Lecture
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Als Béji Caid Essebsi Anfang März 2011 an die Spitze der mittlerweile dritten Übergangsregierung des nachrevolutionären Tunesiens trat, drohte das Land, in dem der Arabische Frühling seinen Ausgang genommen hatte, ins Chaos zu stürzen. Die Sicherheitslage verschlechterte sich dramatisch, ungezügelte Streiks waren an der Tagesordnung, die politische Klasse kaum neu formiert, inländische wie ausländische Investitionen stockten, der Tourismus brach ein und Fabriken schlossen ob der ungewissen Zukunft ihre Tore. Zudem stieg die bereits ohnehin hohe Zahl der Arbeitslosen täglich. Es waren entscheidende Tage und Wochen, in denen es dem 84-jährigen Essebsi, der seine politische Karriere unter Staatsgründer Bourguiba begonnen und im Ministerrang beendet hatte und in den 80er Jahren auch Botschafter Tunesiens in Deutschland war, gelang, die widerstreitenden Kräfte des neuen und freien Tunesiens wenn nicht zu harmonisieren, so doch zumindest an einen Tisch zu bringen und sie zum konstruktiven Handeln zu bewegen. Zudem war er in der Lage, auch international das Vertrauen in die Zukunft des Landes wieder herzustellen. „Die Revolution ist noch keine Demokratie“, mit diesem mittlerweile legendären Satz erinnerte er seine Landsleute immer wieder daran, dass die neue Freiheit auch Verantwortung bedeutet – und Zeit braucht. Als er die Regierungsgeschäfte nach den Wahlen zur Verfassungsgebenden Versammlung im Oktober und der erfolgten Regierungsbildung im Dezember an seinen Nachfolger übergab, waren die bestehenden Herausforderungen bei weitem noch nicht gelöst, aber das Land war in ruhigere Fahrwasser gelenkt. Ob und wie die demokratische Transition in Tunesien gelingt, wird dabei nicht nur entscheidend sein für das Land selber, sondern auch für die gesamte Region.
BCE – wie er von vielen bewundernd und zuweilen mit Zuneigung – genannt wird, begleitet die politischen Entwicklungen seines Landes weiterhin mit Aufmerksamkeit und meldet sich als kritischer Geist immer wieder zu Wort. Am Vorabend des Unabhängigkeitstages der Republik Tunesien, dem 20. März, laden wir Sie herzlich zu der Vortragsveranstaltung „Unabhängigkeit – Revolution – Demokratischer Übergang. Tunesien als Modell für die Arabische Welt“ ein.
Programm
18.00 Uhr
Einführung
Prof. Dr. Norbert Lammert MdB
Präsident des Deutschen Bundestages
18.15 Uhr
Vortrag von
Beji Cajid Essebsi
Premierminister a.D. der tunesischen Republik
Diskussion
19.00 Uhr
Empfang