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Kroatiens Wirtschaftsprobleme belasten Ratifizierungsprozess

Ein wichtiges wirtschaftliches Incentive für den seit 2005 angestrebten EU-Beitritt Kroatiens war sicherlich die Einbeziehung Kroatiens in den europäischen Binnenmarkt, mit dem bereits in der Vergangenheit nahezu 75% des kroatischen Außenhandels abgewickelt worden ist. Neben den beiden wichtigsten Wirtschaftspartnern Kroatiens, Deutschland und Italien, mit einem jeweils 19%-igen Anteil am kroatischen Außenhandel, erhoffte man sich zudem auch eine deutliche Steigerung der in Kroatien so dringend benötigten ausländischen Direktinvestitionen.

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Zweifellos von Bedeutung waren gleichzeitig aber auch die Aussichten auf zusätzliche Zuwendungen aus den Regional- und Strukturfonds der Europäischen Union, mit dessen Hilfe man die kroatische Industrie und Landwirtschaft noch besser auf den harten Wettbewerb innerhalb des Binnenmarktes vorbereiten wollte.

Allerdings hält die EU Schuldenkrise in den letzten drei Jahren auch Kroatien in Atem. Seit dem Jahre 2008 leidet Kroatien unter einer tiefen Rezession, die sowohl den Binnenkonsum als auch das wirtschaftliche Wachstum stark beeinträchtigt. Der bevorstehende EU Beitritt wird deshalb in Kroatien bis heute auch als eine große Chance für mehr wirtschaftliches Wachstum wahrgenommen.

Skeptische Stimmen verweisen in diesem Zusammenhang jedoch darauf, dass Kroatiens Wirtschaft schon seit einigen Jahren durch deutliche Strukturprobleme und eine fehlende Arbeitsmarktflexibilität gekennzeichnet ist. Große kroatische Industrieunternehmen beschäftigten immer noch zu viele Arbeitnehmer, die entweder gar nicht gebraucht werden oder nicht richtig eingesetzt sind. Diese oft noch im Staatsbesitz befindlichen Unternehmen werden zudem nicht gut geführt, sodass vor allem im Energie- (Stromversorgung), Gesundheits- (Krankenhäuser), Logistik- und Fernmeldesektor (Bahn und Post) große Strukturprobleme weiterhin augenfällig sind.

Viele defizitäre Staatsunternehmen wie etwa die Postbank, die Versicherungen sowie die staatliche Eisenbahn sollen im Zuge des EU-Beitritts zwar größtenteils privatisiert werden, aber nur im Tourismusbereich interessieren ältere Hotelanlagen, die sich noch in Staatsbesitz befinden, ausländische Investoren. All dies reicht aber nicht aus, um die Wachstums- und Investitionshoffnungen zu rechtfertigen, welche die aktuelle kroatische Regierung immer wieder kolportiert.

Der kroatische Bankensektor, der zu 90% von ausländischen Bankinstituten kontrolliert wird, die alle aus der Eurozone stammen, tut sich mit der dazu notwendigen vermehrten Kreditvergabe eher schwer. Zu hoch erscheint ihnen schon jetzt der bestand an „faulen Krediten“, wobei die Zahlungsmoral der Wirtschaft weiterhin sehr zu Wünschen übrig lässt. Da ein Großteil der kroatischen Spareinlagen bereits in Euro getätigt wird, würde eine Anpassung an den Euro bzw. die Einführung des Euro in Kroatien grundsätzlich keine größeren Probleme hervorrufen. Allerdings erscheint es, vor dem Hintergrund der Erfahrungen Sloweniens, momentan nicht ratsam, Kroatien schon zum jetzigen Zeitpunkt die Möglichkeit zur Wechselkursanpassung zu nehmen.

Strukturprobleme der kroatischen Wirtschaft

Grundsätzlich erhofft man sich in Kroatien durch den EU Beitritt eine wirtschaftliche wie auch gesellschaftliche Entwicklung, die zu mehr Stetigkeit in der Politik und zu mehr Stabilität in der Wirtschaft führen soll, vor allem um der aktuellen Krise entgegen zu wirken.

