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Länderberichte

Die Slowakei zwischen Kabinettsumbildung und Misstrauensantrag:

von Gabriela Tibenská

Die Regierungskoalition muss kritische Situation managen

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Änderungen in der Regierung
Als Anfang Mai 2001 der Vizepremierminister für Europäische Integration Pavol Ham¾ík (Partei der Bürgerlichen Verständigung, SOP) im Zusammenhang mit dem Verdacht der Veruntreuung von EU-Mitteln durch den Abteilungsleiter der Abteilung für Auslandshilfe im Regierungsamt der Slowakischen Republik vom Amt abberufen wurde, erwartete man, dass dies der Anfang einer Kabinettsumbildung sein könnte. Mitte Mai trat dann tatsächlich der Innenminister Ladislav Pittner (Slowakische Demokratische und Christliche Union, SDKU) zurück.

Nach dem Rücktritt des Innenministers spitzte sich jedoch die Lage in der Koalition zu, da Staatspräsident Rudolf Schuster gegen den Willen des Premierministers den Justizminister Jan Carnogursky (Christlich Demokratische Bewegung, KDH) zeitweilig mit der Führung des Innenministeriums beauftragte.

Als Reaktion auf die Akzeptanz des Amtes durch Carnogursky beschloss der Premierminister ohne Einverständnis des Koalitionsrats, den SDKU-Generalsekretär und Parlamentsabgeordneten Ivan Simko für das frei gewordene Amt des Innenministers vorzuschlagen und somit den KDH-Kandidaten Vladimir Palko abzulehnen.

Daraufhin trafen sich die Vorsitzenden der Koalitionsparteien SMK, KDH, SOP und SDL und verurteilten in einer gemeinsamen Erklärung das Vorgehen des Premierministers. Sie bezeichneten dies als ungewöhnlich und voreilig. In den darauf folgenden Tagen verhandelten alle fünf Koalitionsparteien über eine mögliche Regierungsumbildung. Die SDL verlangte eine Reduzierung der Kabinettsmitglieder von 20 auf 16, die SOP einen Regierungssitz mehr, die KDH wollte eine Änderung des Koalitionsvertrages durchsetzen und laut SMK wiederum waren keine Änderungen notwendig. Nach erfolglosen Verhandlungen wurde der Status quo beibehalten.

Als Ende Mai 2001 im Parlament über den von der Opposition vorgelegten Misstrauensantrag gegenüber dem Vizepremierminister Ivan Miklos (SDKU) abgestimmt werden sollte, war es nicht klar, wie sich die Koalitionspartner SDL und SOP verhalten würden. Beide Parteien warfen Miklos zusammen mit der Opposition vor, Schuld an der schlechten sozialen Lage der Bevölkerung zu haben.

Schließlich stimmten für den Misstrauensantrag lediglich 55 von den 131 anwesenden Abgeordneten (für die Abberufung wären 76 Stimmen notwendig gewesen). Dagegen stimmten 58 Abgeordnete, 17 enthielten sich der Stimme und ein Abgeordneter stimmte nicht ab. Für den Misstrauensantrag stimmten alle anwesenden Abgeordneten der Bewegung für eine Demokratische Slowakei (HZDS) und der Slowakischen Nationalpartei (SNS) und ein Abgeordneter der SDL. Dagegen votierten die Abgeordneten der Slowakischen Demokratischen Koalition (SDK), der SMK, der KDH, die Fraktionslosen, die Mehrzahl der Abgeordneten der Fraktion SOP, sowie Peter Weiss aus der SDL. Die restlichen Abgeordneten der SDL, zusammen mit 2 Abgeordnete der SOP, enthielten sich der Stimme.

Laut Premierminister Dzurinda sei die Abstimmung ein positives Signal für die Slowakei. "Die Koalitionspartner haben Verantwortung gezeigt und gleichzeitig ist dies eine Chance der Erneuerung des gegenseitigen Vertrauens" (Presseagentur SITA). Die Vorsitzenden aller Koalitionsparteien einigten sich inzwischen darauf, dass keine Änderungen im Koalitionsvertrag vorgenommen werden, aber sie hätten, laut SMK-Vorsitzenden Bela Bugar, eine Methode gefunden, wie eventuelle Wechsel auf Ministerposten durchzuführen seien.

Der Premierminister selbst werde keine personellen Veränderungen mehr vorschlagen, jede Partei solle alleine die Tätigkeit ihrer Kabinettsmitglieder beurteilen und über eventuelle Änderungen entscheiden. Als stärkster Befürworter einer Regierungsumbildung gilt nunmehr die SDL, die bis zum 9. Juni 2001 über die Abberufung ihrer zwei Minister (Peter Magvasi, Brigita Schmögnerova) entscheiden will und Druck auf die SDKU ausübt, Wirtschaftsminister Lubomir Harach und den Minister für Verkehr und Telekommunikation Jozef Macejko auszuwechseln.

Grundsatzrede von Staatspräsident Rudolf Schuster
In seiner Rede zur Lage der Nation übte Präsident Schuster scharfe Kritik an der Regierung, dem Premierminister und der Koalition. Die Versprechen hinsichtlich der Ankurbelung der Wirtschaft, der Verbesserung der Lebenslage der Bevölkerung und der Verringerung der hohen Arbeitslosigkeit seien nur unzureichend erfüllt worden.

Das Kabinett arbeite innenpolitisch absolut ungenügend und oft chaotisch. Positiv beurteilte er dagegen die außenpolitischen Erfolge des Landes, wobei er überraschend auch die HZDS für ihre derzeitige Unterstützung der EU- und NATO-Integration lobte. Allerdings ist gerade die heutige Opposition daran Schuld, dass die Slowakei hinter ihren Nachbarsländern zurücksteht.

Nach Auffassung politischer Beobachter gibt die Rede Schusters eher seinen subjektiven Eindruck wieder. Es fehle eine Vision für die Zukunft des Landes. Die einseitige Kritik der Koalition und Sympathie gegenüber der Opposition ließen fast glauben, der Präsident identifiziere sich in vielen Punkten eher mit der Opposition als mit der Regierungskoalition.

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Matthias Barner

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