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Wahlkampffinanzierung in Brasilien

Wie teuer ist der Wahlkampf für Parteien und Kandidaten?

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Am 18. Juni 2018 wird das Oberste Wahlgericht (portugiesisch: Tribunal Superior Eleitoral, TSE) die Gelder aus dem Wahlfonds (etwa 1,7 Mrd. Reais, rund 400 Mio. EUR) und dem Parteifonds (etwa 1 Mrd. Reais, über 200 Mio. EUR) an die zu den Wahlen zugelassenen Parteien verteilen. Insgesamt werden zur Finanzierung des Wahlkampfes rund 2,7 Mrd. Reais (über 600 Mio. EUR) unter den Parteien aufgeteilt. Über ein Drittel der Summe entfällt auf die mitgliederstarken Parteien: die Partei der Sozialen Demokratie Brasiliens (PSDB; ca. 247 Mio. Reais, also über 57 Mio. EUR), die Arbeiterpartei (PT, ca. 292 Mio. Reais, also über 68 Mio. EUR) sowie die Partei der Demokratischen Bewegung Brasiliens (MDB, ca. 313 Mio. Reais, also über 73 Mio. EUR). Die restlichen zwei Drittel der Summe werden unter den anderen 32 Parteien aufgeteilt.

Den Parteivorsitzenden obliegt es, die Gelder innerhalb der Parteien zu verteilen. Hierdurch kommt den Parteivorsitzenden in diesem Jahr eine Schlüsselrolle zu, denn in den Vorjahren waren die Kandidaten durch nahezu unbegrenzt hohe Spenden von Unternehmen bei der Finanzierung ihres Wahlkampfes weniger auf die Parteispitzen angewiesen. Viele Parteien haben bereits angekündigt, vor allem in die Kandidaten zu investieren, die sich um ein Amt der Exekutive bewerben. Bereits in der Vergangenheit gewählte Volksvertreter der Legislative sollen ebenfalls verstärkt unterstützt werden. Für Politik-Neulinge – und somit für neue Gesichter und Akteure in der brasilianischen Politik - scheinen die Parteien weniger Gelder zu reservieren. Die dringend benötigte politische Erneuerung des fünftgrößten Landes der Welt wird somit eher nicht von außen kommen. Das Oberste Wahlgericht setzt jedoch folgende Rahmenbedingungen: Mindestens 30% des Wahlfonds müssen weiblichen Kandidaten zugutekommen.

Neben den Parteien können auch Privatpersonen Kandidaten unterstützen: Privatpersonen dürfen maximal 10% ihres Privatvermögens spenden. Das Verbot von Firmenspenden ist zweifelsohne im Sinne der Korruptionsprävention und –bekämpfung. Gleichzeitig favorisiert es reiche Kandidaten, die über ausreichend finanzielle Möglichkeiten zur Selbstfinanzierung ihres Wahlkampfes verfügen. Um Exzesse zu vermeiden, wirkt das Oberste Wahlgericht regulierend. Gemäß Resolution 23.553 vom 18. Dezember 2017 dürfen Kandidaten bei der Finanzierung ihres Wahlkampfes (Eigenkapital + Spenden von Privatpersonen + Gelder aus dem Wahl- oder Parteifonds) folgende Grenzen nicht überschreiten:

Höchstgrenzen für den Wahlkampf der Kandidaten für Ämter auf nationaler Ebene:

 

 

 

 

  • Staatspräsident: 70 Mio. Reais (über 16 Mio. EUR) im ersten Wahlgang; weitere 35 Mio. Reais (über 8 Mio. EUR) im zweiten Wahlgang
  • Senatoren: zwischen 2,5 Mio. Reais (über 580.000 EUR) und 5,6 Mio. Reais (über 1,3 Mio. EUR) in Abhängigkeit der Anzahl der Wähler pro Bundesstaat
  • Mitglieder des Abgeordnetenhauses: 2,5 Mio. Reais (über 580.000 EUR)
Höchstgrenzen für den Wahlkampf der Kandidaten für Ämter auf bundesstaatlicher Ebene:

 

 

 

  • Gouverneure: zwischen 2,8 Mio. Reais (über 650.000 EUR) und 21 Mio. Reais (über 4,9 Mio. Euro) in Abhängigkeit der Anzahl der Wähler pro Bundesstaat
  • Abgeordnete der Parlamente der Bundesstaaten: 1 Mio. Reais (über 230.000 EUR)

Weitere Informationen in portugiesischer Sprache finden Sie hier:

 

 

 

Vergleich mit der Wahlkampffinanzierung in Deutschland

Im Vergleich dazu erscheinen die Beträge für den Wahlkampf in Deutschland regelrecht bescheiden. Nach Informationen von Statista sollen die beiden größten Koalitionsparteien des Kabinetts Merkel IV – CDU und SPD – zusammen 40 Millionen Euro für den Bundestagswahlkampf ausgegeben haben. Die Ausgaben von FDP, Grünen und Linken sollen sich auf insgesamt 17 Millionen Euro belaufen. Die CSU und AfD hätten keine Angaben zu Wahlkampfbudgets gemacht, so Statista. Vergleicht man die Summen, die brasilianische und deutsche Kandidaten für den Einzug in die jeweiligen nationalen Parlamente investieren (dürfen), so fallen die umgerechnet über 580.000 Euro der brasilianischen Kandidaten sehr viel höher aus. Medienberichte beziffern die Wahlkampfkosten der Bundestagskandidaten zwischen wenigen Tausenden von Euro bis zu rund 100.000 Euro.

Weitere Medienberichte zu den Kosten des Wahlkampfes in Deutschland:

 

 

 

 

 

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