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Länderberichte

Politischer Durchbruch im Friedensprozeß

von Dr. Marlies Salazar

Zweite Runde der Friedensverhandlungen zwischen der srilankischen Regierung und der LTTE erfolgreicher als erwartet

Die zweite Runde der Friedensverhandlungen zwischen der Regierung von Sri Lanka und der LTTE unter Teilnahme von norwegischen Diplomaten fand vom 31. Oktober bis zum 3. November in Thailand statt. Nach Aussagen beider Verhandlungspartner sind die Verhandlungen überraschend gut verlaufen. Es wurden mehr Fortschritte erzielt als erwartet. Ursprünglich hatte man angenommen, daß die Verhandlungen sich mehr auf humanitäre Fragen wie die Beseitung von Landminen und die Rückführung von Flüchtlingen beschränken würde. Aber man hat sich überraschenderweise darauf geeinigt, von jetzt an auch die grundlegenden politischen Fragen für eine dauerhafte Lösung des Konflikts zu diskutieren.

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Durchbruch bei der zweiten Verhandlungsrunde

Die Opposition in Sri Lanka hatte kritisiert, daß die Friedensverhandlungen sich bisher ausschließlich auf humanitäre und entwicklungspolitische Fragen konzentriert und nicht die Kernfrage einer politischen Lösung des Konflikts aufgenommen hatten. Ursprünglich war man davon ausgegangen, daß in der ersten Phase der Verhandlungen humanitäre Fragen, in der zweiten Phase verwaltungstechnische Fragen und erst in der dritten Phase die eigentliche politische Lösung diskutiert würden. Aber überraschenderweise wurde gegen Ende der zweiten Verhandlungsrunde die Einsetzung von drei Unterausschüssen verkündet:

  • ein Unterausschuss, um den Bedarf an Rehabilitierungsmaßnahmen in der Kriegszone festzustellen,
  • ein zweiter Unterausschuss, um die militärische Deeskalation zu beschleunigen,
  • ein dritter Unterausschuss, um eine politische Lösung für den Konflikt zu finden.
Diese Unterausschüsse werden kontinuierlich an der Lösung der strittigen Fragen arbeiten, um den Fortschritt zu beschleunigen und den anstehenden Problemen mehr Aufmerksamkeit zu widmen. Anschließend werden sie bei den Verhandlungen über die Ergebnisse ihrer Arbeit berichten.

Der erste Unterauschuss wird acht Mitglieder haben, vier von jeder Seite. Auf der Regierungsseite werden zwei Vertreter der Muslime vertreten sein. Dieser Unterausschuss soll die notwendigen humanitären und Rehabilitierungsmaßnahmen im Nordosten identifizieren sowie die dafür notwendige Finanzierung festlegen. Unmittelbare Aufgabe dieses Gremiums wird es sein, die Geberkonferenz in Oslo am 25. November vorzubereiten.

Der zweite Unterausschuss soll sich um Sicherheitsfragen wie Deeskalation und Normalisierung kümmern. Vorsitzende sind der Staatssekretär für Verteidigung, Austin Fernando, und Commander Karuna von der LTTE. Es wurde auch ein sieben Punkte Abkommen beschlossen, um eine bessere Sicherheitslage in der Ostprovinz zu garantieren. Nach diesem Abkommen werden gemeinsame Ausschüsse in jedem Distrikt im Norden und Osten geschaffen, die je zur Hälfte aus Tamilen und Muslimen bestehen werden, um die Spannungen zwischen Muslimen und Tamilen abzubauen.

Der dritte Unterausschuss unter dem Vorsitz der Chefunterhändler G.L.Peiris und Anton Balasingham wird grundlegende politische Fragen behandeln, die die Basis für einen endgültigen Friedensvertrag bilden sollen. Er wird sich mit internationalen Experten treffen, um föderale und konföderale Lösungsmöglichkeiten der Selbstverwaltung zu begutachten und Postkonfliktmaßnahmen zu Frieden und Wiederversöhnung in anderen Ländern zu untersuchen.

