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„Als habe die Propaganda der SED gesiegt“

Beim 1. Hohenschönhausen-Forum im ehemaligen Stasi-Gefängnis diskutierten Forscher und Zeitzeugen über die Weitergabe von Diktaturefahrung. Schon im ersten Panel wurde klar, dass dafür dringender Bedarf herrscht: Es ging um das fehlende Wissen der Schüler über die Diktatur in der DDR.

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Die meisten Jugendlichen verbinden mit der DDR immer weniger eine Diktatur. Dies konnte Uwe Hillmer vom Forschungsverbund SED-Staat in einer breit angelegten Studie unter mehr als 5200 Schülern aus Berlin, Brandenburg, Nordrhein-Westfalen und Bayern aufzeigen. „In den neuen Ländern wird vor allem die soziale Seite des Staates gelobt, während repressive Elemente ausgeblendet werden“, berichtet er von seinen Forschungsergebnissen. Die Mehrheit aller Befragten konnte zudem auch Wissensfragen zur DDR nicht beantworten. Als Jahreszahl für den Mauerbau habe Hillmer von den Schülern Daten von 1848 bis 1978 erhalten.

Dabei sei Wissen ganz entscheidend: „Wir haben in unserer Studie festgestellt: Je mehr die Schüler wissen, desto kritischer sind sie der DDR-Politik gegenüber.“ Den Schülern fehle es zudem an Verständnis, um zwischen Demokratie und Diktatur zu trennen. Die DDR werde zunehmend weicher gezeichnet, viele Schüler würde gar nicht wissen, wie ein Leben in der DDR aussah. „Beinahe“, resümiert Hillmer überspitzt, „scheint es so als habe die Propaganda der SED gesiegt.“

Dass dieses falsche Verständnis von Kommunismus nicht nur ein deutsches Problem ist, zeigte Professorin Aida Kruze von der lettischen Universität in Riga anhand einer kleinen Umfrage unter 70 lettischen Schülern der 12. Klasse auf. „Die meisten haben ein sehr oberflächliches Verständnis von Kommunismus und werden dabei von Stereotypen geleitet“, sagt sie. Für die Mehrheit sei diese Staatsform positiv konnotiert, wobei es den Schülern selbst so kurz vor ihrem Schulabschluss an einer eigenen Meinung und Vorstellung zu diesem Problem mangele. Helfen kann nach Kruzes Ansicht vor allem erzählen und erklären: „Nicht nur in Massenmedien, auch in Familien muss das Thema in Gesprächen behandelt werden.“

Wichtig und grundlegend für das Wissen der Jugendlichen in jedem Staat ist aber vor allem der Schulunterricht. An dieser Stelle hat auch Kinga Hartmann von der Sächsischen Bildungsagentur eingehakt. „Es ist sehr viel zu tun, aber nur mit Kritik kommen wir nicht weiter. Wir brauchen Maßnahmen, wie man mit dem Stand der Geschichtsbildung in Schulen umgehen kann“, so Hartmann.

Sie hat deshalb ein Projekt initiiert, dessen Methode bei der Aufarbeitung dienen kann. Länderübergreifend hat sie mit deutschen und polnischen Schülern sowie Lehrern unter dem Motto „Geschichte verstehen – Zukunft gestalten“ die Beziehung zwischen Deutschland und Polen zwischen 1933 und 1949 in Workshops erarbeitet. Auf dieser Basis entstand ein Lehrbuch für den Geschichtsunterricht mit Inhalten, die in einem der beiden Staaten oder gar beiden noch nie in der Schule behandelt wurden. „Diese Methode ermöglicht es schwierigste Themen gemeinsam auf den Tisch zu bringen“, erklärt die Projektleiterin. Sie hofft, mit dieser positiven Erfahrung ein Vorbild für Aufarbeitungsprojekte an anderen Schulen zu sein. Die Diskussion machte deutlich, dass diese nicht früh genug beginnen können.

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