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„Kohl hätte Friedensnobelpreis verdient"

Interview mit dem KAS-Ehrenvorsitzenden Bernhard Vogel

Der Ehrenvorsitzende der Konrad-Adenauer-Stiftung, Professor Bernhard Vogel, sieht den vor 30 Jahren zum Bundeskanzler gewählten Helmut Kohl als eine der prägenden Politiker-Persönlichkeiten der Bundesrepublik. Das sagte er in einem Interview mit Rasmus Buchsteiner.

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Lichtgestalt oder auch tragische Figur - wie wird Helmut Kohl in die Geschichtsbücher eingehen?

Bernhard Vogel: Er wird als zweiter großer Staatsmann der Bundesrepublik

Deutschland nach Konrad Adenauer in Erinnerung bleiben. Er hat viel bewegt.

Helmut Kohl hat frühzeitig die historische Chance der

Deutschen Einheit erkannt und alles dafür getan, dass sie genutzt wurde.

Menschen machen gelegentlich aber auch Fehler. Auch Helmut Kohl hat Fehler

gemacht. Aber er bleibt eine der wenigen wirklich herausragenden

Politikerpersönlichkeiten der deutschen Nachkriegsgeschichte.

Vor genau 30 fahren wurde Kohl Bundeskanzler. Ging es ihm damals allein um die Macht oder hatte er eine politische Vision?

Vogel: Helmut Kohl wurde vor allem deshalb Bundeskanzler, weil Helmut

Schmidt gescheitert war. Er hatte es nicht vermocht, seinen Kurs in der SPD

durchzusetzen. Helmut Kohl ist auch in CDU und CSU von nicht wenigen

unterschätzt worden. Als er vor 30 Jahren antrat, wurde ihm nur eine kurze

Amtszeit vorhergesagt. Da haben sich viele getäuscht. Herbert Wehner hat

jedenfalls Recht behalten mit seiner Einschätzung, dass Kohl eine lange

Amtszeit beschert sein würde.


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Kohl kündigte die „geistig-moralische" Wende an. War das nicht nur ein politisches Schlagwort?

Vogel: Helmut Kohl hatte eine Vision. Er trat als Erneuerer der

Christlich-Demokratischen Union an. Kohl verstand unter der

geistig-moralischen Wende die Rückgewinnung der Glaubwürdigkeit der

Bundesrepublik. Es gab im westlichen Bündnis erhebliche Irritationen über

den außenpolitischen Kurs der Bonner Regierung. Und die Bundesrepublik

befand sich zudem auch noch in einer tiefen wirtschaftlichen Krise. Kohl,

Hans-Dietrich Genscher und der Koalition aus CDU, CSU und FDP gelang es,

nach der politischen Wende von 1982 eine wirkliche Aufbruchstimmung zu

erzeugen.

Kohl regierte 16 Jahre, war erster Kanzler des wiedervereinigten Deutschlands. Und doch bleibt sein Umgang mit der CDU-Spendenaffäre hoch

umstritten. Wäre es nicht unbedingt notwendig gewesen, die Spendernamen zu nennen?

Vogel: Ich kenne die Spendernamen nicht und kann die Frage daher nicht

beantworten. Natürlich war die Spendenaffäre ein Ärgernis. Sie belastet das

öffentliche Bild von Helmut Kohl. In der Gesamtrückschau auf sein

politisches Lebenswerk aber wird die Spendenaffäre zu recht in den

Hintergrund rücken. Persönlich bereichert hat er sich nicht, nicht mit einem

einzigen Pfennig.

Seit der Affäre ruht der CDU-Ehrenvorsitz - wäre es Zeit, Helmut Kohl das Amt wieder anzutragen?

Vogel: Ich halte nichts von solchen Debatten. Helmut Kohl sind im Herbst

seines Lebens gesundheitliche Beschwerden leider nicht erspart geblieben.

Die Frage nach dem Ehrenvorsitz stellt sich nicht mehr.

Werden die Verdienste Helmut Kohls zu wenig gewürdigt?

Vogel: Er verfügt über hohes Ansehen, auf allen Ebenen der Partei. Wo auch immer ich unterwegs

bin und CDU-Veranstaltungen besuche, ist das zu spüren. Er ist nicht nur der

Kanzler der deutschen Einheit, sondern auch der Europäischen Einigung. Die

europäischen Verträge mögen vielleicht gewisse Konstruktionsfehler

enthalten, auch mit Blick auf die gemeinsame Währung. Aber das Projekt der

Vertieften europäischen Integration ist ohne Alternative. Ich würde mir

wünschen, dass Helmut Kohls Verdienst als Europäer stärker zur Kenntnis

genommen wird. Es wäre längst an der Zeit gewesen, Helmut Kohl für seine

historischen Leistungen mit dem Friedensnobelpreis zu würdigen.

Angela Merkel war schon unter Helmut Kohl Ministerin. Was unterscheidet den

Regierungsstil der beiden?

Vogel: Frau Merkel ist eine erfolgreiche Schülerin von Helmut Kohl. Sie hat

wie er die Gelassenheit, abzuwarten und nicht immer sofort zu entscheiden.

Wenn sie sich einmal festgelegt hat, agiert sie als Bundeskanzlerin genau so

entschlossen wie Helmut Kohl.

Kritiker sprechen davon, Kohl werde von seiner jetzigen Frau streng abgeschottet und er habe sich selbst von engen Weggefährten distanziert. Wie erleben Sie die Situation?

Vogel: Frau Kohl-Richter ist dafür zu danken, dass sie Helmut Kohl in aufopferungsvoller Weise pflegt und begleitet. Das

ist für mich das Wichtigste. Alles andere steht dahinter zurück. Die

Öffentlichkeit sollte sich mit dem politischen Wirken und der Lebensleistung

Helmut Kohls auseinandersetzen und nicht auf Veröffentlichungen über sein

Familienleben ausweichen.

Mit freundlicher Genehmigung der Passauer Neuen Presse.

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Bernhard Vogel KAS

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Passauer Neue Presse

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