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Respekt?! Gewalt gegen Polizeibeamte in Deutschland

Vortrag und Gespräch

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„Polizisten entscheiden sich freiwillig für ihren Beruf. Sie müssen damit rechnen, dass man ihnen mit Gewalt und Anfeindungen gegenübertritt.“

Nicht erst seit den Ausschreitungen im Rahmen des G20-Gipfels in Hamburg im letzten Jahr scheinen solche Ansichten salonfähig geworden zu sein. Nach Hamburg, Berlin und Bremen gehört Thüringen zu den Bundesländern mit den meisten Fällen von Gewalt gegen Polizisten. In den letzten Jahren sind auch insbesondere in Thüringen die Fallzahlen von Wiederstand und Gewalt gegen die Polizei gestiegen.

Vor diesem Hintergrund lud das Politische Bildungsforum der Konrad-Adenauer-Stiftung Thüringen am 18. September 2018 zum Expertengespräch im Thüringer Landtag mit folgenden Gästen: Dr. Rudolf van Hüllen, Politikwissenschaftler und Extremismusforscher, Wolfgang Fiedler MdL, Innenpolitischer Sprecher der CDU-Landtagsfraktion, Kai Christ, Landesvorsitzender Thüringen der Gewerkschaft der Polizei GdP und Jürgen Hoffmann, Landesvorsitzender Thüringen der Deutschen Polizeigewerkschaft DPolG. Die Diskussion wurde moderiert von Fabian Klaus (TLZ). Leiterin des Politischen Bildungsforums der Konrad-Adenauer-Stiftung Thüringen Maja Eib illustrierte in ihrer Begrüßungsrede alltägliche und öffentliche Ablehnung des Gewaltmonopol des Staates anhand einer umfangreichen Fotodokumentation des Schriftzuges „ACAB“ (engl.: „all cops are bastards“, deutsch: „Alle Polizisten sind Bastarde“) in Erfurt und Liedtexte der erst kürzlich beim Konzert „Wir sind mehr“ in Chemnitz am 03. September 2018 aufgetretenen Band „Feine Sahne Fischfilet“. Frau Eib monierte, dass die ACAB-Schmierereien von der Politik nicht beachtet und im Vergleich zu anderer Hetze auch nicht entfernt würden. Diese Nichtbeachtung der Politik wiederum auch mit dem Anstieg beim Widerstand gegen Polizeivollstreckungsbeamte einher, der in den Jahren 2015-2016 in Thüringen 20,3% betrug.

Als Extremismusforscher stellte Dr. van Hüllen fest, dass Sozialwissenschaften ein geringes Interesse an Gewalt im Kontext von Auseinandersetzungen zwischen Polizei und Zivilgesellschaft zeigen und eventuelles Forschungsinteresse eher auf Gewalt, die von Polizisten ausgeht („Cop Culture“), richten. Für ihn spielen insbesondere drei Aspekte bei der zunehmenden Gewalt gegen Polizisten und sekundär allen Vollzugsbeamten des Staates eine Rolle:

1.Achtung vor Uniformen ist rückläufig:

In allen westlichen Gesellschaften zeigt sich ein Trend zur persönlichen nicht normgebundenen Individualisierung, welche eine Ablehnung von Autoritäten eher bedingen.

2.Alle Extremismusphänomene bekämpfen die Polizei:

Bei der Überwindung staatlicher Gerüste zur Verwirklichung linker und rechter Gesellschaftsvisionen ist die Polizei eine unmittelbare Hürde. Sie führt staatliche Gewalt aus und schützt die freiheitlich demokratische Grundordnung. Eine staatliche Finanzierung der Helfershelfer über Präventionsprojekte muss seiner Meinung nach abgestellt werden.

3.Migranten sind statistisch durch Gewalt untereinander und Gewalt gegen Polizei auffällig.

Die Quelle dessen liegt u.a. in einer unzureichenden Willkommenskultur, die die Entstehung von (kriminellen) Milieus befördert.

