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Konrad-Adenauer-Stiftung e. V.

Länderberichte mal anders

Bildungszugang für Menschen mit Behinderungen in Kanada

von Kristina Webb

Inklusion weltweit – aktueller Stand aus Kanada

Öfter als vermutet, haben junge kanadische Menschen mit Behinderungen beim Zugang zu Bildung mit Schwierigkeiten zu kämpfen. Obwohl die Regierung zahlreiche Ressourcen für diese Zielgruppe bereitstellt, haben sie es im Vergleich zu ihren nicht behinderten Mitschülern bzw. Mitstudenten unverhältnismäßig schwerer, eine gleichberechtigte und faire Bildung zu erhalten. Für die Konrad-Adenauer-Stiftung ist es wichtig, diejenigen, mit denen wir arbeiten und die Anpassungen benötigen, zu identifizieren, damit wir unsere Arbeit in einem gleichberechtigten Umfeld durchführen können, insbesondere um die Agenda 2030 „Leave No One Behind“ der Vereinten Nationen umzusetzen.

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Die größten „Hürden“ im kanadischen Bildungssystem für junge Menschen mit Behinderungen

Junge Menschen mit Behinderungen sehen sich in Kanada mit zahlreichen Hürden konfrontiert, wenn es um den Zugang zum Bildungssystem geht, und zwar sowohl im Primarschul- und Sekundarschul- als auch im postsekundaren Bereich.

  • Erstens ist die physische Unzugänglichkeit ein Haupthindernis für Menschen mit körperlichen Behinderungen. Dazu gehören unzureichende Zugänge, d. h. Treppen, fehlende Rampen, keine oder schlecht zugängliche Aufzüge, unzugängliche Waschräume und begrenzter oder fehlender Platz für Behinderte in Klassenzimmern und Hörsälen. Dazu können auch eine schlechte Zugänglichkeit des Campus oder des Schulgeländes sowie Probleme bei der Beförderung zu beiden Orten gehören. In Kanada können nicht geräumte Bürgersteige besonders im Winter eine Herausforderung für Menschen mit Mobilitätsproblemen darstellen. Jeder Kanadier hat das Recht auf eine barrierefreie Bildung und sollte nicht durch physische Hindernisse aufgehalten werden.
  • Zweitens sind mangelndes Wissen, Sensibilität und Bewusstsein weitere Hürden, mit denen Schüler und Studenten konfrontiert sind. Lehrer, Dozenten, Schüler und andere Studenten sind sich nicht immer bewusst, dass ihre Klassenkameraden und Kommilitonen besondere Bedürfnisse haben, die im Unterricht berücksichtigt werden müssen. Dies kann zu Problemen für die Studierenden führen, z. B. zu langen Wartelisten für Fachprüfungen und Plätze in Behindertenprogrammen. Viele Schüler brauchen Unterstützung bei Tests und Prüfungen sowie Mitschreibhilfen im Unterricht. Und nur, weil eine Behinderung nicht sichtbar ist, heißt das nicht, dass sie nicht existiert. Geistige Behinderungen und Lernschwierigkeiten können für die Schüler eine ebenso große Herausforderung darstellen, und auch für sie müssen angemessene Vorkehrungen getroffen werden. Daher sind „pauschale“ Ansätze zur Unterbringung von Schülern mit Behinderungen unzureichend, da ihre Bedürfnisse auf individueller Basis erfüllt werden müssen, denn jeder erlebt seine Behinderung anders.
  • Drittens, und das ist vielleicht das Wichtigste, ist die unzureichende Finanzierung ein großes Problem für diejenigen, die aufgrund ihrer Behinderung Unterstützung benötigen. Wenn Haushaltsüberlegungen angestellt werden, wird der Finanzierung von Erfordernissen der Menschen mit Behinderungen oft keine Priorität eingeräumt, und Entscheidungen über die Bereitstellung von Unterkünften beruhen nicht immer auf einer genauen Bewertung der Bedürfnisse von Schülern und Studenten mit Behinderungen. In einkommensschwächeren Gebieten ist dieses Problem besonders ausgeprägt. Universitäten haben in der Regel mehr Mittel für Studierende mit Behinderungen zur Verfügung als Schulen, die jedoch nicht immer sachgemäß verausgabt werden.

 

Zugang zu Bildungseinrichtungen, z. B. Schulen und Universitäten (inklusive Bildung)

Studierende mit Behinderungen haben in Kanada einen recht guten Zugang zu Schulen und Universitäten, allerdings variiert der Grad der Anpassung dieser Einrichtungen an ihre Behinderung je nach Provinz, Stadt und Schulbehörde. Wie bereits erwähnt, gibt es in einkommensschwächeren Gegenden Probleme mit der Finanzierung und Unterbringung dieser Studenten, so dass sie unter Umständen weiter reisen müssen, um erleichterte Bildungszugänge zu haben. Ausgewählte Studiengänge an Universitäten bieten Online-Lernen an, was für Studierende mit körperlichen Behinderungen vorteilhafter sein kann, da sie nicht pendeln müssen und auch für Studierende mit geistigen Behinderungen, die in ihrem eigenen Tempo lernen können.