Die mangelnde Flexibilität des Arbeitsmarktes und wichtige, regierungsnahe Interessensgruppen, denen nach dem erkämpften Wahlsieg über die HDZ genüge getan werden musste, haben im Ergebnis zu einer geringen Beschäftigungsquote und dem schleichenden Verlust an Wettbewerbsfähigkeit beigetragen.

Boris Cota von der Universität Zagreb bezweifelte jüngst in einem Zeitungsinterview, dass es für die immer wieder angekündigten Reformen in Kroatien überhaupt noch den notwendigen politischen Willen gibt. Zu den bedeutendsten strukturellen Problemen zählt er vor allem die hohe Auslandsverschuldung und die unrealistischen fiskalischen Erwartungen der Regierung, die das aktuelle Haushaltsdefizit bis 2014 von aktuell 55,9 Prozent des BIPs auf 3,9 Prozent reduzieren will, allerdings eine Erhöhung der Staatsverschuldung auf über 60% des BIPs nicht wird verhindern können.

Cotas Kollege, Vladimir Cavrak erwartet dagegen, dass die Zinsen auf dem internationalen Kapitalmarkt für Kroatien nach der gerade erfolgten Herabstufung eher steigen werden. Das wiederum führe in der Tendenz eher zu einer "Vertiefung der Rezession". Allein im Jahre 2012 sei die Wirtschaftsleistung in Kroatien um 1,9 Prozent geschrumpft und auch für das Jahr 2013 rechnet man bestenfalls mit Stagnation und erwartet realistischerweise erst für das Jahr 2014 ein moderates Wachstum von 1,4%.

Kroatiens wirtschaftlicher Abstieg

Standard & Poor's (S&P) war die erste Ratingagentur, die aus der attestierten Langsamkeit der Reformen der kroatischen Regierung schon im Dezember 2012 die Konsequenzen gezogen und die mittel- und langfristige Kreditwürdigkeit von BBB-/A-3 auf BB+ mit einer stabilen Prognose gesenkt hatte. Damit war der EU-Beitrittskandidat Kroatien auf dem lange befürchteten Ramschniveau angelangt. S&P bewertete die Reformanstrengungen der kroatischen Regierung in ihrer Beurteilung als "nicht ambitiös" genug, da die geplante Haushaltskonsolidierung nicht auf Kostenreduktion sondern auf die Generierung von Mehreinnahmen setze.

In Kroatien sorgte die Herabstufung für öffentliche Diskussionen und löste erneut Spekulationen darüber aus, ob das Land nun doch eine Kreditvereinbarung mit dem Internationalen Währungsfonds (IWF) anstreben würde. Der kroatische Finanzminister Slavko Linic beklagte in diesem Zusammenhang, dass diese Bewertung von S&P es der Regierung und der Wirtschaft erschwere, die Rezession zu überwinden, da die Verschuldung im Ausland sich nun sicherlich verteuern würde. Auch deshalb wolle man sehr wohl darüber nachdenken, den IWF in die Sanierung des Staatshaushaltes einzubeziehen. Gleichzeitig werde die Regierung die Strukturreformen fortsetzen und bei Ministerien und staatlichen Agenturen weiter einsparen, so das Versprechen des kroatischen Finanzministers. Jedoch soll es - so Linic – neben der bereits geplanten Immobiliensteuer zu keinen neuen steuerlichen Belastungen kommen, allerdings sollen auch keine Gehälter und Pensionen gekürzt werden. An solchen Kürzungen werde man aber, so der kroatische Wirtschaftsexperte Ljubo Jurcic von der Wirtschaftsuniversität Zagreb, nicht vorbeikommen, wenn man nach der Schrumpfung des BIP im letzten Jahr in diesem Jahr wieder positives Wachstum generieren wolle. In jedem Falle sei der verabschiedete Haushalt für 2013 schon jetzt nicht mehr haltbar und man müsse wohl spätestens bis zum Sommer Löhne und Gehälter und bis zum Herbst die Pensionen kürzen, um den Öffentlichen Haushalt auszubalancieren.