Er machte zudem deutlich, dass Deutschland eine überregelte Gesellschaft sei und da die Polizei das Instrument ist, welches die Regeln überprüfen müsse, komme es immer häufiger zu Konflikten zwischen Bürgern und Polizisten. Denn durch die zusätzlichen Regeln und Gesetze, die es vor 30 oder 40 Jahren so in dieser Form nicht gab, werde der Bürger uneinsichtig, wenn er vom Staat, in diesem Fall der Polizei, sanktioniert wird. Weiterhin unterschied Dr. van Hüllen zwischen linker, rechter und migrantischer Gewalt gegen Polizisten. Er kritisierte, dass linker und rechter Extremismus in der Gesellschaft und öffentlichen Wahrnehmung unterschiedlich bewertet werden, obwohl beide dasselbe Ziel, die Abschaffung des Staates, seines Gewaltmonopols und der demokratischen Ordnung, verfolgen. Doch der linke Extremismus genieße im Gegensatz zum rechten Extremismus große gesellschaftliche Spielräume und erfahre keinen relevanten Verfolgungsdruck, so Dr. van Hüllen. Hinzu komme, dass die linke Szene im Vergleich zu früher nicht mehr wachse und auch nicht mehr so dynamisch sei wie früher. Doch trotz dieser Rückläufigkeit ist die linke Gewalt deutlich aggressiv. Diese Aggressivität ergebe sich aus der sterbenden Ideologie des Linksextremismus, obwohl dieser immer noch über gesellschaftlichen Rückhalt verfüge, weshalb es zu aggressiven Reaktionen aus Seiten des linken Lagers komme. Im Gegensatz zum Linksextremismus werde der Rechtsextremismus deutlich stärker verfolgt und gesellschaftlich geächtet. Die dritte große Gruppe die Gewalt gegen Polizisten richte, sei die migrantische Gewalt, so Dr. van Hüllen. Er wies darauf hin, dass die Migranten in Deutschland einen Kulturschock erleben würden und die deutsche Polizei nicht vergleichbar sei mit der Polizei, die ihre Macht häufig gewalttätig missbrauche, aus ihren Herkunftsländern. Gerade die muslimischen Migranten erfahren in Deutschland, dass ihre Verhaltensweisen und Familien-und Menschenbilder nicht akzeptiert werden. Da viele Migranten bei Verstößen gegen Gesetze jedoch nicht hart sanktioniert oder strafrechtlich verfolgt werden, erleben sie die deutsche Polizei als zahnlos und verlieren jeglichen Respekt vor den Polizeibeamten. Hinzu komme die mangelnde Akzeptanz von weiblichen Beamten durch nicht wenige Migranten. Dr. van Hüllen zeigte auf, dass sich migrantische Parallelgesellschaften, in denen die Autorität der Polizei nicht akzeptiert würde, gebildet haben. In Einsätzen würden dann nicht selten wenige Polizeibeamte einer Vielzahl sich schnell mobilisierender Migranten gegenüber stehen.

„Schwarz genug ist die Prognose“

In der Diskussion wiesen sowohl Kai Christ als auch Jürgen Hoffmann auf die personellen und strukturellen Mängel bei der Thüringer Polizei hin. Über Jahre seien Stellen abgebaut worden, sodass bereits der Altersabgang schwer abzudecken sei. In Folge dessen fehlen auch Ausbilder für etwaige Mehrausbildungen. Dazu käme noch eine niedrige Besoldung, so entlohnt Thüringen seine Polizisten und Polizistinnen auf bundesweit niedrigem Niveau und beschäftigt noch einen mittleren Dienst ohne Aufstiegschancen. Der Innenpolitische Sprecher der CDU-Landtagsfraktion Wolfgang Fiedler signalisierte hier, dass man den Nachholbedarf erkannt habe, Fehler eingestehe und entsprechend handeln werde, diese in Zukunft zu beheben und wieder auszugleichen.

Als weitere Baustelle wird die öffentliche Wahrnehmung der Polizei sichtbar: Medien berichten überwiegen wenig wertschätzend über die Arbeit der Polizei und Bündnis 90/DIE GRÜNEN rief zur Kontrolle der Polizei auf, was strukturelles Misstrauen in der Gesellschaft schüre und inakzeptabel sei. Symbole, das der Staat hinter den Polizisten, die auf seine Weisung handeln, steht, fehlen nicht selten. Als ein zentrales Problem erklärten die anwesenden Vertreter der Polizei übereinstimmend eine Unzufriedenheit vieler Beamter mit juristischen Entscheidungen zu Ungunsten von Polizisten bei Beleidigungen und Angriffen. Strafmaße werden nicht mehr ausgeschöpft, um Beleidigungen gegen Polizisten zu ahnden oder Entschädigungen zu fordern.

Die Diskussion war geprägt von Redebeiträgen und Lageberichten der Arbeit der Polizei durch zahlreiche Polizeibeamte, die an der Veranstaltung teilnahmen. Auch Schüler des Königin-Louise-Gymnasiums Erfurt stellten Nachfragen an Dr. van Hüllen hinsichtlich der Gewalt von Migranten. Dazu präzisierte Dr. van Hüllen seine Aussagen und wies darauf hin, dass selbstverständlich nicht pauschal von Migranten Gewalt gegen Polizisten ausgehe, gerade nicht von Einwanderergruppen, die schon seit Jahrzehnten in Deutschland leben oder hier geboren sind. Er verwies viel mehr auf die während der Flüchtlingskrise 2015 angekommenen Migranten, als verstärkt auffällige Gewalttäter, da diese aus Kriegsgebieten mit alltäglicher Gewalt und diktatorischer Staatsprägung verbunden mit archaischen „Ehrenkodex“-Einstellungen kommen. Aufgrund dieser Prägung wären sie in Konfliktsituationen häufig nicht in der Lage, diese gewaltfrei zu lösen. Diese Problematik muss bei den Debatten zu Zuwanderung im Blick gehalten werden und in der Integrationsarbeit eine große Aufmerksamkeit erhalten.

Die Podiumsteilnehmer äußerten dennoch die Hoffnung, dass Personal und Ausstattung der Polizei sich verbessern und das Ansehen der Polizei weiter hoch bleibt.

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