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Länderberichte

Klarer Vorsprung für Sozialisten in Andalusien

von Michael Däumer

Nationalismusthema spielt im Regionalwahlkampf keine Rolle

Zusammen mit den Nationalwahlen am 14. März 2004 in Spanien sind auch rund sechs Millionen Andalusier aufgerufen, ihr Regionalparlament neu zu bestimmen. Die seit 1982 regierenden Sozialisten (PSOE) haben den Umfragen zufolge die besten Aussichten, zum siebten Mal in Folge die Regierung zu stellen. Im Mittelpunkt des Wahlkampfes steht die Reform des Autonomiestatuts, die von allen Parteien außer dem Partido Popular (PP) unterstützt wird.

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Spitzenkandidat des PSOE ist bereits zum fünften Mal der 58-jährige promovierte Jurist Manuel Chaves, der seit 1990 andalusischer Regionalpräsident ist und in einer Koalition mit der kleinen Regionalpartei Partido Andalucista (PA) steht. Chaves, der seit 2000 auch der nationalen Führung des PSOE angehört, gilt als die Speerspitze der sozialistischen Opposition in Spanien. Im Rahmen seines Strategieprogrammes zur „zweiten Erneuerung Andalusiens“ schlägt Chaves einen „neuen Wechsel“ für seine Region vor. Im Mittelpunkt des Programms steht die Reform der Autonomiestatuten, die auf heftigen Widerstand des PP stößt, aber von allen anderen Parteien in Andalusien getragen wird. Das Wahlkampfmotto der Sozialisten, das mit der Aussage „Stolz andalusisch zu sein“ verbunden ist, lautet „Andalusien wächst heran“.

Die Sozialisten in Andalusien gehen zuversichtlich in die diesjährige Regionalwahl. Denn als vor vier Jahren der PP auf nationaler Ebene die absolute Mehrheit erzielte, profitierte auch der PP in Andalusien davon und konnte vier Prozentpunkte hinzu gewinnen. So stand nach einer 18-jährigen Aufholjagd der PP im Jahre 2000 nur noch 6 Prozentpunkte (1982: 17 Prozent) hinter dem PSOE, der auf 44 Prozent gefallen war. Mit 52 von insgesamt 109 Sitzen im Parlament verfehlte der PSOE damals die absolute Mehrheit um 3 Sitze.

Chaves will nun die Aufwärtskurve des PP brechen. Entsprechend allen Meinungsumfragen rechnet der PSOE in diesem Jahr mit Verlusten für den PP auf nationaler und regionaler Ebene. Allerdings warnt Chaves vor „Überoptimismus“, indem er darauf hinweist, dass „weder die Wahlen in Madrid verloren, noch die Wahlen in Andalusien gewonnen sind“. Der politische Gegner sei weniger der PP als vielmehr eine niedrige Wahlbeteiligung, so Chaves.

Die Spitzenkandidatin des PP, die 56-jährige Architektin Teófila Martínez, trat bereits im Jahre 2000 gegen Chaves an. Mit 38 Prozent erzielte sie das beste Ergebnis für den PP bei den Regionalwahlen. Seit 1995 ist sie Bürgermeisterin von Cádiz und wurde 1999 zur Vorsitzenden ihrer Partei in Andalusien gewählt. Frau Martínez hofft, den Abstand zum PSOE abermals zu verkürzen. Sie ist sich jedoch bewusst, dass sich aufgrund der Spaltung des PA und des schlechten Zustandes der Izquierda Unida (IU), die aus dem Parlament herausfallen könnten, dem PSOE eine absolute Mehrheit beschert werden könnte.

Darüber hinaus stand der Wahlkampf des PP nach internen Auseinandersetzungen unter keinem guten Stern. Der Wahlkampf, der unter dem Motto „Mehr für Andalusien, besser für Dich!“ steht, leidet unter Themenlosigkeit. Der PP in Andalusien konnte mit dem Fall „Carod“ und dem Thema „Koalition der Sozialisten mit den Nationalisten in Katalonien“ bisher keine Punkte erzielen. Nach Meinungsumfragen spielt der Fall Carod (vgl. den KAS-Bericht „Ein Akt des nicht zu tolerierenden Treuebruchs“) im andalusischen Wahlkampf keine Rolle. Ein Parteistratege des PSOE meinte, die „Menschen in Andalusien glauben, dass Carod Rovira ein Fußballspieler von Barcelona ist“.