Alle kroatischen Ökonomen gehen aber unisono davon aus, dass das von der kroatischen Regierung für das Jahr 2013 prognostizierte Wirtschaftswachstum von 1,8 Prozent viel zu optimistisch ist. Den allermeisten kroatischen Wirtschaftsexperten gilt dagegen eher ein Wirtschaftswachstum von 0,3 Prozent als realistisch. Einige Experten, darunter Hermine Vidovic vom Wiener Institut für internationale Wirtschaftsvergleiche (WIIW), verweisen zwar darauf, dass die Reformen im öffentlichen Dienst langsam vorankommen, die Subventionen in der Landwirtschaft gesenkt und auch bei den Sozialausgaben gespart wurde, Kritiker halten dem jedoch entgegen, dass dies noch zu wenig sei und es dem kroatischen Arbeitsmarkt weiterhin an der dringend notwendig erscheinenden Flexibilität fehle.

Die Gründe für die anhaltende Flaute liegen laut Cavrak, beim " anhaltenden Rückgang des privaten Konsums", dem "sinkenden Vertrauen der Unternehmen" und daran, dass momentan nicht zu erwarten ist, dass sich die Nachfrage bei den wichtigsten Handelspartnern Kroatiens, wie etwa Italien, bald erholen wird. Negativ wirke sich auch die schlechte Situation in Nachbarländern wie Bosnien-Herzegowina oder Serbien aus. Eine leichte Besserung der wirtschaftlichen Situation erwartet er deshalb erst in der zweiten Jahreshälfte 2013.

Mit seinem herabgesetzten Rating gehört Kroatien nun nicht mehr zu den Vertrauen erweckenden Investitionsländern, worunter vor allem auch Banken und Privatunternehmen leiden werden, meint auch die Leiterin des Wirtschaftsinstituts in Zagreb (EIZ), Sandra Svaljek. Trotzdem argumentiert der kroatische Notenbank-Gouverneur Boris Vujcic, dass es nicht gut sei, wenn sich der Staat jetzt vornehmlich im Inland verschulden wolle, denn dies drohe private Kreditnehmer zu verdrängen. Vujcic sprach sich gleichzeitig auch strikt gegen eine Abwertung der kroatischen Kuna aus, um dem Land „künstlich“ Wettbewerbsfähigkeit zu verschaffen.

Der wirtschaftspolitische Handlungsspielraum Kroatiens, das im Juli der EU beitreten will, erscheint vielen nicht mehr sehr groß. Die linksliberale Regierung fürchtet, dass bei einer noch rigideren Politik der Haushaltssanierung („Austerity Policy“) die Arbeitslosigkeit von aktuell ca. 16 Prozent und vor allem die Jugendarbeitslosigkeit, die bereits bei 40 Prozent liege, noch weiter steigen würde. Nach jüngsten Aussagen des National Employment Service (HZZ) waren Ende Januar 2013 372,003 Arbeitslose registriert und damit 3.8% mehr als noch im Dezember Oktober und immerhin 11.3% mehr als ein Jahr zuvor. Allerdings sind von diesen Arbeitslosen nur 87,404 mit Blick auf Arbeitslosenunterstützung anspruchsberechtigt. Mit diesem Anstieg der Arbeitslosenquote über die 20% Marke wurde ein in den letzten 10 Jahren bisher nicht gekannter Höchststand erreicht.

Seit Ausbruch der Wirtschaftskrise im Jahre 2009 gingen in Kroatien nun schon rund 200.000 Arbeitsplätze verloren und nahezu 375.000 von insgesamt nur 1,7 Millionen erwerbsfähigen Kroaten sind derzeit schon ohne Job. Dies bedeutend dabei auch, dass sich das Verhältnis Erwerbstätige zu Rentnern bzw. Pensionären in den letzten fünf Jahren kontinuierlich verschlechtert hat. So haben etwa 170.000 Erwerbstätige weniger Sozialversicherungsbeiträge geleistet, gleichzeitig aber 70.000 Rentner mehr (Früh-) Renten bezogen, so dass sich das Verhältnis von Erwerbstätigen pro Rentnern inzwischen von einem Wert von ca. 3 in den 90er Jahren auf eine aktuelle von 1,18 verringert hat, mit allen Konsequenzen für die Stabilität der staatlichen Rentenversicherung. Dabei unberücksichtigt bleibt noch der Umstand, dass viele Rentenbezieher relativ jung sind, da es sich um Kriegsversehrte handelt, und der kroatische Durchschnittsrentner deshalb nur ca. 29 Jahre in die Rentenversicherung eingezahlt hat. All dies lässt die Renten unsicher erscheinen.

