Zivilgesellschaft aktiv im Kampf gegen die Kriminalität
Veranstaltungsberichte
Diesen Fragen widmete sich das Forum „Bürgerbeteiligung in Zeiten der organisierten Kriminalität“, das gemeinsam mit der Stiftung IMPULSA unter Leitung von Gerardo Priego Tapia am 21. April in Villahermosa/Tabasco stattfand. Die Lage des Bundesstaates selbst - obwohl er nicht in gleicher öffentlicher Aufmerksamkeit steht wie z.B. Chihuahua, Guerrero oder Sinaloa – ist dabei hochgradig alarmierend. Das lässt sich z.B. an einer steigenden Zahl von Entführungsfällen nachweisen, von denen nicht zuletzt die hohe Zahl von Migranten betroffen ist, die Tabasco von Zentralamerika kommend Richtung USA durchqueren. Hinzu kommen interethnische und interreligiöse Konflikte sowie solche um Landverteilungsfragen, die oft gewaltsam ausgetragen werden. Zudem ist der Südwesten Mexikos von einer prekären sozialen Situation weiter Bevölkerungsgruppen gekennzeichnet, die die Anfälligkeit gegenüber dem organisierten Verbrechen erhöht. Guerillaaktivitäten kommen hinzu.
Die Vertreter der Zivilgesellschaft, die beim Forum prominent zu Wort kamen, legten ihre Finger in klaffende Wunden Mexikos und speziell seines Justizsystems. Zu ihnen gehörten u.a. Isabel Miranda de Wallace, Präsidentin der Organisation „Alto al Secuestro“, Orlando Camacho Nacenta von „SOS“ und Maria Elena Morera de Galindo, Vorsitzende des Verbandes „México unido contra la delincuencia“.
Einige Fakten verdeutlichen dies: derzeit existieren in Mexiko rund 800.000 Haftbefehle, die nicht vollstreckt werden. 85 Prozent der Delikte werden –aus unterschiedlichsten Motiven – erst gar nicht angezeigt. Die 400.000 Polizeibeamten des Landes verteilen sich auf 2086 verschiedene Korporationen, von den 2022 in der Verantwortung der jeweiligen Bürgermeister stehen. 60 Prozent der Gefängnisinsassen sitzen dort wegen Vergehen von einem Gegenwert von unter 5000 Pesos, viele ohne Prozess. Gleichzeitig werden aus den Gefängnissen heraus kriminelle Aktivitäten im großen Umfang gesteuert, z.B. telefonische Erpressungen. Das Land gibt zwar 200 Milliarden Pesos pro Jahr für Verbrechensbekämpfung aus, viele Haushaltstitel werden allerdings nicht ausgeschöpft bzw. „diskret“ umgeleitet.
Die beteiligten Organisationen der Zivilgesellschaft beklagten mangelnde Handlungsfähigkeit bzw. Handlungsbereitschaft seitens der Politik und einen hohen Grad an Korruption in Polizei und Justiz. Nicht zuletzt das daraus resultierende Vertrauen der Bürger begünstige Kriminalität. Es müsse allerdings eine Bürgerkultur der Einmischung geschaffen werden, speziell mit Blick auf nachbarschaftliche Verantwortung und Kriminalitätsprävention. Entsprechend wichtig seien auch „reformas ciudadanas“, die die Bürger stärker an Staat und Politik beteiligten. An den aktuell debattierten Gesetzen zur Bekämpfung der Entführungskriminalität, zur öffentlichen Sicherheit und zum Opferschutz wirke man aktiv mit. Durch ein intensives Monitoring, sogenannte „Oberservatorios“, wolle man Politik und Justiz auf die Finger schauen und sie zur Rechenschaft ziehen.
Die Veranstaltung war ist eingebettet in ein mit der Stiftung IMPULSA verabredetes Maßnahmenbündel im Bundesstaat Tabasco, das im laufenden Jahr noch zahlreiche Bürgerforen, einen Kongress zu den wirtschaftlichen und sozialen Perspektiven des Bundesstaates sowie Aktivitäten zur Motivation von Bürgerbeteiligung in den fünf wichtigsten Gemeinden der fünf Regionen des Bundesstaates – in Verbindung mit kulturellen Initiativen – enthalten wird.
Bereitgestellt von
Auslandsbüro Mexiko
Über diese Reihe
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