Asset-Herausgeber

Veranstaltungsberichte

Herausforderungen für die Stabilisierung des Nahen Ostens

KAS und MERI organisieren jährliches „MERI Forum“ mit Fokus auf Instabilität im Nahen Osten und potentielle Lösungsansätze

Mit Unterstützung des Auslandsbüro Syrien/Irak der Konrad-Adenauer-Stiftung (KAS) hat das Middle East Reserach Institute (MERI) am 23. und 24. Oktober das jährliche MERI Forum in Erbil organisiert. An der Veranstaltung nahmen hochranginge Entscheidungsträger aus dem Irak und Experten sowie Diplomanten aus dem Nahen Osten, Europa und den Vereinigten Staaten teil.

Asset-Herausgeber

Der stellvertretende Ministerpräsident der Autonomen Region Kurdistan (ARK) Qubad Talabani eröffnete die Konferenz mit einer Rede zur politischen Lage im Irak und in der ARK. Fokus der Veranstaltung war die anhaltende Instabilität im Nahen Osten. Die verschiedenen Panels diskutieren sowohl die Ursachen für die Probleme und Herausforderungen mit denen die Region konfrontiert ist, als auch mögliche Lösungsansätze für diese.

Herausforderungen im Irak und die Kurdenfrage

Am ersten Tag des Forums fanden vier Panels statt, die sich mit den folgenden Themen beschäftigen: (1) Reform des Regierungssystems im Irak im Hinblick auf Dezentralisierungsbestrebungen; (2) Herausforderungen für die Staats- und Nationenbildung im Irak; (3) die Kurdenfrage im Nahen Osten; (4) das Handeln der Europäischen Union (EU) mit dem Ziel, ideologisch motivierte Gewalt zu mindern. Das erste Panel bekräftige, dass die Umsetzung von Dezentralisierungsmaßnahmen im Irak für eine effiziente und effektive Regierungsführung von entscheidender Bedeutung sei und die neue irakische Regierung umfassende Schritte in diese Richtung unternehmen sollte. Die Teilnehmer stimmten darin überein, dass vor allem Kompetenzen und Verantwortungsbereiche zwischen den verschiedenen administrativen Ebenen im Land klarer definiert und durchgesetzt werden sollten. Das zweite Panel hob hervor, dass das Fehlen einer starken irakischen Nationalidentität eine Bürde für das Land sei und hierbei insbesondere den mangelhaften gesellschaftlichen Zusammenhalt begünstigt sowie verstärkt habe. Im dritten Panel bekräftigen die Diskussionsteilnehmer, dass der Zusammenhalt zwischen den kurdischen Gebieten im Nahen Osten – also den einzelnen Regionen in der Türkei, in Syrien, im Irak und im Iran, in denen die Kurden die Bevölkerungsmehrheut stellen – gestärkt werden müsse. Um Einheit unter den Kurden zu erreichen, sei bewaffneter Kampf jedoch keine Lösung. Vielmehr könnten Dialog, Verhandlungen und voranschreitende Demokratisierung der Gesellschaften im Nahen Osten die Kurdenfrage lösen.

Die EU als Akteur im Nahen Osten und Extremismus im Irak

Das vierte Panel diskutierte die Rolle der EU in der Region und die Fähigkeiten des europäischen Bündnisses, als außenpolitischer Akteur effektiv zu agieren. In diesem Handeln sei die EU mit zentralen Herausforderungen konfrontiert. Dazu gehöre vor allem die Frage der Geber-Koordinierung, im Rahmen derer die EU deutliche Schwierigkeiten habe, einen einheitlichen Standpunkt zu formulieren. Als Resultat trete die EU oftmals viel zu spät als Akteur mit einer eigenen Agenda in Konfliktländern in Erscheinung. Schwierigkeiten bereite ebenfalls die Thematik der Konflikt-Sensitivität der EU, die überwiegend von den Mitgliedsstaaten getrieben ist. Aufgrund des Erstarkens populistischer Parteien werde es immer schwieriger, drängende außenpolitische Probleme angemessen zu adressieren. Hierbei führe die Krise des Liberalismus in Europa auch dazu, dass es der EU immer schwerer falle, als Advokat fundamentaler Grundrechte und Grundfreiheiten in der Welt zu agieren. Dieses Problem umfasse zudem das schwierige Balancieren zwischen Interessen bzw. Pragmatismus auf der einen und dem Einstehen für gewisse Werte auf der anderen Seite. Vor allem im Nahen Osten stelle dieses schwierige Abwägen die EU oftmals vor Herausforderungen.