Diese positiven Ansätze wurden in Thailand gefunden, während es in Sri Lanka zu allen möglichen Problemen kam, die auch zu einem Abbruch der Verhandlungen hätten führen können. So verurteilte das Oberste Gericht in Colombo den Rebellenführer Prabhakaran zu einer Gefängnisstrafe von 200 Jahren für seine Verwicklung in einen Bombenanschlag im Jahre 1996, bei dem 80 Menschen starben.

Außerdem kam es wegen des geplanten Baus einer muslimischen Schule zu Zusammenstößen zwischen Muslimen und Singhalesen in Colombo, wie sie die Hauptstadt schon seit Jahrzehnten nicht erlebt hatte.

Die muslimische Frage

Die Muslime leben zwar überall in Sri Lanka, sie werden aber als eine getrennte ethnische und religiöse Gruppe betrachtet. Sie sprechen Tamilisch, sind aber sehr unterschiedlicher ethnischer Herkunft und stellen ungefähr 7% der Bevölkerung. Muslime sind traditionell Händler und Geschäftsleute in vielen Teilen des Landes, außer im Osten, wo sie auch Fischer und Bauern sind. Ihr wirtschaftlicher Erfolg und Wohlstand wurden von extremistischen singhalesischen Gruppen immer als Bedrohung empfunden.

Muslime bildeten bis vor kurzem eine einflußreiche Gruppe innerhalb der großen Parteien. Seitdem die Tamilen militant um ihre Rechte kämpfen, haben die Muslime auch ihre eigene politische Partei gegründet, den muslimischen Kongreß, der ein wichtige Königsmacherfunktion in der heutigen srilankischen Politik hat.

Viele Muslime im Osten haben Angst vor dem Resultat der Friedensverhandlungen zwischen der Regierung und den tamilischen Tigern. Sie denken, daß der Osten ein vom Norden getrennte Provinz sein sollte, denn dort stellen sie 33% der Bevölkerung. Zusammen mit den Singhalesen bilden sie die Mehrheit im Osten, obowhl die Tamilen die größte einzelne ethnische Gruppe sind. Nach dem Friedensabkommen zwischen Indien und Sri Lanka im Jahre 1987 wurden der Norden und der Osten zu einer einzigen Verwaltungseinheit zusammengefügt und die tamilischen Tiger bezeichnen das ganze Gebiet als ihr traditionelles Heimatland.

Während des Bürgerkrieges haben die Muslime sowohl unter der Regierung wie unter den tamilischen Rebellen gelitten. 1990 wurden über 16 000 muslimische Familien von den Tamilen aus ihren traditionellen Wohngebieten vertrieben, da man sie als Kollaborateure betrachtete. Tausende von Muslimen leben noch in Flüchtlingslagern im Nordwesten und im Osten. Vor kurzem hat der Führer der tamilischen Tiger Prabhakaran zugegeben, dass den Muslimen Unrecht getan wurde und sie zur Rückkehr eingeladen.

Die Regierung ist sich darüber klar, daß die muslimische Frage im Osten ein potenzielles Pulverfaß ist. Vor kurzem wurde ihre Mehrheit im Parlament gefährdet, weil eine Gruppe von muslimischen Abgeordneten wochenlang die Parlamentssitzungen boykottierte. Sie fordern eine getrennte Verwaltungseinheit für die Muslime vor einer endgültigen politischen Lösung im Norden und im Osten.

So hat die srilankische Regierung Probleme nicht nur mit den tamilischen Tigern, sondern auch mit der von der Präsidentin angeführten Opposition und ihren eigenen muslimischen Koalitionspartnern. Es ist erstaunlich, daß sie unter diesen Umständen so große Fortschritte bei den Friedensverhandlungen gemacht hat.

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