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Veranstaltungsberichte

Zukunft der Wehrpflicht – „5 plus 1“

von Dr. Patrick Keller

Was leistet der neue Grundwehrdienst?

Die von der schwarz-gelben Bundesregierung beschlossene Verkürzung der Wehrpflicht auf sechs Monate gab der KAS den Anlass, eine Podiumsdiskussion zur Zukunft der Wehrpflicht durchzuführen. Drei Fragen standen dabei im Mittelpunkt: Ist eine abermals verkürzte Wehrpflicht überhaupt noch sicherheitspolitisch zu rechtfertigen oder bereits der "Einstieg in den Ausstieg"? Wie kann eine sechsmonatige Wehrpflicht sinnvoll ausgestaltet werden? Welche Rolle wird die Bundeswehr in Zukunft übernehmen – und wie können Wehrdienstleistende dementsprechend effizient ausgebildet und eingesetzt werden?

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Die Diskutanten fanden sehr unterschiedliche Antworten auf diese Fragen. So sprach sich Major Dr. Detlef Buch (SWP) für das Konzept "5+1" (Ahammer/Nachtigall) aus, das eine fünfmonatige Grund- und Spezialausbildung mit einem Monat berufsvorbereitender Förderung kombinieren möchte. Dies mache den Wehrdienst für die Lebensplanung des Einzelnen plausibel und leiste durch den Fokus der Spezialausbildung auf Katastrophenschutz und Sanitätsdienst einen nachvollziehbaren gesellschaftlichen Beitrag. Dies helfe auch, eine schließliche Abschaffung der Wehrpflicht zu vermeiden, mit der die meisten Staaten schlechte Erfahrungen gemacht hätten.

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Von links: Major Dr. Detlef Buch, Ernst-Reinhard Beck MdB, Dr. Patrick Keller, General a.D. Kersten Lahl, Prof. Dr. Berthold Meyer

Der verteidigungspolitische Sprecher der Unionsfraktion im Deutschen Bundestag, Ernst-Reinhard Beck, wandte sich ebenfalls gegen eine Abschaffung der Wehrpflicht – nicht zuletzt, weil dies erhöhte Kosten und eine schlechtere Einbindung der Armee in die Gesellschaft zur Folge hätte. Allerdings befand er das "5+1"-Konzept für sicherheitspolitisch nicht überzeugend, sondern plädierte für eine stärkere Einbindung des Wehrpflichtigen in die Truppe, um ihn später besser als Reservisten nutzen zu können. Dazu gehöre auch, dass die sechsmonatige Wehrpflicht "das absolute Minimum" sei und "stärkere Flexibilität" entwickeln müsse.

Noch grundsätzlicher forderte General a.D. Kersten Lahl, Präsident der Bundesakademie für Sicherheitspolitik, die Wehrpflicht (sicherheits-)politisch und gesellschaftlich zu legitimieren. Daher erfordere die Verkürzung einen qualitativen Neuansatz in der inhaltlichen Ausgestaltung, der im Einklang mit den neuen Herausforderungen stehe, welche die Bundeswehr im 21. Jahrhundert zu meistern habe. Es sei allerdings sehr schwierig, dies in sechs Monaten zu leisten, zumal Diskussionen um die Wehrpflicht auch immer von einer emotionalen Komponente geprägt seien.

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Prof. Dr. Berthold Meyer von der Hessischen Stiftung für Friedens- und Konfliktforschung zweifelte ebenfalls an der Sinnhaftigkeit eines sechsmonatigen Wehrdienstes. Darüber hinaus hegte er grundsätzliche Zweifel an der Wehrpflicht, unter anderem aufgrund mangelnder Wehrgerechtigkeit. Er kritisierte die Verkürzung als rein politisch motivierten Kompromiss und schlug stattdessen einen allgemeinen gesellschaftlichen Freiwilligendienst vor, der sowohl bei zivilen Organisationen als auch beim Militär abgeleistet werden könne. Der Dienst solle durch eine gute Bezahlung und spätere Vergünstigungen reizvoll gestaltet werden. Eine Resonanz für ein solches Konzept sei durch Meinungsumfragen zu belegen.

Die anschließende Aussprache mit dem Fachpublikum führte zu mehreren Ergebnissen. So wurde das "5+1"-Modell mit Blick auf seine sicherheitspolitische Solidität mehrheitlich abgelehnt – insbesondere für eine Einsatzarmee, zu der die Bundeswehr sich nach Ansicht der meisten Teilnehmer entwickele, sei diese Ausgestaltung der Wehrpflicht wenig hilfreich. Ganz abgesehen davon, dass die für Auslandseinsätze bedeutsame Zahl freiwillig Wehrdienstleistender durch solch ein Modell zurückgehen würde, gibt es bereits im Inland genügend Tätigkeiten zur Unterstützung der Einsätze, die von Wehrdienstleistenden ausgeübt werden sollten.

Zugleich bestand große Einigkeit darüber, dass der Sinn des Wehrdienstes gesellschaftlich vermittelbar sein muss und sich nicht nur an militärischen Bedürfnissen ausrichten darf, um eine Entfremdung von Militär und Bevölkerung zu vermeiden. Es herrschte jedoch wenig Klarheit, wie ein sechsmonatiger Dienst ablaufen sollte, der gesellschaftlichen und individuellen Erwartungen ebenso gerecht wird wie sicherheitspolitischen Notwendigkeiten. Es steht zu hoffen, dass die entsprechenden Arbeiten im Verteidigungsministerium bald zu einem Ergebnis führen, das diesen Überlegungen gerecht wird.

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