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Lettland hat eine neue Regierung

von Dr. Andreas von Below
In einer außerordentlichen Sitzung des lettischen Parlaments (Saeima) wurde am 9. März 2004 Indulis Emsis und seine Mitte-Rechts- Koalitionsregierung als 11. Regierung nach der Unabhängigkeit mit der Mehrheit der Abgeordneten bestätigt.

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Repse war gescheitert

Die Bildung einer neuen Regierung wurde notwendig, weil der vorherige Ministerpräsident Einers Repse im Februar nach Auseinandersetzungen um die Fragen der Korruptionsbekämpfung und weiterer Konflikte seine Mehrheit im Parlament verlor und den Rücktritt seiner Regierung erklärte. Das Ende der Regierung Repse ist in aller erster Linie auf seinen autoritären und nicht auf Integration ausgerichteten Führungsstil zurückzuführen.

Ein „grüner“ Ministerpräsident

Die Präsidentin Lettlands beauftragte daraufhin den der Partei „Grüne und Bauern Union“ angehörigen Biologen Indulis Emsis mit der Bildung einer neuen Regierung. Die Partei „Grüne und Bauern Union“ ist ein Zusammenschluss der bis zum Jahr 2002 noch getrennten Parteigruppierungen der Grünen und der Bauern Union. Sie verfügt im lettischen Parlament über 12 Sitze (von 100) und war auch bereits unter Ministerpräsident Repse an der Regierung beteiligt.

Der 52 jährige neue Ministerpräsident Indulis Emsis ist seit der Unabhängigkeit Lettlands zu Beginn der 90 Jahre politisch aktiv. Er war einer der Gründer der Partei der Grünen, deren Vorstandsmitglied er noch heute ist. Emsis war unter verschiedenen Ministerpräsidenten von 1993 bis 1998 Umweltminister.

Der neue Ministerpräsident gilt - im Gegensatz zu seinem Vorgänger Repse - als ein Mann der Teamarbeit und des Kompromisses. Dies ist sicherlich auch der wesentliche Grund dafür, dass die Präsidentin Lettlands ihn mit der Regierungsbildung beauftragte, obwohl seine Partei nur von etwa 10 % der Wähler bei den letzten Parlamentswahlen im Oktober 2002 unterstützt wurde.

Drei-Parteien-Koalition

Die von Indulis Emsis gebildete Regierung stützt sich auf drei Koalitionsparteien:

  • die Partei der „Grünen und Bauern Union“ (ZZS). Sie hat bei den letzten Parlamentswahlen 9, 47 % der Stimmen erhalten und verfügt über 12 Mandate;
  • die Volkspartei (TP) unter dem Vorsitzenden Atis Slakteris. Die Volkspartei erreichte im Oktober 2002 bei den Parlamentswahlen 16,71 % der Stimmen und ist mit 21 Abgeordneten im Parlament vertreten;
  • die Erste Partei Lettlands (LPP). Diese Partei ist aus einer christlichen Partei hervorgegangen. Sie trat bei den Parlamentswahlen 2002 zum ersten Mal zur Wahl an und erreichte damals 9,58 % der Stimmen und 10 der 100 Sitze in der Saeima. Durch Fraktionswechsel (Ein- und Austritte) gehören dieser Fraktion mittlerweile sogar 14 Abgeordnete an.
Minderheitenregierung mit Unterstützung linksorientierter Abgeordneter

Insgesamt kann sich demnach die Regierung Emsis nur auf 47 der 100 Abgeordneten stützen. Allerdings steht der Regierung keine geschlossene Opposition gegenüber. Die Regierung wurde bei ihrer Bestätigung durch das Parlament von insgesamt 56 Abgeordneten unterstützt, d.h. 10 Abgeordnete insbesondere aus dem linksorientierten Lager sehen in der neuen Regierung Ansätze für eine stärker soziale und der russischen Minderheit entgegen kommende Politik. Auf der anderen Seite hat sich aber auch ein Minister der „rechten“ Repse-Partei „Neue Zeit“ bereits der neuen Regierung angeschlossen und dort das Ministerium für Regionalentwicklung übernommen.

Hauptziele der Regierung

Emsis nannte folgende Hauptziele der neuen Regierung und kritisierte damit gleichzeitig das Versagen der alten Regierung in diesen Fragen:

  • die effiziente Ausnutzung der EU-Fonds für die Entwicklung Lettlands;
  • die Erfüllung aller Zoll- und Grenzkontrollmechanismen, die von der EU bis zum 1. Mai angemahnt werden und bisher noch nicht funktionieren;
  • die Durchsetzung der Gewaltenteilung mit unabhängigen Gerichten und der Achtung des Rechts;
  • eine wirksame Bekämpfung der Korruption;
  • eine schrittweise Verbesserung der Lebensverhältnisse der soziale schwachen Bevölkerungsschichten;
  • Toleranz gegenüber nationalen Minderheiten und gleichzeitig die Erweiterung der lettischen Sprache im Bildungswesen.
Fazit

1. Die Regierung Emsis kann sich auf keine festen Mehrheiten stützen und ist demnach auf das Wohlwollen von Gruppierungen außerhalb der Regierungskoalitionen angewiesen. Der Ministerpräsident ist eine Persönlichkeit des Ausgleichs und des Kompromisses. Ihm steht aber nur eine kleine Fraktion und Partei als „Machtbasis“ zur Verfügung. Die Regierung ist daher eher als schwach einzustufen.

2. Auf Grund der Zusammensetzung der Koalition und der Formulierung des Regierungsprogramms ist nicht davon auszugehen, dass in Lettland „das grüne Zeitalter“ beginnt. Vielmehr wird die Regierung alle Anstrengungen unternehmen, um den Einstieg in die EU- Fonds nicht zu verpassen, die Korruption zu bekämpfen, die ländlichen Regionen zu stabilisieren und dem demokratischen Rechtsstaat zum Durchbruch zu verhelfen.

3. Einige Kommentatoren befürchten eine zunehmende Abhängigkeit der Regierung von linksorientierten Abgeordneten, die von Moskau unterstützt würden und eine Spaltung der Gesellschaft in eine russische und eine lettische Teilgesellschaft befördern würden. Die Kommentatoren sehen für die Zukunft wachsenden Einfluss Russlands, der die innere Integrationspolitik der bisherigen Regierungen ( Eingliederung der russischen Minderheit) zunichte machen könnte.

Für diese Befürchtungen gibt es aber in der Regierungserklärung bisher noch keine Hinweise. Zudem lässt auch die Zusammensetzung der Regierung diesen Schluss nicht zwingend zu. Eine genaue Beobachtung der lettischen Politik, die auf dem Weg zur Integration in die Europäische Union mit Einflussversuchen aus Moskau zu kämpfen hat, ist aber angeraten.

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Elisabeth Bauer

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11. Februar 2004
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