Ernüchterung vor EU-Beitritt

Die Kritik, dass sich das Land zu wenig auf den EU-Beitritt im Juli vorbereite, wird deshalb immer größer. Niemand glaubt mehr an die "sieben fetten Jahre", die einem Beitritt Kroatiens folgen sollten, vielmehr beurteilt inzwischen auch die EU-Kommission die Lager der kroatischen Wirtschaft als „verwundbar“ und monierte das zuletzt auf 5,8 Prozent des BIPs gestiegene Haushaltsdefizit.

Auch Vladimir Cavrak von der Universität Zagreb sieht Kroatien auf die komplexen Veränderungen nach dem Beitritt nicht ausreichend vorbereitet und erwartet daher zunächst einen "negativen Schock". Kroatien habe den Beitritt zur EU zu sehr mit seiner "europäischen Tradition" begründet und sich keinen Lernprozess verordnet. Das Einzige was mit Sicherheit auf Kroatien zukäme, seien die Kosten des Beitritts in Form von Mitgliedsbeiträgen zum EU Haushalt, während der Nutzen der Mitgliedschaft in den ersten sechs Monaten eher gering ausfallen wird, glaubt Cavrak.

Besonders problematisch erscheint dabei die Situation für den kroatischen Exportsektor. Dort droht Kroatien mit dem EU-Beitritt alle Handelsvorteile aus dem Cefta Freihandelsabkommen der Balkanstaaten zu verlieren, denn eine substanzielle Anzahl vor allem landwirtschaftlicher Produkte, die heute noch zollfrei nach Bosnien-Herzegowina ausgeführt werden in Zukunft mit Zöllen von über 20 Prozent belegt werden. Durch den gleichzeitigen Wegfall von Zöllen für (landwirtschaftliche) Produkte aus EU-Staaten werden zudem zusätzliche Einnahmeverluste auf Kroatien zukommen. Hermine Vidovic vom Wiener Institut für Internationale Wirtschaftsvergleiche erwartet durch den Wegfall des Cefta Abkommens eine sinkende Wettbewerbsfähigkeit kroatischer Firmen. Einbußen seien vor allem in der Landwirtschaft zu erwarten. Auch Cavrak erwartet angesichts zu erwartender, verstärkter Importe aus dem EU Raum einen stärkeren Wettbewerb für landwirtschaftliche Produkte auf dem kroatischen Markt.

Vom Zusammenbruch Jugoslawiens habe sich die kroatische Industrie eigentlich nie erholt, niemand war seitdem bereit in größerem Umfang zu investieren. Nur in den kroatischen Banken- und Dienstleistungssektor wurde –vornehmlich aus dem Ausland - investiert, was allerdings mit keinem nennenswerten Technologietransfer verbunden war. Auch der glänzende vergangene Tourismussommer mit seiner Steigerung der Besucherzahlen auf 11,5 Mio. Touristen und damit 3,4 Prozent mehr als im Vorjahr, konnte die Schwächen des kroatischen Industriesektors in Gestalt eines Rückgangs der industriellen Produktion zum Jahresende in Höhe von 5,6 Prozent gegenüber dem Vorjahr nicht wettmachen. Die für Kroatien so wichtige Konsumgüterproduktion nahm allein um über 20% ab, die Produktion von Investitionsgütern immerhin auch noch um 17,1%. Das alles veranlasste den kroatischen Wirtschaftsminister Vrdoljak zu der pessimistischen Prognose, dass auch im laufenden Jahr mit keiner nennenswerten Verbesserung der Produktionslevels zu rechnen sei.

Auch Moody's senkt Kroatiens Rating auf "Ramschniveau"

Jüngst hat nun auch die US Ratingagentur Moody's Kroatiens Rating auf "Ramsch" herabgestuft. Nach der negativen Bewertung von Standard & Poor's im Dezember ist es die zweite negative Benotung des künftigen EU-Mitglieds. Die Ratingagentur begründete die Herabstufung (von "Baa3" auf "Ba1") mit den schlechten Konjunkturaussichten der kroatischen Wirtschaft und den geringen fiskalischen Spielräumen der Regierung in Zagreb. Der Ausblick wurde dagegen von "negativ" auf "stabil" angehoben.

