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Die Klima-Performance der G7

von Jasper Eitze, Maximilian Pretzel

CO2-Produktivität als Messgröße

Wie sind Wirtschafts- und Klimaschutzinteressen am besten vereinbar und wie ist die Klima-Performance eines Landes unter diesem Gesichtspunkt am besten zu bewerten? Um diese Fragen beantworten zu können, schlagen wir vor, die CO2-Produktivität als eine zentrale Messgröße zu berücksichtigen. Unser Vergleich der G7-Staaten zeigt, warum dieser Ansatz sinnvoll ist.

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Die wirtschaftliche Wiederbelebung der G7-Staaten nach der Corona-Krise sollte Hand in Hand mit einer effektiven Klimapolitik gehen. Anders gesagt: Bei der Bewertung der Klima-Performance der G7-Staaten ist ganz zentral, auch die wirtschaftliche Entwicklung zu berücksichtigen. Dies gelingt mithilfe der so genannten CO2-Produktivität, die den Treibhausgasausstoß ins Verhältnis zum Wert der hergestellten Güter bzw. Dienstleistungen setzt. Dagegen suggeriert die in den westlichen Industriestaaten bislang übliche einseitige Fokussierung auf absolute CO2-Werte fälschlicherweise, dass eine weitgehende Loslösung des Treibhausgasausstoßes von der wirtschaftlichen Entwicklung bereits erreicht wäre. Wohl aber konnten alle G7-Staaten seit 1990 ihre CO2-Produktivität deutlich verbessern. Davon ausgehend lassen sich folgende Empfehlungen ableiten.

1. CO2-Produktivität als einen zentralen Bewertungsmaßstab etablieren

Sowohl klimaschutz- als auch wirtschaftsorientierte Akteure erhalten so eine für den konstruktiven Dialog verbindende Bezugsgröße. Eine ganzheitlichere Bewertung von Klima-Performance wird möglich. Zudem sinkt wegen der wirtschaftlichen Aufholjagd der Entwicklungs- und Schwellenländer stetig der Anteil westlicher Industriestaaten am globalen CO2-Ausstoß. Eine kombinierte ökonomisch-ökologische Bewertungsgröße ist daher zwecks internationaler Vergleichbarkeit von Klima-Performance sinnvoll. So werden auch Entwicklungs- und Schwellenländer besser in die UN-Nachhaltigkeitsagenda sowie in das Pariser Klimaschutzabkommen einbezogen. Denn diese Länder betrachten ihre CO2-Emissionen ganz selbstverständlich in Abhängigkeit von der wirtschaftlichen Entwicklung.

Klima-Performance der G7

2. In klimaverträgliche Industrieproduktion investieren

Wegen der energieintensiven Industrieproduktion wirkt sich ein hoher Industrieanteil am BIP negativ auf die CO2-Produktivität eines Landes aus. Eine weitgehende Schrumpfung der G7-Industrieproduktion wäre dem Klimaschutz jedoch abträglich. Denn wegen der auch künftig weltweit starken Nachfrage nach Industriegütern würde eine geringere Produktion in den G7-Staaten andernorts kompensiert, also zu einer Verlagerung von Produktion und CO2-Emissionen führen. Sinnvoller ist es, Industrieproduktion in den G7-Staaten mit ihren vergleichsweise hohen Umweltstandards zu halten. Dieser Aspekt ist folglich bei der Bewertung der Klima-Performance eines Landes zu berücksichtigen.

Ferner wird im Zuge der Defossilisierung der Industrieproduktion der Bedarf an CO2-neutraler Elektrizität deutlich steigen, insbesondere durch den vermehrten Einsatz grünen Wasserstoffs. Der starke Ausbau erneuerbarer Energien, bedarfsweise kombiniert mit Wasserstoffimporten, ist daher für eine gute Klima-Performance unverzichtbar. Deutschlands bisherige Klima-Performance kann sowohl für Industriestaaten als auch für Schwellen-länder Vorbildcharakter haben, gerade wenn die deutsche CO2-Produktivität zusammen mit dem im G7-Vergleich hohen Industrie- und Erneuerbare-Energien-Anteil betrachtet wird. Entsprechend muss für Deutschland die Priorität darin bestehen,

  • ein nennenswertes Wirtschaftswachstum bei gleichzeitig kosteneffizienter CO2-Reduzierung zu erzielen;
  • dafür den Industrieanteil mindestens auf dem aktuellen Niveau zu halten und
  • Rahmenbedingungen für den Ausbau erneuerbarer Energien so zu gestalten, dass Flächen effizient genutzt und die gesellschaftliche Unterstützung gewahrt werden.

3. CO2-Bepreisung als Leitinstrument weiter stärken

Ein klares, möglichst technologieneutrales CO2-Preissignal setzt längerfristige Investitionsanreize für effektiven Klimaschutz. Hier hat sich der Europäische Emissionshandel (EU ETS) als klimapolitisches Leitinstrument bewährt: Der Anteil des Kohlestroms ist zuletzt deutlich zurückgegangen. Vorausgesetzt, der Zertifikatspreis im EU ETS erreicht durch ausreichend ambitionierte Klimaziele dauerhaft eine signifikante Höhe, wird sich die Klima-Performance der europäischen G7-Staaten (Großbritannien ist trotz Brexit weiterhin an einer Teilnahme am EU ETS interessiert) in den kommenden Jahren deutlich verbessern. Dieser Effekt dürfte für Deutschland mit seinem im G7-Vergleich aktuell noch großen Kohlestromanteil besonders stark ausfallen. Unabhängig davon sollte der EU ETS wegen seiner klaren Vorzüge (mengengesteuerte Zielgenauigkeit, Kosteneffizienz und Technologieoffenheit) auf möglichst viele Wirtschaftssektoren ausgeweitet werden.

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11. Juni 2020
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