Im Rahmen des vierten Panels wurde darüber hinaus die Rolle von ideologisch motivierter Gewalt (Violent Extremism) im Irak angesprochen. So werde im Irak oftmals nicht zwischen Violent Extremism und Terrorismus unterschieden, obwohl beide Probleme unterschiedlicher Natur seien und damit unterschiedlicher Herangehensweisen bedürfen. Der Irak sei zu sehr auf die reine Terrorismusbekämpfung fokussiert, im Rahmen derer kurzfristig durch einen top-down Ansatz Sicherheit gewährleistet wird (hard security approach). Dabei werde die Bekämpfung von Violent Extremism, der praktisch die Grundlage für Terrorismus darstellt, vernachlässigt. Für die Bekämpfung von Violent Extremism seien so langfristige bottom-up Ansätze notwendig, im Rahmen derer lokale Gemeinschaften gestärkt werden und die Gesellschaft insgesamt stabilisiert wird. Da der Irak de facto von einer Phase des Konfliktes in die nächste abgleitet, seien derartige langfristige Ansätze gegenüber hard security Ansätzen nachgeordnet. Das Panel schlussfolgerte, dass Stabilisierungsbemühungen durch ein solches Vorgehen allerdings zu stark militarisiert würden, wobei es weder zu einer nachhaltigen Bekämpfung von Violent Extremism noch von Terrorismus komme.

Die Rolle regionaler und globaler Mächte im Nahen Osten

Der zweite Tag der Konferenz behandelte die Rolle regionaler und globaler Mächte im Nahen Osten. Dabei beschäftigten sich die drei Panels mit folgenden Themen: Stabilität im Irak und die Rolle der internationalen Gemeinschaft zur Gewährleistung dieser; Konflikt und Kooperation im Nahen Osten im Zeichen des Einflusses regionaler und globaler Mächte in der Region. Im Rahmen des ersten Panels betonten die Diskussionsteilnehmer die Wichtigkeit von Sicherheitssektorreform und wirtschaftlicher Entwicklung für die nachhaltige Stabilisierung des Irak. Darüber hinaus hoben sie die Rolle der Menschenrechte und die Notwendigkeit hervor, Frauen stärker in den politischen Prozess zu integrieren.

Im zweiten und dritten Panel wurde die regionale und globale Machtdynamik im Nahen Osten diskutiert. Vor allem die geopolitische Auseinandersetzung zwischen den Vereinigten Staaten und Russland sowie der regionale Konflikt zwischen Israel und Iran wirken sich negativ auf die gesamte Region aus. Gleichfalls schaffe die Ausbreitung nicht-staatlicher bewaffneter Akteure – vor allem jener Milizen, die von Teheran kontrolliert werden – in weiten Teilen der Region zentrale Probleme, für die es keine Lösungsansätze gäbe. Der Nahe Osten stehe vor einer anhaltenden Phase der Instabilität.

Ebenso mangele es im Nahen Osten an einem nachhaltigen Dialog über eine friedliche Lösung von Konflikten. Die internationale Gemeinschaft könne nur Stabilität im Nahen Osten schaffen, wenn sie dieses Defizit behebt. Die Schaffung inklusiver Institutionen (sowohl staatlicher als auch gesellschaftlicher Natur) sei eine Voraussetzung für die Herstellung von Stabilität. Hierbei sei es vor allem wichtig, die Zivilgesellschaft im Nahen Osten zu stärken.

Asset-Herausgeber

Kontakt

Laure-Maïssa Fargelat

Laure-Maïssa Fargelat bild

comment-portlet

Asset-Herausgeber

Bereitgestellt von

Auslandsbüro Irak

Asset-Herausgeber

Über diese Reihe

Die Konrad-Adenauer-Stiftung, ihre Bildungsforen und Auslandsbüros bieten jährlich mehrere tausend Veranstaltungen zu wechselnden Themen an. Über ausgewählte Konferenzen, Events, Symposien etc. berichten wir aktuell und exklusiv für Sie unter www.kas.de. Hier finden Sie neben einer inhaltlichen Zusammenfassung auch Zusatzmaterialien wie Bilder, Redemanuskripte, Videos oder Audiomitschnitte.

Asset-Herausgeber