulesaufgabe, die mit dem 18. März für ihn und seine Mitstreiter begann: „Das Land musste vor Chaos bewahrt werden.“ Deswegen seien zunächst die Kommunen wieder handlungsfähig gemacht worden. Dabei war für de Maizière stets Antrieb, dass „wir erhobenen Hauptes der BRD beitreten wollten“. Es sollte nicht das Gefühl einer Kapitulation aufkommen. Die Volkskammerwahl habe dabei geholfen und „hat uns unsere Würde zurückgegeben“, so de Maizière.

Dr. Rudolf Seiters, Bundesminister a.D., räumte mit dem Vorurteil auf, bei der letzten Volkskammer habe es sich um eine „Laienschauspielertruppe“ gehandelt. Trotz nicht vorhandener Erfahrungen habe sie die Herausforderungen „gut gemeistert“, nicht zuletzt durch eine gehörige Portion „gesunden Menschenverstand“.

Gegen gleich zwei Legenden wehrte sich Dr. Theo Waigel, Bundesminister a.D.. Zum einen sei der Euro mitnichten ein Zugeständnis an die europäischen Partner für deren Ja zur Wiedervereinigung gewesen. Die Idee einer gemeinsamen Währung gab es seit 1946; die Weichen dafür durch den Delors-Bericht im Frühjahr 1989 gestellt worden. Zum anderen reklamierte er das Konzept der Wirtschafts- und Währungsunion für sein Ministerium. „Das kam nicht aus dem Bundeskanzleramt“, unterstrich Waigel.

Eine vielsagende Anekdote steuerte schließlich Prof. Dr. Richard Schröder, Vorsitzender der SPD-Fraktion in der Volkskammer, bei. Er gab zu, dass er froh über den hohen Sieg der „Allianz für Deutschland“ war. Andernfalls hätte er den selbsternannten Spitzenkandidaten der SPD, Ibrahim Böhme, zum Ministerpräsidenten wählen müssen. „Davor hatte ich große Albträume“, so Schröder unter Applaus.

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