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„Europa muss handeln“

Roderich Kiesewetter über die außenpolitische Verantwortung Deutschlands und der EU

Angesichts der gemeinsamen Sicherheitsbedrohungen und der komplexen Transformationsprozesse in Nordafrika und im Nahen Osten müssen Deutschland und die Europäischen Union ihrer Verantwortung gerecht werden und sich in der Region noch stärker engagieren, lautete die Botschaft des Bundestagsabgeordneten Roderich Kiesewetter. Dabei brauche es einen kooperativen Ansatz und eine vertrauensvolle Zusammenarbeit mit den Partnern vor Ort, wie Tunesien.

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Der Obmann für Außenpolitik der CDU/CSU-Fraktion diskutierte auf Einladung der Konrad-Adenauer-Stiftung (KAS) und des Tunesischen Instituts für Strategische Studien (ITES) bei einem Expertengespräch in Tunis mit Fachpolitikern und Analysten.

Von einer „mehr als freundschaftlichen Beziehung“ zwischen Tunesien und Deutschland sprach eingangs Dr. Hatem Ben Salem, der Direktor des ITES. Wenngleich es historische Bande zwischen den beiden Ländern gebe, so habe das Interesse und Engagement Deutschlands für Tunesien nach 2011 sprunghaft zugenommen. In Tunesien sei man dafür sehr dankbar und bemühe sich seinerseits um eine Intensivierung. Dr. Hardy Ostry, Leiter des Auslandsbüros der Konrad-Adenauer-Stiftung, bekräftigte das fortdauernde Engagement der Stiftung im Land und gratulierte ITES, das auch als strategisches Beratungsorgan für das tunesische Präsidialamt fungiert, zu seiner kürzlich erfolgten Neuaufstellung. In einem gemeinsamen Konferenzzyklus werden ITES und KAS dieses Jahr Zukunftsfragen Tunesiens diskutieren und Lösungsvorschläge erarbeiten.

„Vor 70 Jahren lag unser Land und Europa in Trümmern“, leitete Kiesewetter seine Grundsatzrede ein und begründete aus der deutschen Geschichte heraus die kooperationsorientierte Außenpolitik der Bundesrepublik. Anstatt Konfrontation sollten Verhandeln und Austausch nunmehr im Vordergrund stehen. Allerdings seien die Euphorie und die Hoffnung nach der Wiedervereinigung, ein „von Freunden umzingeltes“ Deutschland könne nun von einer Friedensdividende zehren und sich allein sozialer und wirtschaftlicher Wohlfahrt widmen, inzwischen überholt. Gerade mit Blick auf die Konflikte in der Nachbarschaft der EU könne sich Berlin nicht mehr auf eine Rolle als „internationaler Kommentator“ beschränken. Seit Jahren wiesen gerade die Außenpolitiker der CDU darauf hin, erinnerte Kiesewetter, dass Deutschland stattdessen internationale Verantwortung und Solidarität zeigen müsse. Derzeit vollziehe die deutsche Außenpolitik einen entsprechenden Anpassungsprozess. Dieser käme auch in der gegenwärtigen Erarbeitung eines neuen Weißbuches der Bundesregierung zur Sicherheitspolitik zum Ausdruck.

Dass die auf internationalen Dialog und internationale Legitimität beruhende Grundhaltung bundesrepublikanischer Außenpolitik gleichwohl fortbesteht, erläuterte Kiesewetter an der deutschen Haltung zu Militärinterventionen. Für Deutschland seien dafür drei Voraussetzungen unabdingbar: ein UN-Mandat oder ein vergleichbares Mandat im Auftrag der internationalen Gemeinschaft, ein Vorgehen im Rahmen eines multilateralen Verbundes (wie Vereinte Nationen, Nato oder OSZE) sowie eine Einbettung der militärischen Aktion in ein politisches Konzept. Kiesewetter nannte die Interventionen im Irak 2003 und in Libyen 2011 als Beispiele, wo ein solches Konzept, das alle Konfliktparteien in das Post-Konflikt-Management einbeziehe, gefehlt habe – mit desaströsen Konsequenzen.

Kiesewetter beschrieb anschließend die aus seiner Sicht drei wichtigsten außenpolitischen Herausforderungen, denen sich Deutschland und die Europäische Union derzeit ausgesetzt sehen. Erstens gelte es einen angemessenen Umgang mit Russland zu finden, das über seine aggressive Außenpolitik in der Ukraine und in Syrien nicht zuletzt versuche, den europäischen Zusammenhalt zu unterminieren. Zweitens stellten der Terrorismus und die zerfallenden Staaten in Nahost/Nordafrika ein zunehmendes Sicherheitsrisiko dar. Hier brauche es eine gemeinsame und starke europäische Antwort. Eine Politik der Lippenbekenntnisse und Strategiepapiere aus Brüssel reiche nicht aus. Die EU müsse dafür die geeigneten praktischen Instrumente entwickeln und dann auch einsetzen. Dabei dürften die Europäer nicht auf eine trügerische „Friedhofsruhe“ in ihrer Nachbarschaft setzen, sondern müssten die nachhaltige politische und ökonomische Fortentwicklung und Reform dieser Staaten unterstützen. Als dritte große Bewährungsprobe nannte Kiesewetter die Flüchtlingskrise, für die es Lösungsstrategien auf allen Ebenen brauche, einschließlich der internationalen Zusammenarbeit.

Der aus Aalen in Baden-Württemberg stammende Bundestagsabgeordnete erinnerte abschließend an den „gemeinsamen Kulturraum“, der Europa und die südlichen Mittelmeerländer verbinde. Seine Heimatstadt habe einst an der Nordgrenze des römischen Reiches am Limes gelegen, dessen südliche Ausdehnung das heutige Tunesien markierte. Kiesewetter warb dafür, gerade junge Menschen auf beiden Seiten des Mittelmeers für Austausch und gegenseitiges Kennenlernen und Verständnis zu begeistern. Damit werde letztlich die Grundlage für die Bewältigung der gemeinsamen Aufgaben im euro-mediterranen Raum geschaffen.

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Dr. Holger Dix

Dr. Holger Dix

Leiter des Regionalprogramms Politischer Dialog Subsahara-Afrika, Interimsleiter des Auslandsbüros Südafrika

holger.dix@kas.de +27 11 214 2900 +27 11 214 2914

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