Vom EU-Beitritt erwartet sich die Agentur jetzt keine Verbesserung für Kroatien mehr. Ihr erscheint die Kapazität der Regierung, die kroatische Industrie auf den Export hin auszurichten, als eher begrenzt, wobei das aktuelle europäische wirtschaftliche Umfeld in Verbindung mit der attestierten Reformunwilligkeit der kroatischen Regierung den Nutzen des Beitritts, erheblich relativiert. Nach vier Jahren schwachen Wachstums mit einer durchschnittlichen jährlichen Wachstumsrate von minus 1,7 % des BIP, verfüge Kroatien momentan ganz offensichtlich über kein schlüssiges Wachstumskonzept. Eine Wirtschaftspolitik, die allein auf den Binnenkonsum und (fremdfinanzierte) Bautätigkeit setzte, sei eben nicht nachhaltig, wenn weiter existierende Restriktionen für Investitionen und Exporte nach wie vor nicht beseitigt werden. Deshalb erscheinen die Wachstumserwartungen der Regierung vielen als unrealistisch, vielmehr rechnet jetzt selbst der IMF, trotz der nach dem Beitritt in Aussicht stehenden ca. 500 Mio. Euro EU Fördergelder, dass Kr oatiens Wirtschaft sich angesichts eines weiter wachsenden Haushaltsdefizits nur sehr langsam aus der Rezession herausarbeiten wird. Ein wenig Hoffnung macht in diesem Zusammenhang die Ende 2012 von 5,0 auf 4,4 Prozent gesunkene jährliche Inflationsrate.

Nachtragshaushalt notwendig?

Nicht nur kroatische Wirtschaftswissenschaftler zeigen sich angesichts der Herabstufung Kroatiens auf Ramschniveau pessimistisch für die wirtschaftliche Zukunft des Landes, dessen Regierung bisher die wirtschaftliche Realität ausblendet, zu wenige strukturelle Reformen auf den Weg bringt und damit bisher keine angemessene Antwort auf die Krise gefunden hat. So erwarten die Chefökonomen der sechs größten Geschäftsbanken Kroatiens in einer gemeinsamen Projektion für das laufende Jahr nur sehr moderate Wachstumsraten von durchschnittlich 0,2% (Bandbreite: +0,5% bis -1,5%. Sie erwarten eine weiter auf 16,5% ansteigende Arbeitslosenquote und eine Auslandsverschuldung in Höhe von 102,5% des BIP bei einem stabilen Wechselkurs. Zwar hat der kroatische Finanzminister Slavko Linic angekündigt, den in Wirtschaftskreisen mit großer Enttäuschung aufgenommenen Haushalt für das Jahr 2013 nun doch revidieren und die darin enthaltenen Staatsausgaben senken zu wollen, ob damit aber den Grundproblemen, der auf Konsum basierenden kleinen Volkswirtschaft hinreichend Rechnung getragen wird, steht dahin. Alles, so der kroatische Finanzminister, hänge nun davon ab, wie hoch die Zinsen für bald zu begebende kroatische Staatsanleihen steigen werden. Mehrheitlich wird erwartet, dass bei der aktuellen Zentralbank-Geldschwemme in Europa die Zinsen für kroatische Staatspapiere nicht unter der Herabstufung leiden d.h. nicht allzu sehr steigen werden.

Slowenische Hürden vor dem Beitritt?

Seitdem der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte Slowenien dazu verurteilt hat, für die Rückerstattung von Spareinlagen bei den Filialen der slowenischen Ljubljanska Banka (LB) im Ausland aufzukommen, schwelt ein Streit zwischen Kroatien und Slowenien um die Rechtskraft dieses Urteils und seine möglichen (finanz-) politischen Folgen.

Slowenien hat frühzeitig Widerspruch gegen das Urteil des EGMR mit dem Argument eingelegt, diese Frage müsse im Rahmen der Folgeverhandlungen für das frühere Jugoslawien gelöst werden. Demnach hätten die aus den ehemaligen Teilrepubliken neu gegründeten Staaten die Verantwortung für gegründeten Staaten die Verantwortung für Deviseneinlagen auf ihrem Gebiet übernommen. Die Forderung nach einer Systemlösung in der Frage der Rückerstattung von Spareinlagen aller exjugoslawischen Sparer der LB hat zu langjährigen Streitigkeiten zwischen den Nachfolgestaaten des ehemaligen Jugoslawiens geführt.

