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Aufbau einer europäischen Dateninfrastruktur

European Data Infrastructure – Common Perception, Common List?“ Das war der Titel einer der Podiumsdiskussionen während des European Data Summit 2018 der Konrad-Adenauer-Stiftung. Diese Zusammenfassung veröffentlichen wir zeitgleich mit der Neufassung der Public Sector Information-Richtlinie. Durch Steuermittel finanzierte Daten haben oft einen infrastrukturellen Charakter. Der freie Zugang zu dieser Ressource stärkt die Wettbewerbsfähigkeit Europas. Die Aufnahme von offenen Daten in den Titel der Richtlinie (einer unserer Empfehlungen) spiegelt eine strategische politische Zielsetzung wider, öffentlich finanzierte Daten konsequent der ganzen Gesellschaft zugänglich zu machen.

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Die digitale Politik der Mitgliedstaaten sollte dem Ziel einer europäischen Datenwirtschaft als Teil des digitalen Binnenmarkts entsprechen. Daten haben den Charakter einer Infrastruktur. Um der Gesellschaft hochwertige Datensätze frei zur Verfügung zu stellen, braucht es aber politischen Willen.

Großbritannien war Ende der 1990er-Jahre ein wahrer Innovator auf dem Gebiet der Public Service Information (PSI). Der Beitrag der britischen Regierung war für die offene Datenpolitik und die 2003 verabschiedete EU-Richtlinie von wesentlicher Bedeutung. Dazu gehört auch die Aufnahme der Liste von hochwertigen Datensätzen in die G8-Charta. Ein weiterer Treiber ist heute die französische Politik, die ein Gesetz über die „Digitale Republik“ verabschiedet hat. Frankreich definierte Kategorien von vorrangig im öffentlichen Sektor gehaltenen Daten, die von grundlegendem Wert für die ganze Gesellschaft sind. Nach dem Brexit braucht es in der EU umso mehr politische Einigkeit bei der Festlegung einer innovativen Datenpolitik.

 

Das Datenspektrum bestimmt den Zugang zu Daten

Mit der im Koalitionsvertrag geplanten Fortsetzung der Open-Data-Gesetzgebung hat Deutschland die Möglichkeit, dem Konzept des britischen Open Data Institutes zu folgen und aufzuzeigen, dass Daten sich unterscheiden: Von offenen Daten über geteilte Daten bis hin zu geschlossenen Daten. Es bedarf eines Rechtsrahmens, der sicherstellt, dass Daten innerhalb dieses Spektrums richtig eingeordnet werden. Dadurch wird die Bestimmung, wer Zugriff auf welche Art von Daten hat, erleichtert. Es geht jedoch nicht nur darum, die Datenfrage aus datenschutzrechtlicher Sicht anzugehen oder zu hinterfragen, ob der Datenzugriff offen oder geschlossen ist. Zwischen beide Extremen muss die Möglichkeit einer gemeinsamen Datennutzung bestehen. Es gibt Daten, die für verschiedene Gruppen mittels unterschiedlicher Zugangsmodelle verfügbar sein müssen. Der vollständige Ausschluss von medizinischen Daten etwa würde die Erforschung neuer Medikamente und Therapien einschränken.

 

Offenheit beruht auf zwei Säulen: Zugang und Wiederverwendung

Die EU-Datenpolitik muss den Grundsatz der Subsidiarität respektieren. Die Binnenmarktkompetenz, d. h. die Tatsache, dass es Wirtschaftstätigkeiten gibt, die auf Daten aufbauen, gewährt der EU jedoch die Gestaltungskompetenz, sich an der Rechtsangleichung der Bedingungen zur Nutzung von Daten zu beteiligen.

Derzeit gibt es in der Gesellschaft ein Bestreben nach mehr Transparenz. Dies hat dazu geführt, dass die Änderungsanträge der PSI (Open-Data-Richtlinie) von diesem Prinzip geleitet wurden – und sich weniger auf die Stärkung des Binnenmarktes konzentrierten. Die Informationsfreiheit ist eine nationale Zuständigkeit, welche einer weiteren Harmonisierung entgegensteht. Doch ohne die Harmonisierung ist es fraglich, wie das Ziel einer europäischen Datenwirtschaft im Bereich der Informationen des öffentlichen Sektors erreicht werden soll. Da es offensichtliche rechtliche Hürden im EU-Vertrag gibt, sollte man sie bei künftigen Vertragsänderungen im Blick haben.

 

Eindeutiger Fall für eine öffentliche Dateninfrastruktur

Wenn es in einer Gesellschaft politischen Konsens darüber gibt, dass zumindest einige Daten gesamtgesellschaftlich essenziell sind und diese von der Regierung verwaltet werden, dann ist dies ein klarer

Fall für eine öffentliche Dateninfrastruktur. Angesichts des mit diesen Daten verbundenen erheblichen sozioökonomischen Nutzens, sollten sie auch als öffentliche Infrastruktur behandelt werden. Als Beispiel seien hier raumbezogene Daten genannt. Alle Dienste mit Geo-Lokalisierung, die Bürger auf ihren Mobiltelefonen als Apps in Anspruch nehmen, funktionieren nur auf Basis präziser Kartierungsinformationen. Die Frage ist, wer Zugang zu dieser Daten hat und inwieweit sie wiederverwendbar sind. Beispielsweise stellt Frankreich gegenwärtig das dem Institut national de l’information zugrunde liegende Modell um: Von einem kostenpflichtigen Wiederverwendungsmodell zu einem steuerfinanzierten Modell (s. auch POPSIS Studie). Dies bedeutet nicht die Einführung einer neuen Steuer. Die Erwartung ist vielmehr (s. Pollock, 2009), dass zusätzliches Einkommen durch bereits existierende Steuern generiert wird, sodass die Verluste ausgeglichen werden. Auf diese Weise wird die zur Aufstellung der Daten-Infrastruktur benötigte Investition gewährleistet werden.

 

„Zweckmäßige Datenbereitstellung“– kein Widerspruch zu „prinzipieller Datenoffenheit“

Ein isoliertes Datenangebot ist weniger effektiv, als eine zielgerichtete und problembezogene Datenbereitstellung. Daher gilt es den von dem internationalen Open Data Charter vorgeschlagenen Ansatz der zweckgebundenen Bereitstellung (publish with purpose) zu unterstützen. Er steht im Einklang mit zukünftigen Kategorien hochwertiger Datensätze. Wenn wir die „prinzipielle Datenoffenheit“ (Open by Default) anstreben, ist die „zweckmäßige Datenbereitstellung“ das erste Etappenziel auf dem Weg dorthin.

*Der Artikel bezieht sich auf die Podiumsdiskussion mit Malte Beyer-Katzenberger, Ania Calderon, Leigh Dodds, Nils Börnsen und Walter Palmetshofer während des European Data Summit 2018 in Berlin.

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