Der Transport zum und um den Campus stellt für Studierende mit körperlichen Behinderungen und Beeinträchtigungen die größte Herausforderung für die Zugänglichkeit dar. Lösungsansätze bietet die Carleton University in Ottawa: sie verfügt zum Beispiel über eine Reihe von Tunneln, in denen sich Studierende im Rollstuhl problemlos und ohne Blockaden unter dem Campus bewegen können. Nachteil: nach den in der Regel schneereichen kanadischen Wintern überflutet das Schmelzwasser diese Tunnel und macht sie temporär unbenutzbar. Dies sind Aspekte, die Studierende mit Behinderungen berücksichtigen müssen, wenn sie sich an weiterführenden Bildungseinrichtungen bewerben, denn nicht jede Institution kann auf ihre besonderen Bedürfnisse eingehen.

 

Staatliche Förderung der Teilhabe von Menschen mit Behinderungen

Die kanadische Regierung fördert die Teilhabe von Menschen mit Behinderungen durch mehrere Gesetze und Finanzierungsprogramme

  • Für Schüler mit einer dauerhaften Behinderung, die an einer weiterführenden Schule eingeschrieben sind, bietet die Regierung finanzielle Unterstützung an. Spezielle Zuschüsse zu Studiengebühren, Lehrbüchern und Unterbringungskosten können von diesen Studenten beantragt werden.
  • Der Accessible Canada Act (ACA) wurde 2019 mit dem Ziel eingeführt, bis 2040 ein barrierefreies Kanada zu schaffen. Dieses Gesetz richtet sich speziell an Menschen mit Behinderungen und konzentriert sich auf Bereiche wie Bildung, Beschäftigung, Transport und die Beschaffung von Waren, Dienstleistungen und Einrichtungen.
  • Der Enabling Accessibility Fund (EAF) stellt Mittel für Projekte bereit, die kanadische Gemeinden und Arbeitsplätze für Menschen mit Behinderungen besser zugänglich machen. Der Opportunities Fund for Persons with Disabilities (Chancenfonds für Menschen mit Behinderungen) arbeitet mit Partnerorganisationen in Gemeinden zusammen, um Menschen mit Behinderungen bei der Aufnahme einer Beschäftigung zu unterstützen.
  • Die kanadische Regierung hat eine spezielle Jobbörse für staatliche Stellen eingerichtet, ein Angebot, das sich an Menschen mit Behinderungen richtet.

Trotz der Bemühungen der Regierung und der zahlreichen Programme, die zur Verfügung stehen, haben viele junge Menschen mit Behinderungen in Kanada immer noch Schwierigkeiten, eine Beschäftigung zu finden, die sie oft brauchen, um ihre Ausbildung zu finanzieren. Diese staatlichen Hilfen sind oft an Bedingungen geknüpft, die nicht jeder erfüllen kann, z. B. dass die Behinderung dauerhaft sein muss. Nichtregierungsorganisationen wie „Inclusive Education Canada“ haben ihre eigenen Initiativen, um das Bewusstsein für Gleichberechtigung im ganzen Land zu schärfen. Sie setzen sich für ein inklusives Bildungssystem ein, bei dem „Schüler in altersgerechten, regulären Klassen in ihrer Nachbarschaft aufgenommen und unterstützt werden, um zu lernen, einen Beitrag zu leisten und an allen Aspekten des Schullebens teilzunehmen.“

Darüber hinaus stellt die Organisation „Study in Canada“ Ressourcen und Verbindungen für Studierende mit Behinderungen zur Verfügung, damit sie sich an Universitäten im ganzen Land um Stipendien, Beihilfen und Zuschüsse bewerben können.

Diese Programme, die sowohl von der Bundes- als auch von den Provinzregierungen angeboten werden, sind für Menschen mit Behinderungen jeden Alters von entscheidender Bedeutung, um in der Gesellschaft zu gedeihen und ihre Benachteiligung bei den Chancen verringern zu können.

 

Wie kann die Konrad-Adenauer-Stiftung Bildungseinrichtungen oder zivilgesellschaftliche Organisationen im Rahmen ihrer Partnerstrukturen unterstützen, die sich für die Förderung dieser jungen Menschen einsetzen?

