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Veranstaltungsberichte

Antworten auf Sarrazin

von Daniel Schranz

Armin Laschet und Patrick Bahners diskutierten in Aachen

Zum Themenschwerpunkt Integration und gesellschaftlicher Zusammenhalt hatte die Konrad-Adenauer-Stiftung unter der Überschrift „Antworten auf Sarrazin“ in einer Gemeinschaftsveranstaltung mit dem Institut für politische Wissenschaft der RWTH Aachen und dem Deutsch-Türkischen Forum eingeladen. Wie sehr das Thema bewegt, zeigten die über 300 Besucher im restlos gefüllten Saal der Aachener Kurparkterrassen.

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Vor dem Hintergrund der vor über 50 Jahren geschlossenen Anwerbeverträge mahnte Daniel Schranz, Landesbeauftragter der Konrad-Adenauer-Stiftung für Nordrhein-Westfalen, bei seiner Begrüßung, die entsprechende Debatte für eine bessere Integrationspolitik zu nutzen. Der Konrad-Adenauer-Stiftung sei das Thema „Zuwanderung und Integration“ ein großes Anliegen. "Wir möchten heute Abend Antworten auf Thilo Sarrazin geben", erklärte Cemile Giousouf, Vorsitzende des Deutsch-Türkischen Forums Aachen in ihrer Moderation und spielte damit auf die Lesung des ehemaligen Bundesbankvorstands in Aachen an. Entsprechend sei das Ziel, sich mit seinen islam- und integrationskritischen Thesen ausführlich auseinander zu setzen.

Diesen Gedanken skizzierte auch der ehemalige NRW-Integrationsminister Armin Laschet MdL mit seinem Buch "Die Aufsteigerrepublik": Nach über 50 Jahren Migrationsgeschichte habe man dieses wichtige Thema viel zu spät erkannt, obwohl Integration immense Chancen für alle biete. Wie Laschet in seinem Beitrag kritisierte, vermenge Sarrazin methodisch unkorrekt Probleme der sozialen Herkunft, die man in der Tat jahrzehntelang politisch vernachlässigt habe, mit Aspekten der Religion. Diese Vorbehalte erinnerten ihn an die historischen Auseinandersetzungen zwischen Katholiken und Protestanten in Deutschland, die man schließlich auch beigelegt habe. Als Beleg zitierte Laschet aus seinem Buch seinen persönlichen Werdegang vom katholischen Kindergarten, der katholischen Grundschule und Jugendarbeit bis zum Besuch eines bischöflichen Gymnasiums: "Kein Mensch würde heute sagen, dass ich in einer Parallelgesellschaft aufgewachsen sei!"

Im Anschluss nahm Patrick Bahners, Feuilletonchef der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, diesen Gedanken "der deutschen Angst vor dem Islam" auf, mit der er sich auch in seinem Buch "Die Panikmacher" befasst. Viele latente Forderungen radikaler Islamgegner würden ihn an die früheren Katholikengesetze erinnern. Besonders "schockiert" sei er über Äußerungen Sarrazins gewesen, der manchen Menschen schlichtweg die "Anerkennung verweigere" – für Bahners die "grundlegendste zwischenmenschliche Haltung". Daraus folgerte er, dass Sarrazins Thesen sich nicht an sachlichen Kritikpunkten orientieren, sondern eine grundlegende irrationale Abwehrhaltung rechtfertigen sollen.

Den Grund für eine solche Haltung bei vielen Sarrazin-Befürwortern sah Laschet in der folgenden Diskussion vorrangig bei der Politik: "Dies ist eigentlich eine Abstimmung über die integrationspolitischen Versäumnisse der letzten 50 Jahre!" Die Frage, wie mit Sarrazins Aussagen letztendlich umgegangen werden solle, wurde kontrovers gesehen: Während für Bahners viele seiner Worte im Geiste Aristoteles nur "Zurechtweisung und keine Erwiderung" verdienen, sollte man sich nach Laschet den Thesen Sarrazins durchaus inhaltlich stellen, "um ihn nicht zum Märtyrer" zu machen. Religion werde leider viel zu häufig instrumentalisiert: "Es gibt integrationspolitisch noch viel zu tun, aber wir sollten das nicht alles am Islam festmachen!"

Persönliche Wortmeldungen von Teilnehmern verdeutlichten zudem, dass es nicht "den Islam", sondern viele verschiedene Ausgestaltungen und Auffassungen gebe. Im Übrigen seien auch die oft angeführte angebliche demografische Entwicklung zu einem "muslimischen Deutschland" wissenschaftlich nicht haltbar, wie Patrick Bahners betonte. Die zugrundeliegende "Angst vor dem Neuen" sei sozialpsychologisch nachvollziehbar, gerade deshalb sei es aber Aufgabe von Politik und Medien, einem islamkritischen Klima in der Gesellschaft entgegenzuwirken und die wirklichen Probleme zu benennen und anzugehen.

Wie dies funktionieren kann, zeigte Professor Emanuel Richter vom Institut für politische Wissenschaften an der der RWTH Aachen in seinem Schlusswort auf: Für ihn lag der Schlüssel zur erfolgreichen Integration in der Partizipation: "Wenn es uns gelingt, dass sich ein Großteil der Menschen mit Zuwanderungsgeschichte in die Gesellschaft, in Vereinen, in der Politik und in Bürgerinitiativen produktiv einbringt, dann haben wir den wichtigsten Schritt getan."

Text und Fotos: Tobias Schenk

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