Die beiden im Regionalparlament vertretenen kleinen Parteien, der regionale Partido Andalucista und die kommunistische Izquierda Unida, müssen um ihren parlamentarischen Wiedereinzug fürchten. Sechs Abgeordnete vertreten derzeit die IU im Regionalparlament. Der 51-jährige Verwaltungsfachmann Diego Valderas, der zwischen 1994 und 1996 Präsident des andalusischen Parlaments war, als der PSOE sein schlechtestes Wahlergebnis einfuhr und auf die IU angewiesen war, zeigt derzeit Schwächen, was nicht zuletzt mit der Stärke des PSOE unter Chaves zusammenhängt. Das Wahlkampfmotto der Kommunisten lautet „Für ein Andalusien ohne Ungerechtigkeiten, versprochen!“

Auch der seit zwei Legislaturperioden mit regierende kleine Koalitionspartner von Chaves, der PA, steht unter erheblichem Druck. Im Jahre 2000 erzielte die Partei mit 7,4 Prozent 5 Sitze im Parlament. Ein Jahr später wechselten jedoch zwei Abgeordnete zum Grupo Mixto über und stürzten damit den PA in eine große Krise. Interne Parteiauseinandersetzungen entwickelten sich auch im jetzigen Wahlkampf, als der Parteigründer Alejandro Rojas-Marcos den Bruch der Koalition in Andalusien wegen des Carod-Falls verlangte.

Spitzenkandidat des PA ist der 48-jährige Antonio Ortega, der im Kabinett von Chaves den Posten des Ministers für Tourismus und Sport bekleidet. Sein Wahlkampf steht unter dem Motto „Andalusier, wähle für Dein Land“. Für den PA verläuft der Wahlkampf schleppend, so dass mit Verlusten für die Partei gerechnet wird. Tritt dies ein, dann stünde wahrscheinlich eine Spaltung der Partei bevor.

Zusammenfassend ist festzustellen, dass die Regionalwahl in Andalusien zu keinen wesentlichen Veränderungen führen wird. Der PSOE kann erstmals seit 1994 wieder auf eine absolute Mehrheit hoffen. Wenn der PP sein Ergebnis von 2000 hält, kann dies als Erfolg verbucht werden. Der Wahlkampf verspricht wenig spannend zu werden. Doch die Forderung nach einer Reform der Autonomiestatuten, welche zunehmend in den Vordergrund des politischen Interesses der Regionen rückt, stellt den PP auf nationaler Ebene vor ein wachsendes Problem.

Für den zentralistisch orientierten PP und seinen Spitzenkandidaten Mariano Rajoy ist es deswegen um so wichtiger, dass die Volkspartei am 14. März 2004 ihre absolute Mehrheit verteidigt. Angesichts der derzeitigen Meinungsumfragen, wonach der PP sein Ziel knapp verfehlen könnte, breitet sich eine erhebliche Nervosität unter den PP-Parteistrategen aus. Indem der PP seinen nationalen Wahlkampf größtenteils auf die Themen Carod und Nationalismus beschränkt, läuft die Partei des scheidenden Ministerpräsidenten José María Aznar Gefahr, die eigentlichen Wahlkampfthemen Arbeitslosigkeit, soziale Ungleichheit, Zuwanderung und wirtschaftliche Entwicklung aus den Augen zu verlieren. Der Wahlkampf in Andalusien zeigt deutlich, dass die gegenwärtigen Hauptwahlkampfthemen des PP nur wenig beim Wähler bewirken. Vierzehn Tage vor dem Wahltag steht der PP nun vor der wichtigen Entscheidung, seine Wahlkampfstrategie zu überdenken oder alles auf die Nationalismuskarte zu setzen.

Wahlergebnisse in Andalusien, 1982 - 2000

Partei1982
in Prozent
1986
in Prozent
1990
in Prozent
1994
in Prozent
1996
in Prozent
2000
in Prozent
Sitzverteilung
2000
PSOE52,7047,2150,1238,7144,0544,3252
PP17,0322,2622,4034,3633,9638,0246
IU8,5317,8812,8019,1413,978,116
PA5,385,8810,865,796,667,435*

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Dr. Wilhelm Hofmeister

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