Der jüngst aufgeflammte Bankendisput führte zwischen Slowenien und Kroatien zu einer Blockade der Ratifizierung des kroatischen EU-Beitrittsvertrags durch Ljubljana. Das Urteil wurde in Zagreb natürlich positiv aufgenommen, da der EGMR mit dem Urteil eindeutig die Verantwortung Sloweniens festgestellt und die kroatische Position bestätigt hatte, dass Spareinlagen privatrechtliche Ansprüche gegenüber der LB seien, die nichts in den Verhandlungen über die Rechtsnachfolge Jugoslawiens verloren hätten. Der slowenische Außenminister betonte dagegen, dass das Urteil die offenen Fragen zwischen Slowenien und Kroatien nicht betreffe, da sich das Urteil nämlich mit den Sparern aus Bosnien-Herzegowina und dazu mit jenen Einlagen, die in der LB-Zweigstelle behalten wurden, befasse. Im Streit mit Kroatien ginge es vielmehr um Einlagen, die von den Sparern auf kroatische Banken übertragen worden waren. Die kroatischen Sparer bekämen ihre Einlagen dann von kroatischen Banken ausbezahlt, wofür der kroatische Staat Garantien übernahm. Kroatische Banken fordern nun diese Deviseneinlagen von der LB und ihrer Nachfolgering NLB (Nova Ljubljanska Banka) ein. Die staatliche slowenische LB ging während des Krieges beim Zerfall Jugoslawiens in den 90er Jahren bankrott. Rund die Hälfte ihrer kroatischen Sparer hatte ihre Einlagen in der Höhe von 272 Millionen Euro an kroatische Banken übertragen. Etwa 132.000 Devisensparer behielten aber die Einlagen bei der LB Zagreb und haben ihr Geld nie zurückbekommen. Diese Einlagen belaufen sich samt Zinsen auf 187 Mio. Euro.

Kroatisch-Slowenischer Bankendisput vor Lösung?

In den jahrelangen Streit um Bankeinlagen kroatischer Bürger bei der slowenischen Ljubljanska Banka scheint nun Bewegung in die Verhandlungen der beiden Experten gekommen zu sein. Wie die kroatische Tageszeitung "Jutarnji list" berichtete, soll es nun einen Lösungsvorschlag geben, der besagt, dass Slowenien Kroatien die Einlagen in Höhe von 278,7 Millionen Euro zurückzahlen soll. Dafür solle das Land 30 Jahre Zeit haben. Auf der anderen Seite soll Kroatien auf ausstehende Zinsen für diese "Schulden" verzichten.

Am 7. Februar verkündeten die beiden Außenminister der betroffenen Staaten, Vesna Pusic (Kroatien) und Karl Erjavec (Slowenien) im Beisein der von ihren jeweiligen Regierungen mit einer Lösung der banktechnischen Probleme des Bankenstreitsbetrauten ehemaligen Nationalbankexperten Zdravko Rogic (Kroatien) und France Arhar (Slowenien), dass man eine für beide Seiten akzeptable erscheinende Lösung gefunden habe. Dies würde nun den beiden Regierungen zur Verabschiedung und anschließend den beiden Parlamenten zur Ratifikation vorgelegt werden.

Bei Akzeptanz der nun erreichten Vereinbarung würde der Ratifizierung des EU Beitrittsvertrag Kroatiens im slowenischen Parlament ebenfalls nichts mehr im Wege stehen, so der slowenische Außenminister Erjavec in seinem Statement. Am 19. Februar wolle man sich nun im positiven Falle ein weiteres Mal treffen, um die bilaterale Vereinbarung zu unterzeichnen und damit den lange währenden Bankenstreit zu beenden.

Ist Kroatiens Wirtschaft „beitrittsreif“?

Sollte es zu der angekündigten Einigung im Bankenstreit zwischen Slowenien und Kroatien kommen, spricht vieles dafür, dass der laufende Ratifizierungsprozess ein gutes Ende findet und Kroatien am 1. Juli 2013 tatsächlich das 28. Mitglied der Europäischen Union werden wird. Mit der Lösung des bilateralen Bankenstreits wird jedoch keine Lösung der grundlegenden strukturellen Probleme der kroatischen Wirtschaft verbunden sein.

