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Zwischen innerer Dynamik und globaler Verantwortung

Experten blicken auf 60 Jahre Volksrepublik China zurück

Am 1. Oktober 1949 rief Mao Zedong die kommunistische Volksrepublik China aus. In den 60 Jahren, die seitdem vergangen sind, hat das Land sowohl beim Bevölkerungswachstum als auch beim Wachstum seiner Wirtschaftsleistung historisch beispiellose Zuwächse verzeichnen können. Wo die Volksrepublik jenseits dieser Zahlen an ihrem 60. Geburtstag steht, darüber haben sich in der Akademie der Konrad-Adenauer-Stiftung drei ausgewiesene China-Experten bei einer Kooperationsveranstaltung mit dem Inforadio des rbb unterhalten.

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Dabei wurde deutlich, dass das bevölkerungsreichste Land der Welt mit großer Lernfähigkeit einen eigenen Weg in die globalisierte Welt sucht. „China ist ständig am Experimentieren, was zugleich ein hohes Maß an Dynamik und Unsicherheit mit sich bringt“, sagte Prof. Rolf Langhammer, der Vizepräsident des Instituts für Weltwirtschaft an der Universität Kiel.

Doch nicht nur diese enorme wirtschaftliche Dynamik ist es, die weltweit Ängste auslösen. Vor allem Menschenrechts-Fragen und Probleme des Umweltschutzes sorgen immer wieder für Verstimmungen zwischen China und dem Westen.

Zum Umgang mit diesen Differenzen sagte Prof. Sebastian Heilmann, China-Experte von der Universität Trier: „Europäische Maßstäbe passen nicht auf China. Auf der Basis von Respekt vor dem Erreichten – der Armutsbekämpfung, den humanitären Veränderungen, den wirtschaftlichen Leistungen – ist ein guter Dialog möglich.“

Dr. Heinrich Kreft, der außenpolitische Berater der CDU/CSU-Fraktion im Bundestag, betonte, dass sich der deutsche Dialog mit China in den vergangenen Jahren zu sehr auf die Wirtschaft konzentriert hat, während der politische Bereich vernachlässigt wurde. Alle drei Experten stimmten darin überein, dass eine gemeinsame europäische Stimme gegenüber China hilfreich wäre, bisher jedoch an den Einzelinteressen innerhalb der EU scheitert.

Von Inforadio-Moderatorin Sabine Porn nach dem Geheimnis des chinesischen Wirtschaftsbooms befragt, fanden die Experten unterschiedliche Antworten. Sebastian Heilmann verwies auf die chinesische Praxis, Ziele zentral vorzugeben, Instrumente dafür aber dezentral und auf regionaler Ebene zu finden. „Dadurch werden sehr realitätsnahe Lösungen angewendet“, so Heilmann.

Heinrich Kreft sieht eine weitere große Stärke der chinesischen Wirtschaft in ihrer Innovationskraft. „Was den Hightech-Bereich angeht, ist China das Laboratorium der Welt“, so Kreft. Aus Sicht von Sebastian Heilmann besteht in diesem Bereich besonders großes Konfliktpotential zwischen der deutschen und chinesischen Wirtschaft. „Der chinesische Aufstieg trifft beispielsweise bei den Erneuerbaren Energien Kernbereiche des deutschen Wohlstands“, so Heilmann. Daher müsse in diesen Bereichen der Technologieabfluss nach China verlangsamt werden.

Um die Auseinandersetzung der Chinesen mit ihrer Geschichte und ihrem politischen System ging es im letzten Teil der Diskussion. Die Experten stimmten darin überein, dass die ersten 30 Jahre der Volksrepublik unter Maos Herrschaft – der ‚Große Sprung nach vorne’ und die Kulturrevolution –, in der öffentlichen Diskussion ausgeklammert sind. „In den Köpfen ist diese Zeit allerdings sehr wohl präsent“, so Heinrich Kreft, der darin eher einen Antrieb für die Öffnung und Entwicklung des Landes sieht.

Rolf Langhammer beobachtet auf seinen zahlreichen China-Reisen, dass das Interesse der Chinesen an ihrer eigenen Geschichte und Kultur wächst. Allerdings erschwere das komplett vereinheitlichte Schulsystem in China nicht nur die Auseinandersetzung mit der Vergangenheit, sondern sei auch für die Zukunftsfähigkeit des Landes von Nachteil. „Dieses System muss sich ändern, um die individuelle Kreativität zu fördern“, so Langhammer.

Dies ist nicht die einzige Herausforderung, die auf die Kommunistische Partei Chinas zukommt. Die Experten nannten das stagnierende Export-Geschäft, gesellschaftliche Transformationsprozesse sowie die schnell wachsenden Unterschiede zwischen Arm und Reich als weitere potentielle Konfliktherde. Gleichzeitig zeigten sie sich aber beeindruckt von der Personalpolitik der Kommunistischen Partei. Heinrich Kreft sprach von „brillanten Leuten an der Parteispitze“, Sebastian Heilmann verwies auf den hohen Anteil von jungen intelligenten Frauen, die man auf allen Hierarchie-Ebenen antreffe.

Auch deswegen erwarten die Experten in nächster Zukunft keinen grundsätzlichen Umbruch im politischen System Chinas. Die Partei dulde keine externen Machtpole, und solange die Wirtschaft weiter wachse, drohe auch innerparteilich keine Spaltung.

In Fragen des Herrschaftssystems, auch darin waren sich die Experten einig, ist die politische Elite Chinas weit weniger flexibel als in wirtschaftlichen.

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