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Barómetro beschert dem Partido Popular eine absolute Mehrheit

von Michael Däumer
Nach einer Studie des Zentrums für Soziologische Untersuchungen (CIS), die in der Zeit vom 25. bis 31. Oktober in Spanien durchgeführt wurde, kann der regierende Partido Popular (PP) des Ministerpräsidenten José Maria Aznar in der Sonntagsfrage mit einer absoluten Mehrheit rechnen. Die oppositionelle Sozialistische Partei (PSOE) liegt 7,7 Prozentpunkte hinter dem PP.

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Wären heute nationale Parlamentswahlen, würde der PP insgesamt 42,4 Prozent und der PSOE 34,7 Prozent erzielen. Die Vereinigten Linke (IU) könnte sich leicht auf 5,9 Prozent verbessern und die katalanische Regionalpartei CiU bliebe mit 4 Prozent etwa auf dem gleichen Stand wie vor vier Jahren. Dies würde nach Ansicht der Meinungsforscher für eine absolute Mehrheit im Parlament reichen. Die Zahlen sind fast identisch mit denen, die im März 2000, drei Monate vor den letzten allgemeinen Wahlen am 20. Juni 2000, ermittelt wurden.

Erstmals erscheint Mariano Rajoy, der designierte Nachfolger von José Maria Aznar, auf der Liste der beliebtesten Politiker. Als „shooting star“ überholt er mit der Note 4,63 (auf einer Skala von 0 bis 10) Aznar, der die Note 4,56 erhielt. Knapp hinter Aznar folgt bereits der sozialistische Herausforderer von Rajoy, José Luis Rodríguez Zapatero, mit der Note 4,47. Seine Beliebtheitswerte sind jedoch dramatisch gesunken, denn kurz nach seiner Wahl zum PSOE-Vorsitzenden am 22. Juli 2000 ermittelte Barómetro einen Wert von 5,77 für Zapatero. Beliebtester Politiker in Spanien bleibt nach wie vor Wirtschaftsminister Rodrigo Rato, der die Note 4,7 erhält.

Die Regierung kann erstmals wieder seit der Juli-Umfrage aufatmen. Ihre Werte, die aufgrund der Handhabung des Prestige-Ölunfalls im vergangenen Jahr an der galizischen Küste und der Irak-Politik von Aznar eingebrochen waren, haben wieder erholt. Insgesamt 30,3 Prozent der Befragten äußerten sich sehr zufrieden bzw. zufrieden mit der Arbeit der Regierung, eine Verbesserung um knapp 2 Prozent im Vergleich zu den Juli-Werten. Allerdings zeigten sich 27,2 Prozent unzufrieden bzw. sehr unzufrieden mit der Regierungsarbeit. Die Unzufriedenheit nahm jedoch um über 3 Prozent ab. Zwischen den Zufriedenen und Unzufriedenen liegen 37,9 Prozent, die die Arbeit weder als gut noch als schlecht bewerteten.

Die Bewertung der Oppositionsarbeit hingegen fällt dramatisch ab. Noch im Juli 2003 waren 19,2 Prozent der Befragten der Ansicht, die Opposition leiste gute Arbeit. Drei Monate später liegt der Wert nur noch bei 15,1 Prozent. Entsprechend steigt die Zahl der Befragten, die die Oppositionsarbeit als schlecht bzw. sehr schlecht bewerten. Deren Unzufriedenheit lag noch im Juli bei 28 Prozent, Ende Oktober jedoch schon bei 32,1 Prozent. Immerhin äußerten sich 44,9 Prozent (Juli: 47,7) weder zufrieden noch unzufrieden mit der Arbeit der Opposition. Noch nie seit Oktober 2000 war die Unzufriedenheit mit der Opposition so hoch wie im Oktober diesen Jahres.

Die Barómetro-Umfrage hat ebenfalls die wichtigsten Probleme in Spanien ermittelt. An erster Stelle steht nach wie vor mit 62,5 Prozent die Arbeitslosigkeit, gefolgt vom Terrorismus mit 41,9 Prozent. Die innere Sicherheit und die damit verbundenen Probleme der illegalen Zuwanderung und steigenden Kriminalität halten 29,7 Prozent für das wichtigste Problem. An vierter Stelle kommt mit 18,3 Prozent das Wohnproblem in Spanien, was damit zusammenhängt, dass Wohnraum in den vergangenen Jahre teuer und knapp geworden ist. An fünfter Stelle erst folgen mit 13,7 Prozent wirtschaftliche Probleme. Nachrangig, aber dennoch heftig in der spanischen Gesellschaft diskutiert, folgen der Prestige-Unfall vor einem Jahr, der Irak-Krieg sowie die politische Situation im Baskenland.

Auf den ersten Blick kann der PP damit rechnen, unproblematisch zum dritten Mal in Folge die Regierungsverantwortung übernehmen zu können. Der „Polit-Star“ Rajoy gewinnt an Popularität, was zum einen mit dem Neuheitseffekt, aber zum anderen auch mit seinem ruhigen, bedächtigen Charakter zusammenhängt. Dies unterscheidet ihn vehement von seinem Vorgänger Aznar, dem zunehmend eine aggressive Art nachgesagt wurde.

Auch fällt es der Opposition unter PSOE-Spitzenkandidat Zapatero zunehmend schwer, politisch an Boden zu gewinnen, insbesondere nach den verlorenen Regionalwahlen in Madrid. Die Verluste der Sozialisten bei den Regionalwahlen in Katalonien am 16. November 2003 und die Koalitionsangebote des katalanischen Sozialistenführers Pasqual Maragall an die radikalen Linksnationalisten, Esquerra Repúblicana (ERC), sorgen für weitere Unruhe innerhalb des sozialistischen Lagers. Die Schwäche der Sozialisten lässt den PP gewiss in einem besseren Licht erscheinen.

Wenn auch dem PP – der Umfrage zufolge - gute Aussichten für die nationalen Parlamentswahlen im kommenden März 2004 bescheinigt werden, so darf nicht übersehen werden, dass die Werte für den PP und für die Regierung stetig abgenommen haben. Die Umfrage registriert eine konstant steigende Unzufriedenheit in Spanien mit der politischen und wirtschaftlichen Situation in Spanien. Zwar konnte Spanien in den vergangenen Jahren durch ungewöhnliches Wirtschaftswachstum im Vergleich zu anderen EU-Ländern geradezu glänzen, aber die Wohlstandsschere in Spanien ist weiter auseinandergegangen.

Sollte Rajoy die Nachfolge von Aznar als Ministerpräsident übernehmen, wird er zahlreiche Korrekturen insbesondere in der Sozial- und Wohnungspolitik vornehmen müssen, die mit hohen Kosten verbunden sind. Auch die seit langem beabsichtigte Reform der Kompetenzverteilung zwischen Zentralregierung in Madrid und den autonomen Regionen, insbesondere die Reform des Senats, müssen in Angriff genommen werden, um der Lage im Baskenland und zunehmend auch in Katalonien Herr zu werden.

Die Jahre des spanischen Wirtschaftswunders gehen allmählich zu Ende und auf Rajoy könnten Jahre nachzuholender notwendiger Reformen kommen, die eine schwierige Regierungsarbeit beinhalten. Rajoy verfügt über gute Voraussetzungen, aber dafür muss er zunächst eine trotz allem schwierige Wahl meistern.

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