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Wasserwerk-Gespräch am Tag der Deutschen Einheit

von Juliane Diel

Zeitzeugen erinnern sich

Im Herbst dieses Jahres jährt sich zum zwanzigsten Mal die friedliche Revolution in der DDR von 1989, die eine fast 40-jährige Phase der politischen Unterdrückung, Entmündigung und Unfreiheit beendete und ein Jahr später in die Wiedervereinigung Deutschlands mündete.

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Anlässlich dieses freudigen Jubiläums schenkte die Konrad-Adenauer-Stiftung dem diesjährigen Tag der Deutschen Einheit am 3. Oktober besondere Aufmerksamkeit. Im Rahmen des regelmäßig stattfindenden Wasserwerkgesprächs in Bonn wurde das denkwürdige Ereignis durch eine Autorenlesung, einer Podiumsdiskussion und einer begleiteten Fotoausstellung gewürdigt.

Im Foyer des früheren Neuen Plenarsaals des Deutschen Bundestages stimmte die Ausstellung „GRAUZONE - Fotografien aus Leipzig und Berlin / 1988 – 1991“ des Fotografen Ralf Schuhmann zusammen mit Musikstücken der Protestbewegung die rund 600 Gäste auf das Thema „20 Jahre friedliche Revolution“ ein. Die Fotos zeigten die großen Veränderungen in Ostdeutschland, die sich von der Endzeit der DDR über den Fall der Berliner Mauer bis in die Phase nach der Deutschen Wiedervereinigung vollzogen.

In ihrer Begrüßung erinnerte die stellvertretende Vorsitzende der Konrad-Adenauer-Stiftung Prof. Dr. Beate Neuss an die einmalige Dynamik, die durch die friedliche Revolution 1989 in Gang gebracht wurde. In nur einem Jahr wurde eine Phase der Unterdrückung und Entmündigung in der DDR beendete.

In seiner Lesung aus dem Buch „Wäldchenstag“ und Kolumnen aus seinem noch nicht veröffentlichten Werk „Heimatkunde“ griff auch der Autor Dr. Andreas Maier die Kritik am DDR-Regime auf und reflektierte humorvoll, was die Deutsche Einheit für ihn persönlich bedeutet.

In der anschließenden Diskussion mit prominenten Zeitzeugen und Vertretern aus Wissenschaft, Kunst und der jungen Generation standen ebenfalls die persönlichen Erlebnisse zur Wiedervereinigung im Fokus des Gesprächs. Moderator Helmut Herles, früherer Chefredakteur des Bonner Generalanzeigers, entlockte den Diskutanten ihre Erinnerungen an diese Zeit. Der damalige Chef des Bundeskanzleramtes und heutige Präsident des Deutschen Roten Kreuzes, Dr. Rudolf Seiters, berichtete, dass auch für ihn die Ereignisse des 9. Novembers völlig überraschend gewesen seien. Mittags fragte ihn noch ein Mitarbeiter, ob er nach Hause gehen könne und er antwortete „Gehen sie ruhig – heute passiert sowieso nichts mehr.“ Gemeinsam mit Hans-Jochen Vogel habe er bei einem Gespräch über innerdeutsche Fragen die ersten Meldungen bekommen. Dass die totale Öffnung der Grenze bevorstand, ahnte er jedoch noch nicht. Auch der Bürgerrechtler und Publizist Konrad Weiß wurde von den Ereignissen völlig überrascht. Im Fernsehen verfolgte er die Pressekonferenz Günter Schabowskis, in der die Reisefreiheit bekannt gegeben wurde. Er weckte daraufhin seine 18-jährige Tochter, damit sie das historische Ereignis nicht verpasse und fuhr sofort zum Kurfürstendamm. Dort sah er schon von weitem die freudig feiernde Menschenmenge.

Der ehemalige Stipendiatensprecher der Konrad-Adenauer-Stiftung, Martin Hesse, geboren in Chemnitz und zur Wendezeit sechs Jahre alt, amüsierte die Zuhörer mit zwei seiner glücklichen Erinnerungen an die Wendezeit: Zum einen musste er samstags nicht mehr die Schulbank drücken und zum anderen durfte er die erste Coca-Cola seines Lebens trinken.