Konrad-Adenauer-Stiftung Kanada arbeitet insbesondere mit Hochschulen wie der Carleton University (Ottawa), der University of Ottawa, der Concordia University (Montreal), der University of Victoria und der University of British Columbia (Vancouver) zusammen, die sich für die Förderung junger Menschen einsetzen und Lern- und Beschäftigungsmöglichkeiten für behinderte Studierende schaffen. Das Auslandsbüro ist sich bewusst, wie wichtig Bildungseinrichtungen für die berufliche und persönliche Entwicklung junger Menschen sind, und die Zusammenarbeit mit ihnen bietet Studierenden aller Fachrichtungen die Möglichkeit, sich mit den von der Konrad-Adenauer-Stiftung bearbeiteten Themen zu beschäftigen und etwas darüber zu lernen. Konrad-Adenauer-Stiftung Kanada arbeitet für die Werte der Stiftung, Menschenrechte und Bildung, in unserer täglichen Arbeit, um Gleichberechtigung zu fördern und die Öffentlichkeit in verschiedenen Bereichen zu informieren. Die Konrad-Adenauer-Stiftung als Stiftung vergibt zahlreiche Stipendien an Studierende, die in den Bereichen studieren, die mit Kernthemen der Stiftung übereinstimmen. Es kann immer noch mehr getan werden, um diese Gruppen gezielt zu fördern, insbesondere um behinderten Studierenden Möglichkeiten zu bieten, damit sie nicht zurückgelassen werden.

 

Wie können wir durch unsere globalen Bildungsaktivitäten zur Umsetzung der Agenda 2030 („Leave No One Behind“) beitragen?

Die Agenda „Leave No One Behind“ ist eine „unmissverständliche Verpflichtung aller UN-Mitgliedstaaten zur Beseitigung der Armut in all ihren Formen, zur Beendigung von Diskriminierung und Ausgrenzung und zur Verringerung der Ungleichheiten und Schwachstellen, die Menschen zurücklassen und das Potenzial des Einzelnen und der Menschheit als Ganzes untergraben.“

Auch wenn diese Agenda nicht speziell auf die Bildung abzielt, können wir durch die Einbeziehung aller Menschen, einschließlich derer mit geistigen und körperlichen Behinderungen, einen Beitrag zu dieser Agenda leisten, indem wir mit unseren globalen Bildungsaktivitäten und -initiativen inklusiv sind.

  • Bei der Durchführung von Veranstaltungen, ob persönlich oder online, können wir diese Agenda umsetzen, indem wir auf Menschen mit Behinderungen Rücksicht nehmen, die besondere Vorkehrungen - physischer oder anderer Art - benötigen.
  • Bei der Online-Veröffentlichung von Medien sollten Fotos mit Audio-Lesehilfen und Videos mit Untertiteln versehen werden, vorzugsweise in mehreren Sprachen, wenn möglich.
  • Konferenzen und Veranstaltungen sollten an behindertengerechten Orten abgehalten werden.

In der Agenda „Leave No One Behind“ heißt es, dass wir zur Bekämpfung von Ungleichheiten und Diskriminierung von Gruppen zunächst die Ursachen dafür ermitteln müssen. Daher sind das Bewusstsein und die Identifizierung dieser benachteiligten Gruppen, denen wir als Konrad-Adenauer-Stiftung bei unserer Arbeit begegnen und die wir unterstützen können, von entscheidender Bedeutung, um zu wissen, wie wir sie unterstützen können. Dies gilt nicht nur für unsere Veranstaltungen, sondern auch für unsere eigenen Mitarbeiter und Kollegen innerhalb der Stiftung. Zu Eingangstür des Auslandsbüros Kanada beispielsweise führen derzeit nur Stufen, und daher ist es nicht für Rollstuhlfahrer zugänglich.

Es ist wichtig, dass die Mitarbeiter der Konrad-Adenauer-Stiftung, ihre Partner und alle Personen, mit denen wir durch unsere Arbeit in Kontakt kommen, gleichberechtigt und mit so viel Entgegenkommen wie möglich behandelt werden. Dabei geht es nicht nur um Menschen mit Behinderungen, sondern darum, einen sicheren Raum für alle zu schaffen, unabhängig von Alter, Rasse, Geschlecht oder Status. Durch die Umsetzung der Agenda „Leave No One Behind“ werden wir in der Lage sein, unsere weltweite Arbeit effizienter, inklusiver und umfassender zu gestalten.

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Kontakt

Dr. Norbert Eschborn

Dr

Leiter des Auslandsbüros Kanada

norbert.eschborn@kas.de +1-613-422-4300
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Kristina Webb

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Barbara Bergmann

Barbara Bergmann bild

Referentin für Inklusionsfragen in der Europäischen und Internationalen Zusammenarbeit

Barbara.Bergmann@kas.de +49 30 26996-3528 +49 30 26996-53528

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