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Neue Dynamik im Malawischen Parteiensystem

von Burkhard Margraf
Die vergangenen Wochen haben für die politische Landschaft Malawis einige Überraschungen gebracht, die von großer Bedeutung für die im Mai des Jahres anstehenden Wahlen sind. Dann werden an einem Tag ein neuer Präsident, ein neues Parlament und neue Kommunalvertretungen gewählt.

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Nachdem die beiden großen, im Parlament vertretenen Oppositionsparteien, die Malawi Congress Party (MCP) und die Alliance for Democracy (AFORD) 2002 stark zerstritten waren und damit die regierende United Democratic Front (UDF) ohne große parlamentarische Kontrolle regieren konnte, hat sich das Blatt für die Regierungspartei seit ein paar Monaten gewendet. Die MCP, die lange in zwei Lager geteilt war, hatte sich im vergangenen Jahr wieder zusammengerauft, und dadurch den Versuch des amtierenden Präsidenten Bakili Muluzi, sich durch eine Verfassungsänderung eine dritte Amtszeit zu ermöglichen, zunichte gemacht. Daraufhin hatte Muluzi eine Allianz mit der anderen Oppositionspartei AFORD gesucht und deren Parteivorsitzenden zum zweiten Vizepräsidenten Malawis gemacht.

Muluzis autokratischer Führungsstil geriet bei der Parteibasis, vor allem bei einigen langjährigen Parteigrößen, die sich gegen eine dritte Amtszeit ausgesprochen hatten, zunehmend in die Kritik und führte seit rund einem halben Jahr zum Parteiaustritt prominenter Figuren in der UDF, darunter der Vizepräsident der Partei und der ehemalige Fraktionsführer, die beide auch Ministerposten innehatten. Diese gründeten entweder ihre eigenen Parteien oder schlossen sich anderen kleineren Parteien an. Die durch Austritte freiwerdenden Kabinettsposten wurden von Muluzi mit Oppositionsmitgliedern oder bislang unbekannten Günstlingen besetzt, deren Kompetenz mehr als fraglich ist. Besonders stark kritisiert wurde die Tatsache, dass Muluzi sich nicht an die Spielregeln der Partei hielt und seinen Nachfolger als Präsidentschaftskandidat selbst bestimmte, anstatt ihn von den Parteigremien wählen zu lassen.

Seit Jahresende häuften sich dann in schneller Folge Ereignisse, die die politische Landschaft Malawis noch mehr durcheinander brachten. Am Neujahrstag 2004 verkündete der erste Vizepräsident Malawis, Malewezi, seinen Austritt aus der Regierungspartei UDF und schloss sich der Partei Peoples Progressive Movement (PPM) an.

Damit sind derzeit beide Vizepräsidenten Malawis nicht Mitglieder der Regierungspartei, sondern von Oppositionsparteien. Sollte dem Staatspräsidenten etwas zustoßen, hätte das die Übernahme der Amtsgeschäfte durch einen seiner Vizepräsidenten zur Folge, der dann ein völlig neues Kabinett berufen könnte. Da der Staatspräsident in der vergangenen Woche in einen schweren Autounfall verwickelt war, bekam diese Situation eine ganz aktuelle Dramatik. Einige politische Analysten im Lande sprechen bereits von einer Verfassungskrise.

Aber auch bei der größten Oppositionspartei MCP sieht die Situation derzeit nicht mehr so rosig aus. Erst Ende Dezember 2003 hatte der Oberste Gerichtshof Malawis eine Klage gegen den Parteipräsidenten, Tembo, und die damalige Generalsekretärin, Kainja, abgewiesen, die in erster Instanz noch gegen sie entschieden worden war und wegen der die beiden für 7 Monate aus dem Parlament ausgeschlossen wurden und ihre Abgeordnetensitze ruhen lassen mussten. Es sah danach aus, dass die MCP dadurch neuen Auftrieb bekommen würde.

Aber am vergangen Wochenende trat dann der Vizepräsident der MCP, Chacuamba, überraschend aus der Partei aus und gründete seine eigene Partei, die Republican Party (RP). Da er eine Führerfigur innerhalb der MCP war, steht zu erwarten, dass er nicht wenige Mitglieder auf seine Seite ziehen wird. Das Wechseln der Partei ist ein Phänomen, dass in Malawi auch bei einfachen Parteimitgliedern häufig zu beobachten ist. Der Grund liegt darin, dass die Parteien ideologisch nicht so weit voneinander entfernt sind, sondern mit „Präsidentenwahlvereinen“ verglichen werden können, deren einziges Ziel der Wahlsieg ihres Führers ist, von dem man sich dann eine Belohnung für seine Loyalität erhofft.

Mit den in den letzten Monaten neu gegründeten Parteien, in denen vor allem die Abtrünnigen aus den drei etablierten Parteien sich eine neue Heimat aufgebaut oder gefunden haben, werden nach heutigem Stand zwischen 20 und 30 Parteien bei den Wahlen im kommenden Mai konkurrieren. Wie groß die Chancen dieser Parteien bei den Wahlen sein werden, ist völlig offen, da sie zwar teilweise prominente Figuren an ihrer Spitze haben, aber wenig Zeit, um einen ordentlichen Wahlkampf zu organisieren.

In Malawi ist der Regionalismus der Wählergunst sehr stark ausgeprägt. Außerhalb der beiden großen Städte Lilongwe und Blantyre orientieren sich die Wähler bei der Stimmabgabe hauptsächlich an der Herkunft der Kandidaten. Dadurch hat sich eine starke Regionalisierung der Parteien in Süd, Zentrum und Nord entwickelt. Diese Tatsache trägt zusammen mit der nun entstanden unübersichtlichen Parteienlandschaft dazu bei, die noch junge Demokratie in Malawi zu schwächen.

Falls es den Parteien der Opposition nicht gelingt, ein Wahlbündnis zu bilden, wird es nicht einfach werden, die bisherige Regierung, deren Leistungen in der Vergangenheit deutlichen Anlass zu Kritik gegeben haben, nach 10 Jahren abzulösen. Das Zustandekommen eines Wahlbündnisses ist aber bei der Diversität der politischen Charaktere und ihrer Ambitionen und der teilweise gespannten persönlichen Beziehungen nicht leicht zu erreichen. Damit ist der Ausgang der Wahlen im Mai völlig offen und für Überraschungen gut.

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10. Oktober 2003
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