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"Der Stammzellforscher" - Portrait des neuen spanischen Ministers für Gesundheit und Verbraucherschutz, Bernat Soria

von Michael Däumer, Sebastian Grundberger, Joscha Schmitz

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Bernat Soria Escoms ist ein hoch dekorierter Wissenschaftler und Akademiker von internationalem Ruf, der jedoch immer wieder heftige Widersprüche und Diskussionen auslöste. Am 9. Juli 2007 wurde er als Minister für Gesundheit und Verbraucherschutz in Spanien vereidigt. Nach einer Kabinettsumbildung von Ministerpräsident José Luis Rodríguez Zapatero war seine Vorgängerin Elena Salgado ins Ministerium für Öffentliche Verwaltung gewechselt.

In der Vergangenheit hielt Soria unter anderem Vorträge vor dem Europäischen Parlament und veröffentlichte viel beachtete Beiträge in renommierten Fachzeitschriften, darunter mehrfach in „Science“. Sein Anliegen: Mehr Spielraum für die Forschung mit Stammzellen. Spaniens neuer Gesundheitsminister ist selbst als Pionier auf diesem Gebiet bekannt. In Andalusien leitete er das 2006 fertig gestellte Zentrum für Molekularbiologie und Regenerative Medizin (CABIMER), eines der vier in Spanien heute lizenzierten Forschungsprojekte an embryonalen Stammzellen.

Der Schwerpunkt seiner Forschung ist dabei der Diabetes und seine Behandlungsmethoden. Sein erklärtes Ziel ist es, Diabetikern die Fähigkeit zur Eigenherstellung von Glucose zurück zu geben. Soria war einer der Vorreiter bei der Gewinnung von Insulin produzierenden Bauchspeicheldrüsen aus den Stammzellen von Mäusen in 2000. Im Jahr darauf gelang ihm eigenen Angaben zufolge ähnliches bei der Arbeit mit Stammzellen von menschlichen Embryonen, die er in den USA erworben hatte. Da zu diesem Zeitpunkt in Spanien die Produktion und der Import von embryonalen Stammzellen illegal waren, leitete das Gesundheitsministerium unter der damaligen Ministerin Celia Villalobos (PP) gegen ihn eine Untersuchung ein. Im Nachhinein rechtfertigte Soria sein Handeln mit den Resultaten seiner wissenschaftlichen Arbeit. Die Zeitung „ABC“ berichtet jedoch, die beiden wichtigsten Studien Sorias in diesem Zusammenhang seien von der Harvard-Universität „stark in Zweifel gezogen worden“.

Wenig überraschend hält Soria die embryonale Stammzellforschung grundsätzlich für ethisch gerechtfertigt. Immer wieder hat er mit medienwirksamen Aussagen provoziert wie der, dass man zur Forschung an menschlichen Embryonen die „selben Kriterien wie bei der Organspende aus einer Leiche“ anwenden könne. Eine Leiche definiere sich durch den Hirntod und auch ein menschlicher, „sieben oder 14 Tage alter Embryo“ habe „kein Gehirn“.

Soria hatte 2001 erklärt, die Regierung von José María Aznar habe ihn zur Aufgabe seiner Stammzellforschung bewegen wollen. Als die sozialistisch regierte Autonome Region Andalusien Ende 2003 die gesetzlichen Regelungen zur Stammzellforschung lockerte, reichte die konservative Regierung erfolgreich Beschwerde beim Verfassungsgericht ein.

Mit der Regierungsübernahme der PSOE im Jahre 2004 kam auch eine Kehrtwende in der Biopolitik. Exemplarisch hierfür war neben der Eröffnung des von Soria geleiteten andalusischen Zentrums CABIMER vor allem die gegen die Stimmen der PP erfolgte Verabschiedung des Gesetzes zur Biomedizinischen Forschung vor einigen Wochen. Dieses erlaubt unter Auflagen erstmals das so genannte „therapeutische“ Klonen und treibt die Schaffung von Biobanken voran. Als Reaktion auf dieses Gesetz verlegte Soria seine im Aufbau befindlichen Forschungsarbeiten aus dem singapurischen Exil nach Spanien. Soria hat bis vor kurzem zudem in mehreren europäischen Ländern geforscht und gearbeitet, darunter in Großbritannien, Belgien und Deutschland.

Nach seiner Ernennung zum Minister für Gesundheit und Verbraucherschutz erklärte Soria, er „hege den Wunsch“, dass „Medizin und Forschung in Spanien für die Gesellschaft und die Patienten arbeiten“ würden. An der Seite Zapateros fühlt sich Soria gut aufgehoben und bekennt: „Ich konnte mich schon immer in die soziale Linke einfühlen.“ Offen verleiht er auch seiner Bewunderung für die Person Zapateros Ausdruck. Wenn er könnte, würde er dem Ministerpräsident „den Nobelpreis für Ehrlichkeit und Solidarität“ verleihen, so Soría nach seiner Ernennung zum Gesundheitsminister.

Weniger harmonisch ist das Verhältnis zwischen Soria und der spanischen Bischofskonferenz. Diese zeigte sich über seine Ernennung zum Gesundheitsminister „sehr besorgt“. Soria, so kirchliche Quellen, sei „mehr Ideologe als Wissenschaftler“.

Dass es einen expliziten Zusammenhang zwischen der neuen Gesetzeslage im Zusammenhang mit embryonalen Stammzellen und dem Ministerwechsel gibt, bestätigte Regierungschef Zapatero. Die Ernennung Sorias sei eine „Hoffnungsquelle“ im Angesicht der „wesentlichen Herausforderung für die Medizin und die Zukunft der Menschheit“, so der Ministerpräsident.

Weitere Konflikte zwischen konservativen Kräften und der Zapatero-Regierung scheinen durch die Ernennung von Bernat Soria vorprogrammiert.

Curriculum Vitae

Geburtsdatum: 7. Mai 1951

Geburtsort: Carlet (Region Valencia)

Familienstand: verheiratet, 2 Kinder

Beruflicher Werdegang:

• Promovierter Mediziner der Universität Valencia (1978). Zusätzlicher Abschluss am Max-Planck-Institut für Biophysikalische Chemie in Göttingen (1980).

• Professor für Physiologie an der Universidad Pablo de Olavide in Sevilla

• Leiter des Andalusischen Zentrums für Molekularbiologie und Regenerative Medizin (CABIMER), beauftragt mit der Forschung an Stammzellen

• In 2004 erster Präsident des „Netzwerks Europäischer Stammzellenforscher“ in Sevilla

• Seit 9. Juli 2007: Minister für Gesundheit und Verbraucherschutz

Auszeichnungen:

• Goldene Medaille der Königlichen Staatsakademie für Medizin (Medalla de Oro de la Real Academia Nacional de Medicina)

• Nationalpreis für Grundlagenforschung (Premio Nacional de Investigación Básica)

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