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Länderberichte

Sieg Berlusconis - Reaktionen in Frankreich

von Dr. Norbert Wagner
In Frankreich wartete man den Sieg Berlusconis bei den Parlamentswahlen erst gar nicht ab. Schon vor dem Wahltag waren die hochgezogenen Augenbrauen und die erhobenen Zeigefinger bei führenden Politikern unübersehbar, wenn die Rede auf einen möglichen Wahlsieg Berlusconis kam.

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Obwohl die Erfahrungen mit dem Boykott Österreichs und die Blessuren, die sich gerade Frankreich dabei eingehandelt hatte, noch nicht verwunden sind, nahm man in den politischen Kreisen und teils auch in den Medien immer wieder auf den Fall "Österreich" Bezug, wenn über einen eventuell bevorstehende Sieg von Silvio Berlusconi und eine italienische Regierungskoalition unter Einschluss von Umberto Bossi spekuliert wurde. Und dies nicht nur im Lager der Regierung Jospin, sondern auch im Umfeld von Präsident Chirac.

Der Grundtenor in den Stellungnahmen führender französischer Politiker hat sich auch nach dem Wahlsieg von Berlusconi nicht geändert. Zwar lehnt man es ab, Haider mit Bossi bzw. Fini gleichzusetzen. Durch sein schwaches Abschneiden sei Bossi auch innerhalb der Casa delle Libertà marginalisiert. Fini habe seiner post-faschistischen Vergangenheit abgeschworen, was Haider bisher nicht getan habe.

Skepsis überwiegt aber, vor allem im Regierungslager. Natürlich ist das linke Lager vor allem unzufrieden mit der Niederlage der politischen Freunde in Italien. Vielleicht sieht man darin gar schon den Vorboten für die in Frankreich in einem Jahr bevorstehenden Parlamentswahlen?

Europaminister Pierre Moscovici, der meist das sagt, was Lionel Jospin und Hubert Védrine nicht so offen sagen wollen, gibt zu, dass der Sieg Berlusconis keine gute Nachricht sei. Dies rechtfertige aber keine Vorab-Verurteilung. Gleichwohl ruft er zu Wachsamkeit gegenüber der Regierung Berlusconi auf.

Aber auch die Stellungnahme von Außenminister Hubert Védrine ist nicht gerade von diplomatischer Zurückhaltung geprägt. Zwar meinte er zunächst, das italienische Volk habe in einer demokratischen Wahl seinen Willen bekundet, er habe Vertrauen in die Demokratie und das italienische Volk. Er fügte aber hinzu: "Wir werden aber genau beobachten, was diese Regierung sein wird und was sie machen wird". Man kann davon ausgehen, dass Außenminister Védrine nichts sagt, was der Position des Elysée widerspricht.

Auch der Parti Socialiste ruft, wie nicht anders zu erwarten, zu Wachsamkeit auf und erklärt, die einzige erfreuliche Nachricht sei, dass die "schändlichen Allianzpartner" von Berlusconi geschwächt aus den Wahlen hervorgegangen seien.

Der sozialistische Präsident der Nationalversammlung versteigt sich gar zu der Wertung, in Italien bringe die Demokratie Ergebnisse hervor, die man von ihr nicht erwarte. Denn sie überlasse Leuten und Parteien den Sieg, für welche die Demokratie, scheinbar nicht Ziel, sondern nur ein Mittel sei.

Ganz anders, teils sogar sehr positiv die Stellungnahmen im Lager der bürgerlichen Opposition: Alain Madelin, Vorsitzender der Partei Démocratie Libérale, "applaudiert freimütig" dem Sieg von Silvio Berlusconi. Das Programm Berlusconis für Italien wäre auch sehr gut für Frankreich.

Auch der RPR "begrüßt den eindeutigen Sieg" von Silvio Berlusconi. Dieser Sieg belege ein profunde Hoffnung auf einen Wandel.

Selbst die UDF, ehemals eine heftige Verfechterin von Sanktionen gegen Österreich, äußerte ihre "Freude über die Niederlage der linken Koalition und begrüßt den Sieg von Berlusconi und seinen Freunden". Die UDF hat volles Vertrauen in die vom italienischen Volk gewählte neue Mehrheit und hofft, dass sie einen wichtigen Beitrag zur europäischen Einigung leistet.

Die Bewertung des Wahlsiegs von Silvio Berlusconi in den französichen Medien ist vorwiegend von Skepsis und Kritik geprägt. Keine Zeitung, kein Fernseh- und Radiosender versäumt, auf den Reichtum und die dominierende Rolle Berlusconis in der italienischen Medienlandschaft hinzuweisen.

Deshalb sei Wachsamkeit am Platze. "Le Monde" (16. Mai.) zieht die unangemessene Parallele, Italien wolle ja wohl nicht in die Fußstapfen von Wladimir Putin treten. Ansonsten wird aber der Sieg Berlusconis als Ausdruck einer demokratischen Entscheidung des italienischen Volkes gewertet. Die europäischen Partner hätten gleichwohl jede Berechtigung, genauestens darüber zu wachen, welche Politik Italien zukünftig verfolge und wie diese sich auf die wirtschaftliche Entwicklung in Europa und den Euro auswirke. Die Gründe für die Beunruhigung in Europa bestünden fort. Deshalb sei Wachsamkeit geboten. Denn man wolle doch nicht resigniert eingestehen, dass "in Europa ein Demagoge sich ein Land kaufen kann, so wie man sich einen Ablass kauft".

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