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Zunehmender Druck

Gastautor leitet das Auslandsbüro Serbien/ Montenegro der Konrad-Adenauer-Stiftung mit Sitz in Belgrad

Jakov Devčić analysiert die Spannungen zwischen Serbien und dem Kosovo, die vor dem Hintergrund des Ukraine-Krieges zusätzliche Brisanz erhalten.

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Die vergangenen Wochen im Nordkosovo waren wieder von einer drohenden Eskalation geprägt. Auf den ersten Blick scheint das als eine Fortsetzung des altbekannten Streits zwischen Belgrad und Pristina. Tatsächlich aber haben sich seit dem Beginn des russischen Krieges in der Ukraine wesentliche Rahmenbedingungen verändert. Es gibt dennoch auch positive Entwicklungen.

Spätestens seit dem Sommer vergangenen Jahres geben sich die Sondergesandten der EU und der USA sowie die außenpolitischen Berater von Bundeskanzler Olaf Scholz und Präsident Emmanuel Macron in beiden Balkan-Hauptstädten die Klinke in die Hand. Im Zuge des russischen Krieges in der Ukraine sieht man ein Gelegenheitsfenster für die Beilegung des jahrzehntelangen Konflikts. Zwei Flugstunden von Berlin entfernt kann man sich zukünftig kein weiteres Spielfeld russischer Destabilisierung mehr leisten. Aus Belgrader Sicht möchte die Regierung der von Serbien nicht anerkannten Republik Kosovo ihre Amtsgewalt im mehrheitlich von Serben bewohnten Nordkosovo durchsetzen. Für die Regierung Serbiens begrenzt der zunehmende westliche Druck den außenpolitischen Spielraum.

Nach den orthodoxen Weihnachtstagen wird „der Westen" jetzt erneut versuchen, beide Seiten zur Lösung zu drängen. Für Serbien ist besonders wichtig, dass die kosovarische Seite endlich eine Vereinbarung von 2013 umsetzt. Laut dieser soll ein Verbund serbischer Gemeinden gegründet werden. Die Serben würden dadurch größere politische und kulturelle Gestaltungsmöglichkeiten erhalten. Gleichzeitig verlangt die kosovarische Regierung, dass die Serben wieder zurück in die staatlichen Institutionen zurückkehren. Polizisten, Richter und Verwaltungsbeamte hatten vor einigen Wochen ihre Arbeitsplätze verlassen, da sie keine Anordnungen aus Pristina mehr umsetzen wollten. Das wären zwei wichtige Schritte hin zu einer Normalisierung der Beziehungen. Damit Vertrauen entsteht, muss eine der beiden Seiten einen ersten Schritt machen.

„Der Westen“ sollte dies mit konkreten politischen Fortschritten bei der EU-Integration belohnen. Das gegenseitige Vertrauen besteht zumindest in Teilen außerhalb des politischen Bereichs. Nachdem sich die Handelsbeziehungen zwischen beiden Ländern bereits 2021 positiv entwickelt hatten, ist der Warenaustausch auch im vergangenen Jahr um mehr als 22 Prozent gestiegen. Die Wiederaufnahme des Post-, Eisenbahn-und Flugverkehrs würde weitere Kooperationspotenziale eröffnen. Vorbereitungen dafür wurden bereits getroffen.

Die notwendigen Investitionen könnten aus EU-Mitteln getätigt werden. Beide Seiten könnten durch die Nutzung des Ibar-Flusses und des Gazivoda-Staudamms Fortschritte bei Stromerzeugung und -handel machen. Infolge des 2014 von der damaligen Bundeskanzlerin Angela Merkel initiierten Berliner Prozesses sind sich junge Kosovaren und Serben bei schulischen Austauschprogrammen näher gekommen. Vertreter aus Zivilgesellschaft und Wissenschalt besuchen sich selbstverständlich. 24 Jahre nach Kriegsende ist dies schon ein Erfolg für sich.

Für Serbien, das Kosovo und die EU wäre es wünschenswert, wenn in diesem Jahr der Leitspruch „Wirtschaft folgt Politik“ ausnahmsweise umgedreht würde. Dafür müssen Belgrad und Pristina im Interesse ihrer Bürger mehr Bereitschaft für gemeinsame Zukunftsinitiativen zeigen.

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Jakov Devčić

Jakov Devčić

Leiter des Auslandsbüros Serbien / Montenegro und Interimsleiter des Auslandsbüros Bosnien-Herzegowina

jakov.devcic@kas.de +381 11 4024-163 +381 11 4024-163
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Über diese Reihe

Diese Reihe informiert zeitnah über wichtige Ereignisse und Entwicklungen unserer Arbeit und soll das breite Spektrum unserer Aktivitäten aufzeigen.

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