Auch die demographische Zukunft des Landes stimmt kaum hoffnungsvoller. So altert die Bevölkerung auch in Kroatien – wie in vielen südosteuropäischen Ländern – rasch und der Anteil der Gruppe der über 65-Jährigen an der Gesamtbevölkerung hat allein von 1991 bis 2001 von 11,9% auf 15,7% zugenommen. Voraussagen erwarten für das Jahr 2050 einen entsprechenden Bevölkerungsanteil von 25-32%. Experten des Zagreber Instituts für Öffentliche Finanzen wie etwa Predrag Bejakovic fordern deshalb eine Verlängerung der Lebensarbeitszeit bzw. eine Anhebung des Renteneintrittsalters auf mindestens 67 wenn nicht sogar 68 Jahre. Auch Danijel Nestic vom Zagreber Wirtschaftsinstitut warnt, dass dieser unvorteilhafte Mix aus negativen de-mographischen Trends, verbunden mit der nachteiligen Struktur der Rentenbezieher, der Kriegsversehrten und der hohen Arbeitslosigkeit das kroatische Rentensystem in Zukunft durchaus überfordern könnte.

Wohl auch aus diesen Gründen sehen mittlerweile 72% der kroatischen Bürger das Land auf einem „falschen Weg“. Auch die Unzufriedenheit mit der aktuellen Regierung nimmt laut Umfragen von DNEVNK.HR auf einen Wert von 64 Prozent der Befragten zu, wobei die Anhänger der Regierung sich natürlich optimistischer geben, als jene der Opposition. Allerdings schwinden die Hoffnungen der Bürger, dass die Regierung die aktuelle Vertrauenskrise überwinden und im Amt bleiben wird in Umfragen inzwischen deutlich von 77 auf nur noch 71 Prozent. Dabei scheint es der Regierungspartei SDP zumindest in den veröffentlichten Umfragen noch recht gut zu gehen. So sprechen sich Januar 2013 immer noch 27 % der Befragten für die sozialdemokratische Regierungspartei SDP aus, 19% dagegen nur für die größte Oppositionspartei HDZ und auch der kroatische Ministerpräsident Milanovic verfügt mit 44% offensichtlich noch immer über mehr Vertrauen in der Bevölkerung als der HDZ Oppositionsführer Karamarko mit einer Zustimmungsrate von nur 19%.

Die kommenden Kommunalwahlen im Mai werden zeigen, wie akkurat diese Zahlen sind bzw. wie erfolgreich die verschiedenen politischen Parteien sich mit ihren Konzepten und Personen in Szene setzen können. An der desolaten Lage der kroatischen Wirtschaft wird all dies jedoch wenig ändern und die Blicke vor allem der kroatischen Politiker weiterhin stark auf die Regional- und Strukturfonds der EU fokussieren.

Und dieser Hoffnung hat der letzte EU Gipfel mit seinen Finanzbeschlüssen Nahrung gegeben und Kroatien für die kommende Ausgabenperiode 2014-20 nicht nur das erhoffte zusätzliche Jahr (N+3) zur Implementierung von EU geförderten Projekten gewährt sondern einen Förderbetrag in Höhe von insgesamt 11, 7 Mrd. Euro in Aussicht gestellt. 8,092 Mrd. Euro stellt der EU Kohäsionsfonds, 3,462 MRD. Euro der EU Strukturfond (Landwirtschaft) bereit und 203,7 Mio. Euro sind für die Vorbereitungen des Beitritts zum Schengenabkommen vorgesehen. Neben diesen Mitteln werden Kroatien auch noch Sondermittel zur Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit und solche für ländliche Entwicklung zufließen.

Es bleibt zu hoffen, dass die kroatische Regierung nicht allein auf diese finanzielle Unterstützung setzt, wenn es gilt, Kroatien wieder auf einen nachhaltigen Wachstumspfad zu führen, sondern mehr Anreize für (ausländische) Direktinvestitionen schafft, damit diese nicht weiterhin wegen der lukrativeren Rahmenbedingungen für Investitionen nach Slowenien oder gar nach Serbien „ausweichen“ müssen.

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