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kurzum

Ein Ordnungsrahmen für die Weiterbildung

von Thomas Köster, Leonie Mader
Die digitale Arbeitswelt – wie vermag sie auszusehen? Die Antwort auf diese Frage zeichnet sich in Teilen schon ab, ist jedoch weiterhin offen. Doch so unterschiedlich die Szenarien auch sind, so haben sie gemein, dass eine steigende Bedeutung von Weiterbildung und lebenslangen Lernens eintreten wird. Dieses Papier arbeitet heraus, welche politischen Maßnahmen für mehr Weiterbildung und Weiterbildungskultur auf Basis der bisherigen Erkenntnisse sinnvoll erscheinen. Dabei fungiert die Soziale Marktwirtschaft als wirtschaftspolitisches Leitbild.

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Aktuelle Herausforderungen

Produktionsprozesse erfolgen zunehmend automatisiert und digitalisiert – Upgrades und Updates werden zum Alltag. In der Tendenz werden dabei die Erfindung, der Einsatz und die Verbesserung von Technik beschleunigt. Für den einzelnen Arbeitnehmer ist es wichtig, mit diesen Veränderungen und sich wandelnden Tätigkeiten umgehen zu können. Der Schlüssel dafür liegt im lebenslangen Lernen und der Fähigkeit, neue Errungenschaften für den eigenen Beruf sinnvoll einsetzen zu können. In der deutschen Weiterbildungslandschaft gibt es jedoch gegenwärtig einen Nachholbedarf, der zum Erhalt der Attraktivität des Wirtschaftsstandortes Deutschland in einer digitalen Arbeitswelt adressiert werden muss. Die politische Weiterentwicklung dieser Weiterbildungslandschaft sollte dabei dem Leitbild der Sozialen Marktwirtschaft folgen. Diese steht für einen Marktmechanismus, der es allen Akteuren frei ermöglicht, Leistungen anzubieten oder wahrzunehmen. Dort, wo dieser Mechanismus nicht greift oder politisch gewollt nicht greifen soll, unterstützt der Staat. Arbeitnehmer sind mündige Akteure, die eine Wahl zwischen einer Vielzahl an Angeboten haben sollen. Über den Marktmechanismus wird ihr Potential für Unternehmen ausgehandelt und verwertet. Wenn Busfahrer beispielsweise nicht mehr benötigt werden, weil Busse autonom fahren, sollte der Staat diesen Beruf nicht künstlich erhalten. Vielmehr müssen betroffene Berufsgruppen verschiedene Möglichkeiten haben, sich weiterzubilden, z.B. vom Busfahrer zum Fahrplanmanager. Der Staat sollte an dieser Stelle aber nicht aktiv lenken, sondern Rahmen setzen1. Es gilt, Orientierung zu bieten und gute Voraussetzungen für eine eigenverantwortliche Berufsgestaltung zu schaffen. Vor diesem Hintergrund sehen wir gegenwärtig folgende Handlungsbedarfe:  
 

 

Anerkennung und Durchlässigkeit

Derzeit gibt es eine Vielzahl von mehr oder minder formalen Zertifikaten, deren Anerkennung mitunter eine Herausforderung darstellen kann2. Kann eine Weiterbildung nicht anerkannt werden, sinkt ihr Mehrwert für die berufliche Laufbahn. Gesucht werden deshalb flexible Anerkennungsmöglichkeiten, die der Vielzahl von Abschlüssen gerecht werden und eine rationale Wahl ermöglichen. Die Anerkennung muss dabei nicht nur durch die Arbeitgeber, sondern auch durch die staatlichen Bildungsinstitutionen erfolgen, die derzeit noch zu stark auf die grundständige Erstausbildung fixiert sind. Bestehende Angebote von Hochschulen wie Weiterbildungsmaster müssen systematischer verzahnt werden, um Arbeitnehmern den Aufbau eines breiten Portfolios an Kompetenzen zu ermöglichen. Dabei gilt es insgesamt zu berücksichtigen, dass unterschiedliche Formate anerkannt werden können: So widmet sich der Deutsche Qualifikationsrahmen der Zuordnung zu einem Kompetenzniveau, während die Externenprüfung  auf einen Vergleich mit staatlich anerkannten Ausbildungsberufen abzielt.

 

Sichtbarkeit

Die Weiterbildungslandschaft wird mitunter als Flickenteppich beschrieben.3 Einerseits hält sie eine Vielzahl von Angeboten bereit. Andererseits ist die Suche nach dem richtigen Angebot für den individuellen Bedarf mitunter schwierig. Deshalb rückt die Frage in den Vordergrund, wie unter Berücksichtigung bestehender Datenbanken und regionaler Begebenheiten Interessierte bei der Suche nach Angeboten unterstützt werden können.

 


Zielgruppe

Aufgrund des demographischen Wandels sind derzeit v.a. ältere Arbeitnehmer im Fokus von Weiterbildungsmaßnahmen. Auch Personen mit einer höheren Qualifikation nehmen regelmäßig Angebote war. Eine Herausforderung besteht jedoch in der Einbindung von Erwachsenen mit Migrationshintergrund, mit maximal einem Hauptschulabschluss, ohne abgeschlossene Berufsbildung sowie Arbeitslosen.4 Insofern muss eine ausdifferenzierte Weiterbildungslandschaft verschiedenen Zielgruppen mit verschiedenen Bedarfen gerecht und mit sozial- wie bildungspolitischen Unterstützungsmaßnahmen verzahnt werden.

 


Unternehmenskultur

Derzeit hat die Größe und die Branche eines Unternehmens einen großen Einfluss darauf, wie ausgeprägt lebenslanges Lernen ist.5 Dieses Gefälle muss verringert werden, da Weiterbildung nicht mehr nur Kür, sondern Pflicht ist. Es gilt zu diskutieren, wie diese Unternehmenskultur auch stärker in kleinen und mittelständischen Betrieben verbreitet werden kann.

 


Mediatisiertes Lernen als zentrale Lernform

Ein dezentrales Angebot kann durch den Trend zum mediatisierten, selbstorganisierten Lernen am Arbeitsplatz gestärkt werden. Zu nennen sind hier beispielsweise intelligente digitale Assistenzsysteme. Ein intelligent-kreativer Mix aus Präsenz- und netzgestützten Weiterbildungsangeboten „on demand“ ist ein vielversprechender Weg, um Fachkräfte zukunftsfähig im Arbeitsprozess weiterbilden zu können.
Diesen Handlungsbedarfen muss mit ganzheitlichen Konzepten begegnet werden, um die Attraktivität des Wirtschaftsstandortes Deutschland zu erhalten und zugänglich zu machen.

 

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  1. Vgl.: Köster, Thomas (2018): Kompetenzvermittlung in der Arbeit 4.0., in kurzum Nr. 6, Februar 2018. Sankt Augustin/Berlin 2018.
  2. Edelmann, Doris; Fuchs, Sandra (2018): Messung und Zertifizierung von Kompetenzen in der Weiterbildung aus (inter-)nationaler Perspektive. In: Tippelt, R.; von Hippel, A. (Hrsg): Handbuch Erwachsenenbildung, Springer Reference Sozialwissenschaften.
  3. DIPF (2018): Bildung in Deutschland  2018. Ein indikatorengestützter Bericht mit einer Analyse zu Wirkungen und Erträgen von Bildung.
  4. Ebd.
  5. Abel, Jörg (2018): Kompetenzentwicklungsbedarf für die digitalisierte Arbeitswelt. FGW-Studie Digitalisierung von Arbeit 09. 

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Thomas Köster

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