Auch der Moderator selbst erzählte von seinen Erlebnissen. Als damaliger Korrespondent der FAZ in Berlin nahm er gerade an einer Haushaltsdebatte in Bonn teil. Diese wurde durch die Botschaft unterbrochen, dass die Ausreise aus der DDR genehmigt sei. Darauf hin erhoben sich spontan die Abgeordneten und sangen die Nationalhymne. „Das war ein bewegender Moment, bei dem nicht nur ich Tränen in den Augen hatte“, so Herles. Allerdings sei dieses Glücksgefühl von damals wieder verflogen, was ihn zu der Frage an das Podium veranlasste, was in Sachen Wiedervereinigung gelungen und misslungen ist und welche Anstrengungen noch überwunden werden müssen.

Positiv merkte dazu der Fotograf Ralf Schuhmann an, dass in 20 Jahren Einheit schon sehr viel bewegt wurde. Jedoch benötige es noch weiterer Zeit, um Deutschland zu einer Einheit zu machen. Der persönliche Austausch zwischen Ost und West müsse stärker fokussiert werden. Zudem fordert Schuhmann mehr Gerechtigkeit für die Opfer des SED-Regimes. Konrad Weiß betonte ebenfalls: „Es ist ein Prüfstein für Gesamtdeutschland, wie es mit den Opfern umgeht, die für diese Demokratie gekämpft haben. Die DDR war ein Unrechtstaat und muss auch als solcher verurteilt werden. Darüber darf es keine Debatte geben.“ In Weiß Augen wurde jedoch das wichtigste Ziel der friedlichen Revolution erfüllt: Die Wiedervereinigung Deutschlands und die Freiheit für die Menschen. Dass dabei Fehler gemacht wurden, habe die Überstürzung der Ereignisse mit sich gebracht. Dieser Aussage stimmte auch Dr. Rudolf Seiters zu und unterstrich: „Mit der Schnelligkeit, in der wir handeln mussten, wurde damals alles richtig gemacht.“ Aus dem heutigen Standpunkt räumte er aber ein, dass das Verhältnis zwischen Tätern und Opfern zu klären und auch die Rückgabe und Entschädigungen von Enteignungen noch aufzuarbeiten seien. Er gab zu bedenken, dass das gesellschaftliche Bewusstsein sowohl im Westen wie auch Osten der Republik über Jahre hinweg geprägt wurde und es nach wie vor eine schwierige Aufgabe sei, diese Menschen zusammen zu führen. Dieses Problem benannte auch die stellvertretende Stiftungsvorsitzende und Politikwissenschaftlerin Dr. Beate Neuss: „Die Menschen im Osten waren unzufrieden, da die Leistungen alle aus dem Westen kamen. Ganze Generationen hatten es sehr schwer, sich auf das neue Leben in der Sozialen Marktwirtschaft einzustellen.“ Martin Hesse zog als Vertreter der jungen Generation am Ende noch einmal die Bilanz. In seinen Augen hat sich in den vergangenen 19 Jahren sehr viel getan. Sein Leben - mit Auslandsstudium und offenen beruflichen Optionen - hätte ohne die friedliche Revolution nie in dieser Weise stattfinden können. Er appellierte, dass auch in der jungen Generation die Demokratie nicht zur Selbstverständlichkeit werden dürfe.

In ihrem Schlusswort zur Veranstaltung betonte die Leiterin der Hauptabteilung Politische Bildung der Konrad-Adenauer-Stiftung Dr. Melanie Pipenschneider noch einmal, dass die Deutsche Einheit ein Anlass zur Freude und Glückseeligkeit sein solle und schickte dankbare Grüße nach Ludwigshafen an Dr. Helmut Kohl, der als Kanzler der Deutschen Einheit den Weg dazu ebnete.

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13. Mai 2009
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